10.09.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 121 / Einzelplan 09

Ulla Schmidt - Wirtschaft und Energie

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Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gestern Abend hat der Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, Herr Kramer, anlässlich des Parlamentarischen Abends von BDI, BDA und DIHK noch einmal deutlich gemacht, dass die deutsche Wirtschaft – das ist ja von niemandem bestritten worden – sich in einer sehr guten Verfassung befindet, allerdings geschmiert durch einen niedrigen Ölpreis, niedrige Zinsen und einen günstigen Wechselkurs. Er hat auch noch einmal deutlich darauf hingewiesen, dass diese positive Entwicklung kein Selbstläufer ist, sondern dass sich erstens die Weltwirtschaft immer wieder in durchaus fragilen Zuständen befindet und zweitens auch die Politik in Deutschland immer wieder einmal dazu neigt, mit Überregulierung und Bürokratisierung den Unternehmen das Leben schwer zu machen. Und er warnte davor, dies weiter auszubauen.

Meine Damen und Herren, wenn wir heute über den Haushaltsplan des Bundeswirtschaftsministers diskutieren, den Einzelplan 09, dann muss man erst einmal ganz grundsätzlich sagen: Wirtschaftspolitik ist Zukunftspolitik. Denn die Maßnahmen, die wir heute zum ersten Mal diskutieren und im November dann beschließen werden, wirken ja nicht kurzfristig, sondern sie sind eigentlich alle mittel- und langfristig angelegt. Deswegen muss man sich, wenn man sich den Haushaltsentwurf anschaut, erst einmal – das möchte ich klar sagen – die Frage stellen: Werden die Haushaltsansätze des Wirtschaftsministers letztendlich diesem Grundsatz gerecht, und werden hier die Grundlagen gelegt für eine zukünftige wirtschaftliche Entwicklung?

Positiv an dem Haushaltsentwurf ist, dass er deutlich übersichtlicher geworden ist. Die fünf Kapitel, die man jetzt im Haushaltsentwurf findet, sind doch dazu angetan, die Titel etwas besser zu sortieren, obwohl ich sagen muss, dass durch die vielen Querverweise, durch Deckungsvermerke und letztendlich durch die hohe Vorbindung über Verpflichtungsermächtigungen ein klares Bild nicht sofort ablesbar ist. Man muss sich vielmehr bei jedem Titel die Arbeit machen und genau schauen, wie die wirkliche Situation ist.

Grundsätzlich kann man aber sagen: Der Haushaltsplanentwurf zeichnet sich aus durch eine hohe Investitionsquote, durch hohe Ausgaben im Bereich Forschung und Technologie. Deswegen kann ich überhaupt nicht verstehen, dass die linke Seite meint, hier werde nicht an der Zukunft gearbeitet. Vielleicht haben Sie ja den Plan von vor zehn Jahren in der Hand gehabt, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das Programm ZIM wurde ja schon mehrfach angesprochen. Hier wird sich die Sache daran entscheiden – das muss man noch einmal ganz klarstellen –, dass erstens der Ansatz nicht zurückgeht – über diese Notwendigkeit sind wir uns, glaube ich, hier im Hohen Hause einig – und dass zweitens genau geguckt wird, wie viele Mittel überhaupt noch frei verfügbar sind. Die hohe Vorbindung aus früheren Jahren schränkt im Prinzip die Neuvergabe von Mitteln ein, und das ist – glaube ich – ein Punkt, den wir in den nächsten Wochen noch einmal gründlich diskutieren müssen.

Das Gleiche gilt bei der Investitionsförderung im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe GRW. Hier gibt es aus meiner Sicht zwei Randbedingungen: Zum Ersten müssen die Länder ihre Verpflichtungen erfüllen, das heißt, sie müssen ihren 50-prozentigen Finanzierungsanteil auch bereitstellen. Zum Zweiten ist auch hier die Frage zu stellen: Wie viele freie Mittel sind noch da? Welchen Umfang hat die sogenannte freie Spitze, um überhaupt Neubewilligungen auszusprechen? Hier gibt es also noch einigen Diskussionsbedarf.

