10.09.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 121 / Einzelplan 30

Albert RupprechtCDU/CSU - Bildung und Forschung

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Liebe Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Die Debatte über unseren Haushalt 2016 fällt zusammen mit zehn Jahren Regierungszeit der Unionsfraktion und zehn Jahren Kanzlerschaft von Angela Merkel. Deswegen erlauben Sie mir, dass ich das, was wir jetzt debattieren, ein Stück weit in diese zehn Jahre einzuordnen versuche.

Wir starteten als Unionsfraktion mit der Überzeugung, dass das, was Franz Josef Strauß – er hätte in diesen Tagen seinen 100. Geburtstag gefeiert – einmal gesagt hat, richtig ist: „Konservativ … heißt an der Spitze des Fortschrittes marschieren.“

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das ist keine Banalität;

(Hubertus Heil (Peine) [SPD]: Das ist bayerische Dialektik!)

denn diese Überzeugung durchzieht alle politischen Bereiche. Wir sind der festen Überzeugung, dass Wohlergehen, Wohlstand, aber auch Gemeinsinn und gesellschaftlicher Zusammenhalt nur zu sichern sind, wenn wir innovativ sind, wenn wir den technischen Fortschritt in unserem Land vorantreiben, ob das die Energieversorgung ist, ob das die Mobilität ist oder ob das die Krebsbehandlung ist.

(Marianne Schieder [SPD]: Das ist eine Binsenweisheit!)

– Das ist überhaupt keine Binsenweisheit. Wenn man sich das Ganze konkret anschaut – ich hatte heute schon zwei Besprechungen zu genau diesem Thema –, dann stellt man nämlich fest, dass neben den Allgemeinplätzen, die überall von sich gegeben werden, manche sagen: Ach, Transfer, darum brauchen wir uns gar nicht zu kümmern. Das macht die Wissenschaft von allein usw. – Wenn man diese Grundsätze ernst nimmt, dann heißt das, die gesamte Produktionskette ständig anzuschauen, zu optimieren, zu verbessern, dazuzulernen. Grundlage für Innovation ist eben nicht die Sonntagsrede, sondern es sind Bildung und Forschung, aber auch der Anspruch, den man an Bildung und Forschung und an Forscher stellt.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Wir sind vor zehn Jahren gestartet als der „kranke Mann in Europa“; Deutschland hatte 5 Millionen Arbeitslose. Zehn Jahre später sind wir eines der innovativsten und begehrtesten Länder der Welt. Wir erleben es im Zusammenhang mit den Flüchtlingen – mit allen Schwierigkeiten und Herausforderungen, die damit verbunden sind. Wir erleben es aber auch im Zusammenhang mit den Studierenden: Die Zahl der Studierenden, die nach Deutschland kommen, ist so hoch wie noch nie. Immer mehr Wissenschaftler sagen: Deutschland ist das Land, in dem ich forschen und in dem ich tätig werden möchte. Wir sind bei allen internationalen Rankings zur Frage „Was ist das innovativste Land?“ auf einem der Plätze vier, fünf oder sechs. Ich finde, das ist ein tolles Ergebnis, und darauf können wir auch stolz sein.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das DIW hat vor Kurzem eine Studie herausgegeben und herausgearbeitet, dass Forschung der Wachstums- und Innovationstreiber schlechthin ist. Das DIW hat festgestellt, dass die Forschungsausgaben in Deutschland seit 2007 enorm gestiegen sind, vor allem deswegen, weil sich die öffentliche Hand – ich füge hinzu: vor allem der Bund – an die Decke gestreckt hat, und dass der Anstieg im internationalen Vergleich nur in Südkorea noch größer ist als in Deutschland. Ich finde, das ist ein herausragendes Ergebnis. Auch darauf können wir stolz sein.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Zahlen zum BMBF-Haushalt sind mehrfach genannt worden: Seit 2005 wurde dieser Haushalt mehr als verdoppelt, auf 16,3 Milliarden Euro. Das ist ein Anstieg von 116 Prozent. Frau Ministerin Wanka, das ist ein internationaler Spitzenwert.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

In den Jahren, in denen Rot-Grün regiert hat, also in den sieben Jahre zwischen 1998 und 2005 – einen solchen Rückblick vorzunehmen, kann ich den Grünen und unserem Koalitionspartner nicht ersparen –, ist der Haushalt von 8 Milliarden Euro im Jahre 1998 auf schlappe 8,5 Milliarden Euro im Jahre 2005 gestiegen. Das heißt, in sieben Jahren gab es einen Anstieg um sechs Prozent. Bei uns ist dieser Haushalt in zehn Jahren um 116 Prozent gestiegen. Darin besteht einfach der Unterschied.

