10.09.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 121 / Einzelplan 09

Roland ClausDIE LINKE - Wirtschaft und Energie

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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Bundes­minister Gabriel, Sie haben, wie ich finde, berechtigterweise den Zusammenhang zwischen Ihrem Etat und den aktuellen Flüchtlingsfragen beschrieben. Die gute Absicht dabei will ich Ihnen auch nicht absprechen, aber bei den Konsequenzen mangelt es erheblich.

Die gravierendste Ursache von Flucht und Vertreibung sind bekanntlich Kriege. Vertreter der Koalition haben in dieser Haushaltswoche zu Recht häufig gesagt, es gehe darum, die Fluchtursachen zu überwinden. Für Kriege benötigt man Waffen. Deutschland liefert nach wie vor Waffen, auch in Kriegsgebiete. Zum Beispiel führt ­Saudi‑Arabien mit deutschen Waffen Krieg im Jemen.

Das Wirtschaftsministerium ist für Waffenexportgenehmigungen zuständig, freilich nicht allein, aber maßgeblich. Herr Bundesminister, Sie sind auf diesen Vorgang eingegangen. Ich will Ihnen belegen, dass Sie die Zahlen, die Sie ausgewählt haben, in Ihrem Sinne geschönt haben.

(Beifall bei der LINKEN)

In der Welt vom 24. Juni werden Sie, Herr Bundesminister, mit den Worten zitiert: Waffenexporte dürfen „kein Mittel der Wirtschaftspolitik“ sein. Wie wahr. Fakt ist aber – auch das ist nachzulesen –, dass im ersten Halbjahr 2015 Waffenexporte in Höhe von 6,5 Milliarden Euro genehmigt wurden. Das sind genauso viele wie im ganzen Jahr 2014, Herr Bundesminister. Das ist die Wahrheit. Hier hilft es nicht, wenn Sie sich einzelne Zahlen heraussuchen.

(Beifall bei der LINKEN – Thomas Jurk [SPD]: Sie können das ja mal mit 2012 oder 2013 vergleichen!)

Nachzulesen ist das im Spiegel vom 9. August dieses Jahres, und zwar in der Auswertung einer Anfrage meines Fraktionskollegen Jan van Aken. Der Spiegel vermutet – ich denke, nicht zu Unrecht –, dass das Jahr 2015 ein Rekordjahr deutscher Waffenexporte ist. Herr Minister, konsequent im Sinne der Bekämpfung von Fluchtursachen wäre es doch, zu sagen: Schluss mit den Waffenexporten! Verbieten Sie sie! Das wäre eine Konsequenz.

(Beifall bei der LINKEN)

Eine zweite Konsequenz im Umgang mit dem Flüchtlingsproblem wäre, sich mit Industrieverbänden und Kammern dafür einzusetzen, dass Flüchtlinge und Asylsuchende schnell in Arbeit und Ausbildung kommen. Das will die Industrie bekanntlich. Aber Sie wissen wie wir, dass das Asylrecht, das Zuwanderungsrecht dem enge Grenzen setzt. Sie müssten sich doch zusammen mit Bundesministerin Nahles und den Vorschlägen, die der Chef der Bundesagentur für Arbeit, Herr Weise, gemacht hat, auf den Weg machen und ein großes Programm auflegen, um die Situation zu vereinfachen und Flüchtlingen und Asylsuchenden den Zugang zu Ausbildung und Arbeit zu ermöglichen.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich höre immer, man solle die Regeln vereinfachen, man solle entbürokratisieren. Das wäre genau die Stelle, bei der Sie beginnen sollten.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Linksfraktion hat zu diesem Problem Anfang Juni eine Anhörung zum Thema „Industriepolitik in Ostdeutschland“ durchgeführt. Dort hat die Bundesagentur für Arbeit ihre Vorschläge vorgetragen. Wir wundern uns schon darüber, dass diese Vorschläge nicht im großen Stil aufgegriffen werden. Wir fordern Sie auf, hier etwas zu tun.

Der Wirtschaftsetat, meine Damen und Herren, ist nach wie vor zur Hälfte für die Subventionierung staatsnaher Monopolisten vorgesehen, insbesondere in der Luft- und Raumfahrt. Das so hoch gepriesene Zentrale Innovationsprogramm für den Mittelstand macht gerade ein Drittel der Subventionen für die staatsnahen Monopolisten aus. Das ist keine vernünftige Mittelstandspolitik.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich will noch ein Wort zur wirtschaftlichen Situation in Ostdeutschland sagen. Ich freue mich darüber, dass der Bundesminister heute auf dieses Thema eingegangen ist, im Unterschied zu vorherigen Reden. Offenbar hat die Kritik der Opposition doch einige Wirkung erzielt. Ich habe bereits gesagt, dass wir im Juni zum Thema „Industriepolitik in Ostdeutschland“ mit Expertinnen und Experten aus der Wirtschaft gesprochen und ihre Erkenntnisse wahrgenommen haben. Wir finden, dass es noch immer eine große Reserve in diesem Land gibt. Ostdeutsche Industrieunternehmen haben einen ungeheuren Erfahrungsvorsprung beim Bewältigen von Transformationen, mit denen wir es in der Wirtschaft noch zu tun haben werden. Wir fordern Sie auf: Nutzen Sie diese Erkenntnisse! Bringen Sie sie ein! Nutzen Sie sie auch für eine gesamtdeutsche Entwicklung! Hier ist noch vieles zu leisten.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich will in diesem Zusammenhang auch darauf verweisen, dass wir in Ostdeutschland ein großes Problem mit dem hohen Anteil an Niedriglohn-, Zeitarbeits- und Fristverträgen haben. Im Osten ist diese Gruppe der Beschäftigten trotz Mindestlohn nach wie vor etwa doppelt so stark vertreten wie im gesamten Bundesdurchschnitt. Da müssen endlich Änderungen auf den Tisch gebracht werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Bundesminister, Sie sagen häufig wohlklingende Worte zur Energiewende. Sie haben ja auch die Zuständigkeit für die erneuerbaren Energien. Wir möchten Sie aber darauf hinweisen – das haben wir auf Anfrage herausgefunden –, dass beim Umweltbundesamt die vorgesehenen Haushaltsmittel aus Ihrem Ministerium noch immer nicht angekommen sind.

Also: Machen Sie nicht nur flotte Sprüche, sondern erledigen Sie die Hausaufgaben! Und vergessen Sie nicht: Die Fluchtursachen können Sie angehen, indem Sie Waffenexporte einstellen und verbieten.

(Beifall bei der LINKEN – Dr. Michael Fuchs [CDU/CSU]: Völliger Quatsch!)

Michael Fuchs ist der nächste Redner für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Hubertus Heil (Peine) [SPD])


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/5761306
Wahlperiode 18
Sitzung 121
Tagesordnungspunkt Wirtschaft und Energie
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