Ich möchte nun noch auf ein paar kleinere Titel zu sprechen kommen, Herr Minister, die mir aufgefallen sind.

Das Explorationsprogramm wird eingestellt.

(Thomas Jurk [SPD]: Richtig!)

Das Explorationsprogramm diente ja dazu, deutschen Unternehmen den Weg zur Exploration von Rohstoffen zu erleichtern, und es war eigentlich ein neues Programm. Nun schreibt das Bundeswirtschaftsministerium dazu: Der Bedarf war in den letzten Jahren nicht da, deswegen wird das Programm eingestellt. – Ich bin mir nicht hundertprozentig sicher, ob das wirklich der richtige Weg ist oder ob man nicht noch einmal klarer analysieren müsste, warum es denn so schlecht gelaufen ist. Gab es wirklich keinen Bedarf? Oder sind die Bedingungen schlecht gewesen? Muss man also daran etwas ändern?

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich weiß nicht, ob es wirklich gut ist, neu beschrittene Wege so schnell wieder zu beenden.

Dann zu dem Themenbereich Außenwirtschaft: Das ist im Prinzip auch ein sehr wichtiger Punkt; denn Deutschland ist wieder Exportweltmeister, und die Begleitung und Unterstützung vor allen Dingen kleiner und mittlerer Unternehmen im Ausland durch den Staat und die Kammern sowie die Präsenz Deutschlands im Ausland sind eine ganz wichtige Sache. Hier bleiben die Ansätze erst einmal bestehen. Man schreibt auch in den Begleittexten: Es werden wieder einige Dependancen etwas aufgewertet. Aber wenn man in Außenhandelskammern nachfragt, zeigt sich das Problem, dass zwar die Grundausstattung vieler Außenhandelskammern finanziell gesichert ist, aber man eigentlich nicht wirklich etwas machen kann, weil die großen Außenhandelskammerstandorte oftmals im Verhältnis zu den kleineren finanziell wesentlich schlechter ausgestattet sind und eigentlich weniger Projektmittel zur Verfügung haben, um ihren Aufgaben gerecht zu werden.

Jetzt komme ich auf mein Lieblingsthema: die Präsenz Deutschlands in Afrika. Natürlich weiß ich um das Problem, dass man nicht in jedem der afrikanischen Länder eine Außenhandelskammer oder ein Delegationsbüro eröffnen kann. Aber ich würde trotzdem anregen, Herr Minister, dass man dieses Thema im Außenwirtschaftsbeirat mit auf die Tagesordnung setzt, um einfach für die nächsten Jahre eine Strategie zu entwickeln, wie wir in Afrika präsenter werden können. Zumindest besteht da bei uns ein großes Interesse.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich komme jetzt auch zum Thema Fluchtursachenbekämpfung. Da haben Sie, Herr Minister, einen Haushaltstitel, über den Mittel für Transformationspartnerschaften bereitgestellt werden. Der Ansatz für Transformationspartnerschaften in Ihrem Haushalt ist mit 1 Million Euro ausgestattet, die zunächst vorrangig für Partnerschaften mit Ägypten und Tunesien bereitgestellt werden. Ich halte das grundsätzlich für eine gute Idee. Ob man mit der Million hinkommt, kann ich im Moment nicht einschätzen. Herr Minister, da wäre doch jetzt eigentlich die große Chance, sich mit dem BMZ zusammenzusetzen. Das BMZ hat ja einen enormen Aufwuchs an Mitteln.

(Hubertus Heil (Peine) [SPD]: Ja, die sollen mal machen! – Thomas Jurk [SPD]: Guter Vorschlag! Sehr gut!)

