09.09.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 120 / Einzelplan 23

Jürgen KlimkeCDU/CSU - Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Auch ich möchte es zu Beginn noch einmal deutlich machen: Der Etat des Bundesentwicklungsministeriums steigt um 880 Millionen Euro. Das ist ein Zuwachs um fast 14 Prozent. Dank der herausragenden Unterstützung der Bundeskanzlerin – das muss man auch sagen – und des intensiven persönlichen – lieber Kollege Kekeritz – und verlässlichen Einsatzes unseres Ministers

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

ist Deutschland jetzt mit voller Kraft auf dem richtigen entwicklungspolitischen Weg. Ich muss auch sagen: Der starke Aufwuchs der Verpflichtungsermächtigungen um 1,8 Milliarden Euro schafft einen kreativen Spielraum und einen Arbeitsraum für zukünftige Aufgaben.

Der Herr Minister ist im Moment nicht da.

(Zurufe von der CDU/CSU)

– Doch, Entschuldigung. – Ich hoffe doch sehr, dass das nicht ein persönliches Geschenk zum runden Geburtstag ist, sondern dass der Haushaltsaufwuchs und damit die deutliche Unterstützung der Entwicklungszusammenarbeit in den nächsten Jahren wiederkehrende Maßnahmen sein werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Jahr 2015 ist – oder wird noch – ein besonderes Jahr für die Entwicklungszusammenarbeit. Die Millenniumsentwicklungsziele der Vereinten Nationen werden ihre Erneuerung, ihre Überarbeitung und ihre Erweiterung erfahren und durch neue Ziele für den Zeitraum bis 2030 fortgeschrieben werden. Mit den neuen Entwicklungszielen wollen wir nicht nur Armut und Krankheiten bekämpfen, sondern wir wollen vor allen Dingen Globalisierung sozial und ökologisch nachhaltig gestalten. Dies ist ein Ziel, mit dem sich Deutschland besonders solidarisiert und bei dem es eine besondere Verpflichtung verspürt. Ich selbst durfte mit einigen Kolleginnen und Kollegen des Unterausschusses Vereinte Nationen in den letzten Tagen in New York Gespräche zu diesem Thema führen. Ich glaube, dass wir mit den Sustainable Development Goals eine gute Arbeitsplattform für unsere nationale Entwicklungspolitik erhalten haben. Ich unterstreiche es noch einmal: Der Aufwuchs im Haushalt bietet dafür jedenfalls eine hervorragende Grundlage.

Hervorzuheben ist zum Beispiel, dass die Bundeskanzlerin persönlich am 24. September hier von diesem Pult aus in einer Regierungserklärung über die Verabschiedung der SDGs in der UN-Vollversammlung berichten wird. Dies zeigt den Stellenwert und wird von uns ausdrücklich begrüßt.

Meine Damen und Herren, wie bereits im Rahmen der Debatte erwähnt, finden die Haushaltsberatungen in einer Zeit statt, in der wir in Europa die Bedeutung nachhaltiger Entwicklungspolitik auch an der Zahl der Flüchtlinge tagtäglich durch die mediale Berichterstattung und vor allen Dingen durch unsere persönlichen Erfahrungen in unseren Wahlkreisen vor Augen geführt bekommen. Wir stehen vor einer nationalen und europäischen Herausforderung, die seit der deutschen Einheit in dieser Form nicht vorgekommen ist. Das ist uns inzwischen klar. Hier liegt auch ein Teil der Erklärung, warum unsere Reaktion auf diese Situation in den letzten Monaten teilweise zu langsam und zu bürokratisch war. Die Dimension der Flüchtlingskrise wird uns auch in der nächsten Zeit weiter beschäftigen.

Eines ist klar: Mit den Mitteln der deutschen Entwicklungspolitik können wir nicht sämtliche Fluchtursachen in der Welt beseitigen. Sie ist aber in diesem Kontext ein ganz wichtiger Baustein, um die Dinge zu einem Besseren zu wenden.

Bei den Mitteln für die von Minister Müller initiierte Sonderinitiative „Fluchtursachen bekämpfen – Flüchtlinge reintegrieren“ ist im aktuellen Haushaltsplan ein Zuwachs von rund 57 Prozent zu verzeichnen; sie steigen auf 110 Millionen Euro im nächsten Jahr. Das sind Mittel, die angesichts der gegenwärtigen Situation nicht nur notwendig sind – das brauchen wir nicht zu unterstreichen –, sondern wahrscheinlich sogar noch erhöht werden müssen.

(Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)

Wie das Beispiel Syrien zeigt, haben aktuelle politische Entwicklungen großen Einfluss auf die Haushaltsplanung. Die Herausforderung besteht darin, angemessen zu reagieren und es in der Planung angemessen umzusetzen. Die Not der Menschen im Nahen Osten, aber auch in anderen Konfliktregionen, in denen Menschen auf der Flucht sind – diese müssen wir auch immer im Blick haben; Südostasien gehört zum Beispiel dazu –, stellt die finanzielle Ausrichtung deutscher Entwicklungspolitik vor hohe Anforderungen. Hier geht es nicht nur um die Konsequenzen der Flucht vor Ort; vor allen Dingen gehört auch die Hilfe für Staaten wie Jordanien oder Libanon dazu – es ist angesprochen worden –, die in der unmittelbaren Nachbarschaft der Staaten liegen, aus denen die meisten Flüchtlinge kommen.

