09.09.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 120 / Einzelplan 23

Volkmar KleinCDU/CSU - Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

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Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Jetzt, gegen Ende der Debatte, wird klar, dass wir die Herausforderungen annehmen, dass Deutschland zu seiner weltweit gewachsenen Bedeutung und Verantwortung steht. Genau das hat der Minister eben bereits sehr eindrucksvoll für uns alle unterstrichen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Es bleiben zwei klare Botschaften: Erstens. Wir kümmern uns um die Flüchtlinge in Lagern im Nahen Osten. Das ist auch wichtig. Wir müssen helfen, dass die Lebensbedingungen dort besser werden – im Übrigen nicht nur als Nothilfe über das Auswärtige Amt, sondern so, dass, realistisch betrachtet, diese Menschen dort auch einen längeren Zeitraum bleiben können. Dafür braucht man entsprechende Investitionen. Dafür braucht man entsprechende Infrastruktur, bis hin zu Bildung. Wenn uns das nicht gelingt, dann werden sich die Menschen von dort auf den Weg machen.

Die zweite Botschaft lautet: Chancen in den Heimatländern für die Menschen schaffen. Das ist ein Anliegen unserer Politik insgesamt und etwas, was in diesem Haushaltsentwurf bereits ziemlich deutlich wird. Wir müssen Chancen für die Menschen in ihrer Heimat schaffen – auf dem Balkan und in Afrika. Zumindest müssen die Menschen das Gefühl haben, dass sie in ihrer Heimat langfristig ihren Lebensunterhalt verdienen und ein gutes Leben führen können.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wenn wir nun dieses in dem vorgelegten Haushaltsentwurf mit einem Plus von 880 Millionen Euro – das ist im Vergleich zum laufenden Haushaltsjahr eine Steigerung um 13,5 Prozent – unterstreichen, dann ist das gut. Gut ist das allerdings vor allem dadurch, dass wir diese deutliche Steigerung ohne Aufnahme von neuen Schulden hinbekommen. Das wiederum ist ein gutes Signal für diese Menschen, für die Länder, die unserer Hilfe bedürfen; denn das macht klar: Auf der Basis dieser Solidität, dieser Stabilität wird sich unsere Wirtschaft auch künftig erfolgreich entwickeln. Dieser Erfolg wird uns auch in Zukunft in die Lage versetzen, unsere internationale Verantwortung wahrzunehmen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Wie genau dieser erhebliche Zuwachs um 880 Millionen Euro im nächsten Jahr ausgegeben werden soll, das werden wir in den nächsten neun Wochen diskutieren. Die sogenannten vertraulichen Erläuterungen liegen ja noch nicht vor. Insofern ist das, was wir bisher haben, noch nicht ganz befriedigend, aber die richtige Diskussionsgrundlage, um Einzelheiten in den nächsten neun Wochen zu klären.

Im Moment ist es vielleicht sogar noch ein bisschen zu wenig. Die Kollegin Sonja Steffen hat eben gesagt: Verteilen nach dem Gießkannenprinzip reicht nicht. Die Begründung, die ich im Haushaltsentwurf beispielsweise bei Titeln wie „Technische Zusammenarbeit“ oder „Finanzielle Zusammenarbeit“ oder auch bei den Kirchen und vielen anderen für Steigerungen sehe, nämlich „mehr wegen ODA-Aufwuchs“, ist natürlich ein bisschen zu wenig. Das heißt ja quasi, das Geld muss raus; wir stecken das jetzt einfach mal da rein. – Das ist keine Begründung, sondern das muss die Folge für die Aufgaben sein, die wir aus diesen Titeln finanzieren wollen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Dabei ist es tatsächlich so, dass einige in Deutschland weiterhin das schiere Ausgeben von Geld bereits für das Erreichen des Erfolgs halten. Aber wir wissen inzwischen, dass das nicht der Fall ist.

(Beifall bei der CDU/CSU – Heike Hänsel [DIE LINKE]: Für die Linke nicht!)

Wir müssen mit den noch ausstehenden vertraulichen Erläuterungen konkretisieren, was genau Chancen bringt und was genau Fluchtursachen bekämpft.

Heute Morgen hat Thomas Oppermann eine weitere Konzentration auf genau dieses Anliegen vorgeschlagen, nämlich eine Umschichtung hin zu diesem Titel für die Sonderinitiative „Fluchtursachen bekämpfen, Flüchtlinge reintegrieren“. In der Tat wächst dieser Titel nur relativ gering auf, nämlich von 70 Millionen auf 110 Millionen Euro. Andererseits – das ist ja auch aus der bisherigen Diskussion hervorgegangen – ist ja eigentlich der gesamte Haushaltsplan des Ministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung der Versuch, Fluchtursachen zu bekämpfen und Chancen zu geben.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Stefan Rebmann [SPD]: Richtig! – Dr. Bärbel Kofler [SPD]: Endlich hat er es verstanden!)

