09.09.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 120 / Einzelplan 14

Lars KlingbeilSPD - Verteidigung

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Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte zunächst einmal ein Thema ansprechen, das in dieser Debatte bisher noch keine große Rolle gespielt hat, dem aber in der Verteidigungspolitik, so denke ich, ein größerer Stellenwert eingeräumt werden sollte, nämlich der Cyberpolitik.

Ich glaube, hier stehen wir vor Herausforderungen, sodass wir in einer politischen Debatte Leitlinien festlegen müssen, sodass wir schauen müssen, wie wir agieren wollen. Wir alle sollten uns gemeinsam bewusst machen, dass dieses Thema in den nächsten Jahren massiv an Bedeutung gewinnen wird.

In dieser Haushaltsdebatte müssen wir auch darüber reden, wie wir im Haushalt zu Verbesserungen kommen können. Sehr geehrte Frau Ministerin, wenn man sich den Einzelplan 14 anschaut, dann stellt man fest, dass das kein Thema ist, das in großer Breite und so angemessen, wie es sein sollte, im Verteidigungshaushalt auftaucht. Wir sollten dringend über gemeinsame Schritte reden.

Wir alle wissen und haben es anhand vieler Beispiele in den vergangenen Monaten gesehen, wie verletzlich eine moderne Industriegesellschaft ist. Es geht um Fragen von Elektrizität. Es geht um Mobilität und Kommunikation. Das haben wir im Deutschen Bundestag selbst schmerzhaft erfahren müssen. Der Cyberraum wird zu einem neuen Operationsraum, auch wenn es um Kriegsführung, wenn es um Angriffe geht. Wir brauchen eine gesellschaftliche Debatte darüber und ein Bewusstsein dafür, wie wir gemeinsam vorgehen wollen.

Das ist sicherlich nicht an vorderster Front Aufgabe des Verteidigungsministeriums. Es fallen uns ganz viele andere Ressorts ein, die dabei auch eine große Verantwortung haben. Wir müssen aber auch in der Sicherheitspolitik über die Frage der Cybersicherheit und über die Frage der Bedrohung im Cyberraum reden.

Frau Ministerin, ich bin Ihnen dankbar, dass Sie im Weißbuchprozess darauf einen Schwerpunkt legen. Hierzu findet in der nächsten Woche eine große Veranstaltung statt. Es wird darum gehen, gemeinsam zu analysieren, worin Bedrohungen liegen und welche Einsatzszenarien infrage kommen.

Sie haben die strategischen Leitlinien vorgelegt. Ich stimme diesen nicht in jedem Punkt zu. Es war aber ein guter Aufschlag, dass die Debatte durch das Ministerium eröffnet worden ist. Ich glaube, dass wir noch konsequenter und noch schneller handeln und den Cyberraum als Ebene der Außen- und Sicherheitspolitik erschließen müssen. Das darf kein Modethema sein. Ich bin mir sicher: Sicherheits- und Außenpolitik werden dadurch dauerhaft und nachhaltig verändert. Dabei haben wir in Deutschland großen Nachholbedarf.

(Beifall bei der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will fünf Felder nennen, über die eine Debatte in den kommenden Wochen meines Erachtens sehr wichtig ist:

Das betrifft erstens den Schutz unserer kritischen Infrastruktur, den Schutz der Kommunikation. Dabei geht es darum, Angriffe im Inland abzuwehren. Es geht aber auch um den Schutz unserer Soldatinnen und Soldaten, wenn sich diese im Auslandseinsatz befinden. Für diese muss eine vertrauliche Kommunikation gewährleistet sein. Dafür brauchen wir die neuesten technischen Geräte, und wir müssen schauen, wie die Ausrüstung aussehen kann.

Der zweite Punkt betrifft die Aufklärung. Dabei geht es darum, dass wir eigenständig Lagebilder erstellen können müssen. Ich will das hier auch deutlich sagen: Ich habe manchmal kein gutes Gefühl, wenn ich feststelle, dass wir auf Informationen anderer Länder zurückgreifen müssen. Da bestehen Abhängigkeiten. Wenn man sich einmal anschaut, wie mit Informationen vielleicht auch falsche Informationen ins Spiel kommen, dann kommt man zu dem Ergebnis, dass es gut ist, eigene Aufklärungskapazitäten zu haben. Wir müssen schauen, wie das Ganze im Haushalt hinterlegt werden kann.

(Beifall bei der SPD)

Der dritte Punkt, über den wir reden müssen – ich glaube, das wird die schwierigste Debatte hier im Haus –, betrifft die Frage, wie es neben den abwehrenden mit den Offensivkräften aussieht. Was wollen wir da? Wie sieht es da im Cyberraum aus? Ich habe an vielen Debatten dazu teilnehmen können. Ich glaube, dass wir in Deutschland noch keine festgelegte Position dazu haben. Wir müssen aber dringend darüber reden, ob wir offensive Fähigkeiten haben wollen und wie diese aussehen können, welche Maßnahmen es gibt und welche Akteure aktiv werden können.

Der vierte Punkt bezieht sich auf die Strukturen. Wenn man sich die Bundeswehr anschaut, dann stellt man fest, dass es rudimentäre Strukturen im Cyberbereich gibt. Diese sind aber alle zersplittert. Wir müssen schauen, wie wir Strukturen bündeln können. Eine große Aufgabe wird es sein, ausreichend Personal vorzuhalten, das über das notwendige Know-how verfügt, im IT-Bereich unterwegs zu sein.

Frau Ministerin, ich bin mir sicher: Wenn man einmal in Ihrem Haus bzw. bei der Bundeswehr nachschauen würde, dann würde ein großer Bedarf an zusätzlichem Personal deutlich werden. Insofern müssen wir gemeinsam darüber reden, wie wir Personal gewinnen können.

Der letzte und fünfte Punkt, den ich ansprechen will, gehört auch dazu. Dieser steht sogar im Koalitionsvertrag. Darin steht, dass wir uns das Völkerrecht anschauen müssen. Wir müssen schauen, wie der Cyberraum hier vorgesehen ist, ob es zu einer Weiterentwicklung kommen muss. Wir müssen auch über so etwas wie eine gemeinsame Abrüstungspolitik im Cyberraum reden. Das ist eine große gemeinsame Verantwortung, die wir in internationalen Gremien tragen. Auch das gehört zu dieser Diskussion.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bin der Meinung, dass diese Debatte hier im Haus dauerhaft die Außen- und Sicherheitspolitik verändern wird. Auch im Haushalt des Verteidigungsministeriums ist dieses Thema noch nicht ausreichend repräsentiert. Ich glaube, wir müssen in einer gemeinsamen Kraftanstrengung zu Veränderungen kommen. Insofern wünsche ich mir, dass wir in der nächsten Woche die Konferenz, aber insgesamt auch die Haushaltsberatungen nutzen, um zu schauen, in welchen Bereichen wir vielleicht Nachholbedarf haben.

Herzlichen Dank fürs Zuhören.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Vielen Dank. – Als nächster Redner hat Bartholomäus Kalb von der CDU/CSU-Fraktion das Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/5756720
Wahlperiode 18
Sitzung 120
Tagesordnungspunkt Verteidigung
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