Man könnte somit versuchen, über das Mischen von Geldern gemeinsame Projekte mit einem größeren Push zu versehen. Oftmals scheitern die Projekte ja daran, dass sie weder richtig ins Wirtschaftsministerium noch richtig ins BMZ passen. So wäre zu fragen, ob man bei den Transformationspartnerschaften nicht einmal – ich halte es für notwendig, diesen Weg zu beschreiten – inter­ministeriell zusammenarbeiten könnte, um in den beiden Musterländern, mit denen wir diese Partnerschaften eingegangen sind, etwas zu bewegen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das würde ich jedenfalls anregen. Wir können Ihnen zusagen, dass wir diesen Prozess sehr intensiv begleiten würden. Denn das könnte ja auch ein Modell für andere Länder werden und dafür sorgen, dass man in verschiedenen Bereichen vorankommt.

Dann möchte ich hier natürlich eine Lanze für eine Branche brechen, die während der Haushaltsverhandlungen immer sehr wenig stattfindet: den Tourismus.

(Beifall der Abg. Barbara Lanzinger [CDU/CSU])

Meine Damen und Herren, der Tourismus ist für Deutschland eine wichtige Wirtschaftsbranche.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Die Unternehmen im Bereich des Tourismus sind meistens mittlere und kleine Unternehmen. Sie können ihre Arbeitsplätze nicht in den Rucksack stecken und nach Tschechien oder nach China gehen, sondern sie müssen mit den Bedingungen hier in Deutschland klarkommen. Die Gästezahlen haben sich in Deutschland in den letzten Jahren sehr positiv entwickelt. Das erfreut uns natürlich sehr.

(Thomas Jurk [SPD]: Richtig!)

Auch die Mittel für das Marketing von Deutschland haben sich in den letzten Jahren etwas nach oben entwickelt. Nun hat aber im Haushaltsentwurf eine Verschiebung stattgefunden, Herr Minister. Dass die Deutsche Zentrale für Tourismus eine halbe Million Euro zusätzlich bekommt, um die Marktbearbeitung im Ausland zu intensivieren, ist erst einmal ganz gut. Aber ich weiß nicht, ob es überall Zustimmung finden wird, dass man das Geld innerhalb des Tourismustitels verschiebt und bei den Mitteln für Studien und Untersuchungen wegnimmt, die dazu da sind, neue Entwicklungen zu untersuchen und herauszufinden, welche neuen Wege in Deutschland beschritten werden könnten. Das ist sicherlich diskussionswürdig, auch wenn wir wissen, dass der Bund eigentlich nicht die Kompetenz im Bereich Tourismus hat,

(Thomas Jurk [SPD]: Kompetenz hat er schon!)

sondern die Länder hier verantwortlich sind.

Meine Damen und Herren, wir wissen auch: Tourismuspolitik ist oftmals ziemliche Kirchturmpolitik. Wenn man also deutschlandweite Initiativen wie zum Beispiel die Servicequalitätsinitiative installieren will – die Servicequalitätsinitiative ist ein gutes Beispiel, weil man es hier erstmalig geschafft hat, ein Label für ganz Deutschland zu schaffen –, dann braucht man auch ein paar Mittel, um von der Bundesebene aus solche Vorhaben mit voranzubringen.

(Hubertus Heil (Peine) [SPD]: Holen Sie das Geld von Schäuble! – Beifall des Abg. Thomas Jurk [SPD])

– Ja, Herr Heil, ich nehme mal an, Sie werden uns dabei helfen. – Ich denke, dass wir im Ausschuss noch einige Diskussionen zu führen haben, bis der Haushaltsentwurf letztendlich verabschiedet werden kann.

Grundsätzlich muss man sagen: Die Entwicklung geht in die richtige Richtung, die Prioritäten sind gesetzt, und jetzt kommt es darauf an, die entsprechenden Details zu regeln. Ich bin insofern optimistisch, dass wir im Haushalt einen guten Einzelplan 09 hinbekommen werden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Vielen Dank. – Der Kollege Andreas Mattfeldt spricht jetzt für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Hubertus Heil (Peine) [SPD]: Aber schön beim Haushalt bleiben! – Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/5763567
Wahlperiode 18
Sitzung 121
Tagesordnungspunkt Wirtschaft und Energie
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