Es stellt sich die Frage: Wie kann Entwicklungspolitik unsere Flüchtlingspolitik unterstützen? Eine wichtige Aufgabe ist die Hilfe vor Ort. Wir müssen auf Partnerschaft setzen und nicht auf eine Geber-Nehmer-Situation zwischen den Ländern. Die Schaffung einer wirtschaftlichen Grundlage in den Entwicklungsländern ist ein wichtiges Instrument der Flüchtlingspolitik. Wer gute Arbeit in seiner Heimat hat und eben auch für seine Familie sorgen kann, der muss sich nicht auf eine gefährliche und teure Flucht begeben, deren Folgen, was die Zukunft betrifft, eigentlich nicht absehbar sind. Wir müssen Perspektiven vor Ort aufzeigen. Nur in einem friedlichen Umfeld haben Menschen eine Chance, ihre Zukunft zu gestalten. Deshalb ist das Engagement des Zivilen Friedensdienstes auch in diesem Zusammenhang sehr wichtig.

(Beifall der Abg. Sonja Steffen [SPD])

Die Mittel für den Zivilen Friedensdienst in Höhe von 42 Millionen Euro im kommenden Jahr sind sehr gut eingesetzt.

(Dr. Bärbel Kofler [SPD]: Das ist zu wenig, Herr Kollege!)

– Na ja, gut, aber immerhin sind sie schon vernünftig eingesetzt.

Wir müssen Investitionen in Bildung tätigen.

(Zuruf des Abg. Stefan Rebmann [SPD])

– Ja, meinetwegen noch intensiver als im Moment, aber da wird schon sehr viel investiert. – Das duale System ist ein Exportschlager aus Deutschland. In Kooperation mit Entwicklungsländern sorgen wir dafür, dass Menschen vor Ort eine berufsnahe Ausbildung bekommen.

Die Einbindung der Privatwirtschaft, lieber Kollege Kekeritz, ist unabdingbar. Das Beispiel der CSR zeigt, dass es möglich ist, zu sozial fairen Bedingungen zu produzieren und eine Win-win-Situation für alle Beteiligten zu erreichen: für die Entwicklungsländer, für die Menschen vor Ort, aber auch zum Beispiel für den deutschen Einkäufer, der etwas kauft, was „social made“ ist.

(Beifall des Abg. Bernhard Kaster [CDU/CSU])

Das Textilbündnis, Herr Minister, ist ein Beispiel dafür, wie soziale Verantwortung für den Verbraucher sichtbar wird. Die beteiligten Unternehmen verpflichten sich, durch die Gewährleistung von Sozial- und Umweltstandards an den Produktionsstandorten Verantwortung zu übernehmen. Das ist ein Beispiel für ein Engagement von Unternehmen aus der Privatwirtschaft, lieber Kollege Kekeritz. Damit senden wir ein deutliches Zeichen an den Steuerzahler: Das Geld ist im Entwicklungsbereich gut angelegt.

Auch die Zusammenarbeit mit anderen Ressorts muss gestärkt werden, etwa mit dem Innenbereich. Meine Damen und Herren, wir müssen eine rigorose Verfolgung und Bestrafung von Schleppern forcieren. Auch das gehört dazu. Ich sage es deutlich: Schlepper sind keine Gutmenschen, Schlepper sind teilweise Mörder.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Ein weiterer Punkt, den ich noch kurz ansprechen möchte: Antikorruptionsmaßnahmen in den Entwicklungsländern fördern. Wir können es nicht akzeptieren, wenn korrupte Machenschaften in diesen Ländern nicht eliminiert werden. Ohne funktionierende EZ-Partnerschaften und gutes Regieren wird es nicht möglich sein, langfristig mit den Entwicklungsländern vernünftig zusammenzuarbeiten. Korruptionsbekämpfung ist ein ganz wichtiger Punkt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Letzte Bemerkung – dann komme ich auch zum Schluss –: Wir sind auf einem guten Weg. Das Auswärtige Amt verzeichnet einen Mittelzuwachs von 26 Prozent. Das Umweltministerium erhält sehr viel mehr Mittel für den internationalen Klimaschutz. Das alles müssen wir zusammenfassen, dann haben wir einen super Mehrwert im Entwicklungsbereich. Ich hoffe, dass das in den nächsten Jahren so weitergeht. Wir jedenfalls werden uns dafür einsetzen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Klimke. – Sie überziehen alle gnadenlos, aber Sie sehen mich heute gnädig. Das hat wahrscheinlich mit dem Thema zu tun.

Gabriela Heinrich ist die nächste Rednerin in dieser Debatte.

(Beifall bei der SPD)

Das war jetzt aber keine Aufforderung, auch zu überziehen.

(Dr. Bärbel Kofler [SPD]: Doch! Doch!)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/5757032
Wahlperiode 18
Sitzung 120
Tagesordnungspunkt Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
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