Ich wende mich noch einmal an die Grünen. Lieber Herr Gehring, ich schätze all die intelligenten Reden, die Sie hier halten. Nur zu reden, ist aber einfach zu wenig. Man muss als politische Kraft seine Vorhaben irgendwie auch aufs Gleis setzen. Während der grünen Regierungszeit gab es im Bereich der Forschung und Bildung schlichtweg nur finanzielle Stagnation, nicht mehr und nicht weniger.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Marianne Schieder [SPD]: Nehmen Sie mal die schwarze Brille ab, damit der Blick frei wird!)

Noch einen Tipp an unsere Kollegen der SPD – Frau Schieder, jetzt kommen wir zu Ihnen –: Wenn Sie Ihre forschungs- und bildungspolitischen Träume Wirklichkeit werden lassen wollen, dann haben Sie eine Chance: Regieren Sie mit uns als Juniorpartner. Wir ziehen den Karren! Regieren Sie mit uns! Dann kriegen wir die Sachen auch durch.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU – Hubertus Heil (Peine) [SPD]: Wir nehmen Sie als Juniorpartner!)

Der Haushalt 2016 ist wiederum gelebte Priorität für Forschung und Bildung: plus 1,1 Milliarden Euro. Der Haushalt steigt damit auf 16,3 Milliarden Euro. Es ist der viertgrößte Fachhaushalt im Bundeshaushalt. Es ist eine Steigerung um 7,2 Prozent gegenüber einer Steigerung des Gesamthaushalts um 3,4 Prozent. Das ist gelebte Prioritätensetzung. Ich bedanke mich auch im Namen der Fachpolitiker bei unseren Kollegen in den Fraktionen der SPD und der Union, die das mittragen. Ich bedanke mich an dieser Stelle aber auch ganz besonders bei Ihnen, Frau Wanka, weil es keine einfache Übung ist, den Bundesfinanzminister zu überzeugen, dass er im Haushalt über 1 Milliarde Euro drauflegt. Danke schön!

(Beifall bei der CDU/CSU)

Es ist mehrfach gesagt worden: Ohne Moos nix los. – Aber das allein reicht nicht, sondern es geht um die inhaltlichen Schwerpunktsetzungen. Unsere Grundsätze, Leitbilder und Ziele haben sich seit 2005 im Wesentlichen nicht geändert. Da gibt es Kontinuität. Für die stehen wir.

Erstens. Wir setzen auf Freiheit und Eigenverantwortung. Deswegen haben wir seit 2012 das Wissenschaftsfreiheitsgesetz – ein historischer Meilenstein.

Zweitens. Wir setzen auf Verlässlichkeit. Deswegen gibt es den dritten Pakt für die außeruniversitären Forschungseinrichtungen von 2016 bis 2020 mit einem Aufwuchs von über 4 Milliarden Euro. Den Aufwuchs, liebe Kolleginnen und Kollegen, zahlen wir vom Bund allein; das ist nicht selbstverständlich. Auch da strecken wir uns wieder nach der Decke.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Drittens. Wir setzen auf Breite, aber auch auf Spitze und Exzellenz. Wir wissen aus der Diskussion über die Exzellenzinitiative: Ohne eine gesunde, eine ausreichende Breite wird es keine stabile Spitze geben. Deswegen ist das Austarieren einer der entscheidenden Punkte.

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie wollen Sie das denn machen?)

– Dazu komme ich gleich, zu dem, was wir schon machen und was wir machen werden.

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir warten seit Jahren!)

Ich sage einmal ein paar Punkte dazu, was wir in der Breitenförderung machen:

Wir fördern die Hochschulen und Wissenschaftseinrichtungen in der Breite, insbesondere beispielsweise die Fachhochschulen. Die Zahlen: Seit 2005 – lieber Herr Kollege Gehring, damals haben wir die Regierung übernommen; vorher ward ihr dran – haben wir die Mittel für die Fachhochschulen verfünffacht, nämlich von damals 10 Millionen Euro auf jetzt 48 Millionen Euro. 1 400 Forschungsvorhaben – 286 Millionen Euro – an 125 Fachhochschulen, das ist Förderung der Breite, sehr geehrte Damen und Herren!

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir haben den Overhead-Anteil für die Projektförderung gesteigert. Von 2016 bis 2020 werden wir 2 Milliarden Euro, wiederum Bundesmittel, zur Verfügung stellen. Das ist Breitenförderung, liebe Kolleginnen und liebe Kollegen.

Qualitätspakt Lehre. Es sind 2 Milliarden Euro, die wir vonseiten des Bundes zur Verfügung stellen. Das ist Breitenförderung, liebe Kollegen, liebe Kolleginnen.

Hochschulpakt, das Megathema. In der Gesamtlaufzeit gibt es insgesamt über 20 Milliarden Euro zum Aufbau von Studienplätzen. Das sind Mittel, die wir vom Bund zur Verfügung stellen, obwohl es nicht unsere Verantwortung ist.