Genau das wird gebraucht. Dafür reichen einfach nur Gesundheitsprogramme und Bildung, so wichtig dies auch ist, nicht aus. Dadurch allein bekommt nämlich in Afrika noch niemand einen Job, hat noch niemand eine Perspektive zur Erarbeitung seines eigenen Lebensunterhalts in der Zukunft. Dafür müssen wir noch mehr tun. Es gibt auch an den Universitäten Afrikas IT-Absolventen. Wir müssen darüber nachdenken, wie wir Gründerzentren und Businessparks für diese Absolventen schaffen können. Das müssen wir uns auch für Handwerker überlegen. Es reicht nicht, auch wenn es gut gemeint ist, im Rahmen traditioneller Entwicklungszusammenarbeit Handwerker auszubilden. Ein Handwerker – das wissen wir; das ist auch in Deutschland so – muss nicht nur sein Handwerk beherrschen, sondern er muss auch Unternehmer sein, wenn er Jobs schaffen will. Wir müssen in der Tat noch mehr deutsche Firmen dafür begeistern, in Afrika Betriebe zu eröffnen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Denn am Ende bleibt: Wer keine Perspektive auf einen Job hat, der wird, auch wenn er noch so gut ausgebildet ist und noch so gut gesundheitlich versorgt ist, in seinem Land nicht bleiben können, weil er keine Arbeitsgelegenheit hat und seinen Lebensunterhalt nicht erarbeiten kann. Deswegen brauchen wir eine stärkere Kooperation auch mit der Wirtschaft in diesen Ländern.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Hilfe ist ausgesprochen wichtig. Deswegen die Mittelsteigerung, und deswegen sind wir so begeistert dabei, unsere Hilfe anzubieten und gemeinschaftlich einzubringen. Wir wissen aber auch, dass in den meisten Ländern Afrikas die Hauptgründe dafür, dass die Menschen keine Chancen und keine Perspektiven haben, Misswirtschaft und – ich sage es einmal ganz diplomatisch – optimierbare Effizienz von Regierungshandeln sind. Dazu gehören natürlich auch – die Kollegin Hajduk hat es eben gesagt – effiziente Steuersysteme. Auch viele andere Dinge gehören dazu. Möglicherweise kann auch eine intensivierte Zusammenarbeit mit den Kommunen in Deutschland helfen, Erfahrungen weiterzugeben. Das alles ist wichtig.

Vielleicht sollten wir in der Entwicklungszusammenarbeit ein bisschen von unseren Erfahrungen im Euro-Raum lernen. Denn auch in einigen der Programmländer waren Defizite bei der Regierungsführung das Problem. Dort hat die Troika entscheidend dazu beigetragen, Verwaltungskompetenz zu stärken und vor allen Dingen Bremsklötze für eine erfolgreichere Entwicklung wegzuräumen. Genau das braucht Afrika. Troikas für Afrika – das wäre der richtige Spruch.

(Beifall bei der CDU/CSU – Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Darüber müssen wir diskutieren, ob das so ist! – Heike Hänsel [DIE LINKE]: Um Gottes willen!)

Keine Sorge, es geht nicht um eine Aufnahme in den Euro-Raum, das ganz bestimmt nicht, aber sehr wohl um eine klare Konditionalität, um die Ansage: Wir geben Hilfe, aber wir erwarten eine bessere Regierungsführung. Dies müssen wir wahrscheinlich ein bisschen robuster angehen, als wir bisher bereit gewesen sind.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Je besser wir das schaffen, desto mehr können wir mit unseren Mitteln erreichen. Im Übrigen müssen wir uns dafür ja auch gegenüber unseren Steuerzahlern verantworten.

Wenn wir das schaffen, kann unser jetzt vorliegender Haushaltsentwurf eine wirklich hervorragende Ausgangslage für die weitere Diskussion in den nächsten neun Wochen sein. Damit können wir dann genau das erreichen, was Minister Gerd Müller in seiner hervorragenden Art überall kommuniziert. Wir können das erreichen, wenn wir es gemeinsam wollen.

Wir schaffen es auf diesem Wege, Chancen und Perspektiven für die Menschen zu schaffen, nicht nur auf dem Balkan, nicht nur im Mittleren Osten, sondern auch in Afrika. Um das zu erreichen, sollten wir weniger Streit anzetteln und gemeinsam in diese Richtung arbeiten.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Noch weniger?)

Vielen Dank, Kollege Klein. – Jetzt kommt die Krönung dieser Debatte, als letzter Redner Stefan Rebmann.

(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich hatte noch 30 Sekunden, aber ich gebe ihm die Redezeit, die eigentlich vorgesehen war.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/5757117
Wahlperiode 18
Sitzung 120
Tagesordnungspunkt Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
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