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bund und Länder! Hälftig finanziert!)

Ohne diese 20 Milliarden Euro würde die Hochschullandschaft unseres Landes in der Breite vollkommen anders ausschauen. Das ist Breitenförderung, die wir stemmen – auf Ebene des Bundes.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. Swen Schulz (Spandau) [SPD] – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Länder auch!)

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, es gibt einen Riesenabstand zwischen Breitenförderung und Spitzenförderung. Dennoch braucht es auch die Spitzenförderung.

(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Ohne Breite keine Spitze! Ist doch klar!)

Sie ist notwendig. Sie ist zwingend. Wenn wir Deutschland im globalen Maßstab vergleichen, stellen wir fest: Wir sind in vielen Bereichen sehr gut aufgestellt, aber in der absoluten Spitze gibt es in der Tat etwas zu tun. Das Schanghai-Ranking 2015 zeigt uns, dass unter den 100 besten Universitäten nur vier deutsche sind, nämlich die Uni Heidelberg auf Platz 46, die TU München auf Platz 51, die LMU auf Platz 52 und die Uni Bonn auf Platz 97. Da ist, finde ich, noch etwas zu tun. Da müssen wir noch einmal etwas drauflegen. Das muss besser werden.

Das zeigt sich auch bei der Zahl der Nobelpreisträger. Von 1900 bis 1930 gab es 35 deutsche Nobelpreisträger, die auch in Deutschland tätig waren. In den letzten 30 Jahren waren es 22 deutsche Nobelpreisträger, die in Deutschland tätig waren, ein erheblicher Teil bei der Max-Planck-Gesellschaft. Das heißt im Ergebnis, dass es da an den deutschen Hochschulen im Vergleich zu 1900, 1910, 1920 ziemlich mau ausschaut.

Deswegen war es ein richtiger, ein notwendiger Schritt, die Exzellenzinitiative zu begründen. An dieser Stelle sei explizit noch einmal anerkannt, dass es die SPD-Ministerin Bulmahn war, die sie angestoßen hat.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Marianne Schieder [SPD]: Respekt, Herr Rupprecht!)

– Ja, das ist die Wahrheit. – Es wurde aber von der Ministerin Schavan nach der Regierungsübernahme durch uns finanziell, technisch und organisatorisch umgesetzt, und zwar in der Großen Koalition.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Es gab damals einen breiten Konsens, dass Exzellenz sowie Spitzenforschung und -förderung notwendig sind. Es war ein Urgestein, der SPD-Minister Zöllner, der dafür gestanden hat.

(Swen Schulz (Spandau) [SPD]: Guter Mann! – Weiterer Zuruf von der SPD: Sehr guter Mann!)

– Ein guter Mann, absolut. – Neben den Bundespolitikern waren es der CDU-Minister Frankenberg und der CSU-Minister Goppel,

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist aber Geschichtsklitterung!)

die gesagt haben: Natürlich ist es einfacher, 50 statt 8 Universitäten zu sagen: „Ihr bekommt Geld“. Aber es braucht Mut und Weitsicht, zu entscheiden: „Was ist exzellent?“ und es auch mit den Akteuren zu besprechen. – Exzellenz ist nicht, wenn 50 Universitäten nach dem Gießkannenprinzip Geld bekommen, sondern Exzellenz ist, wenn die absoluten Spitzenuniversitäten Geld bekommen. Es heißt nämlich Exzellenzinitiative und bewusst nicht Gießkanneninitiative.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Willi Brase [SPD]: Das hat auch keiner gesagt!)

Insofern wünsche ich mir und hoffe, dass die SPD-Kollegen, Herr Kollege Heil, sich in den nächsten Wochen bei diesem Thema ein Vorbild an großen sozialdemokratischen Bildungsministern wie Herrn Zöllner nehmen und den Weg gemeinsam mit uns beschreiten. Wo Exzellenzinitiative draufsteht, muss auch Exzellenz drin sein. Das heißt: Förderung von einigen wenigen Spitzenzentren mit internationaler Ausstrahlung, aber auch von Forschungsfeldern. Ein Forschungsfeld kann durchaus auch ein Fachbereich sein, es kann ein Cluster sein oder anderes, also ausdifferenzierte Strukturen.

Ich muss leider enden, weil die Redezeit abgelaufen ist.

(Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gott sei Dank! – Beifall des Abg. Willi Brase [SPD])

Das ist schade; denn ich würde gerne zur beruflichen Bildung und zum wissenschaftlichen Nachwuchs noch etwas sagen. Aber meine nachfolgenden Redner werden das machen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Vielen Dank. – Für die Fraktion Die Linke spricht jetzt die Kollegin Dr. Rosemarie Hein.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/5763731
Wahlperiode 18
Sitzung 121
Tagesordnungspunkt Bildung und Forschung
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