Astrid FreudensteinCDU/CSU - Arbeit und Soziales
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Meine Damen und Herren! Der Arbeitsbereich Arbeit und Soziales ist an sich schon ein ausgesprochen umfangreicher. Wenn die haushaltspolitische Dimension dazukommt, wird es noch unübersichtlicher. Und jetzt kommt auch noch das Thema „Flucht und Zuflucht“ dazu, das unser Ressort ganz besonders betrifft. Es gibt in diesen Tagen also viel zu sagen. Vieles wurde in dieser Debatte und den vorherigen bereits gesagt.
Ich möchte die Gelegenheit nutzen, mich heute einmal mit der Verantwortung zu beschäftigen, die wir insbesondere beim Aufstellen des Haushalts tragen. Es geht aber auch um die Verantwortung eines jeden Einzelnen von uns für den Sozialstaat, um die Verantwortung, die wir jetzt für diejenigen haben, die zu uns kommen, und um das, was wir von denen, die zu uns kommen, einfordern müssen.
Warum kommen in diesen Monaten so viele Menschen zu uns – ausgerechnet zu uns – nach Deutschland? Sie kommen in erster Linie deshalb zu uns, weil sie hier sicher leben können. Sie kommen zu uns, weil wir ein Rechtsstaat sind, und sie kommen zu uns, weil wir ein Sozialstaat sind.
(Mark Helfrich [CDU/CSU]: Richtig! Und kein Armenhaus!)
Sie kommen zu uns, weil wir wie kaum ein anderes Land auf dieser Welt den Schwachen helfen und Chancen geben, und sie kommen zu uns, weil wir wie kaum ein anderes Land auf dieser Welt den Starken Chancen geben. Dafür, meine Damen und Herren von der Linken, ist Deutschland ganz offensichtlich weltbekannt und weltberühmt. Darauf, meine ich, können wir tatsächlich stolz sein.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Frau Kollegin Kipping, wir sind auch noch für anderes bekannt: Wir sind eine stabile Demokratie. Es gibt bei uns Demonstrationsfreiheit, es gibt Pressefreiheit, es gibt Meinungsfreiheit, es gibt unabhängige Gerichte.
(Katja Kipping [DIE LINKE]: Das stimmt, aber das steht nicht im Sozialhaushalt! Das steht im Grundgesetz!)
Es gibt viele Möglichkeiten, sich politisch einzubringen und sein Recht zu bekommen. Ein Mittel der politischen Auseinandersetzung haben wir nicht vorgesehen: Das ist das Mittel des Hungerstreiks. Ich meine, es gibt viele gute Gründe dafür, und wir sollten uns über Fraktionsgrenzen hinweg einig sein, dass wir diesem Mittel kein Forum bieten sollten.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Harald Weinberg [DIE LINKE]: Gandhi war irgendwie kein Vorbild!)
Der Sozialstaat ist in unserem Grundgesetz definiert, in Artikel 20. Als Sozialstaat haben wir zunächst einmal Verantwortung zu tragen für die jetzige Generation, für alle Bürger in unserem Land, für die Steuerzahler, für die Arbeitnehmer, für die Arbeitgeber. Sie alle zahlen Steuern und Abgaben im Vertrauen darauf, dass wir sie sinnvoll und gerecht einsetzen. Als Sozialpolitiker tragen wir Verantwortung dafür, dass die Sozialversicherungen funktionieren, dass es ein soziales Netz gibt, das Härten auffängt, und dafür, dass soziale Gerechtigkeit herrscht, die ein friedliches Miteinander ermöglicht. Dazu gehört natürlich auch ein stabiler Arbeitsmarkt mit fairen Bedingungen für Beschäftigte und Unternehmen.
Der Haushaltsentwurf für das kommende Jahr sieht vor, dass die Mittel dafür sinnvoll eingesetzt werden, zum Beispiel für den so wichtigen Abbau von Langzeitarbeitslosigkeit. Wir dürfen gerade in diesen Zeiten der Flüchtlingsströme nicht die aus dem Auge verlieren, die schon immer in unserem Land leben und auf unsere Hilfe angewiesen sind. Das sind die Menschen mit Behinderungen. Das sind die Menschen, die von Armut bedroht sind, weil sie alt oder krank sind. Auf sie müssen wir ganz besonders achten.
(Beifall bei der CDU/CSU – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Da gibt es auch jedes Jahr mehr!)
Wir haben bei unseren Haushaltsberatungen eine Verantwortung nicht nur gegenüber der jetzigen Generation, sondern natürlich ganz besonders auch für die künftigen Generationen, für diejenigen, die noch gar nicht geboren sind. Diese Verantwortung besteht insbesondere darin, unseren Kindern und Kindeskindern einen nicht noch höheren Schuldenberg zu hinterlassen. Deswegen glaube ich, dass der ausgeglichene Bundeshaushalt der wohl wichtigste Beitrag zur Generationengerechtigkeit ist.
(Beifall bei der CDU/CSU – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Das werden die später mal ganz anders sehen!)
Nicht mehr ausgeben, als wir einnehmen, und Schulden abbauen, auf diesem Weg müssen wir bleiben. Ich glaube nicht, dass dies mit Ihren Ideen möglich wäre, Frau Kollegin Kipping.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Doch!)
Gerade der Einzelplan 11, der Etat für Arbeit und Soziales, der größte in unserem Bundeshaushalt, muss in dieser Hinsicht Zeichen setzen. Wir müssen hier gut und verantwortungsvoll wirtschaften. Ich meine, dass der vorliegende Plan ein sehr gutes Fundament für die Beratungen in den kommenden Wochen ist.
Unser Sozialstaat ist aber immer nur so stark wie die Menschen, die ihn tragen. So hat jeder Einzelne von uns Verantwortung, dass unser soziales Gebilde so stark bleibt, wie es jetzt ist. Dazu gehört, dass zunächst einmal – das ist die Ausgangsbasis – grundsätzlich jeder für sich selbst verantwortlich ist, jeder sein Einkommen so weit wie möglich selbst erwirtschaftet.
(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Können Sie jetzt mal etwas zum Haushalt sagen?)
Dazu gehört auch, dass er sich zum Beispiel fortbildet und neue Herausforderungen wie die Digitalisierung annimmt.
Natürlich würde der Sozialstaat nicht funktionieren ohne all diejenigen, die nicht erwerbstätig im klassischen Sinne sind, sondern die daheim Kinder erziehen, die sich ehrenamtlich engagieren. Sie sind nämlich eine besonders wertvolle Stütze unseres Sozialstaats. Die verbesserte Mütterrente, die wir hier im Parlament beschlossen haben, ist deshalb auch richtig und wichtig.
Wie tief verankert das Ehrenamt in unserem Land ist, das erleben wir in diesen Tagen wieder besonders eindrucksvoll am Münchener Hauptbahnhof, aber nicht nur dort. Ich meine, auch darauf können wir ganz besonders stolz sein.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Verantwortung für unseren Sozialstaat tragen durchaus auch diejenigen, die jetzt zu uns kommen. Auch sie sollen – die Ministerin hat darauf hingewiesen – möglichst rasch auf eigenen Beinen stehen können. Auch sie sollen nach einiger Zeit ihr Einkommen grundsätzlich selbst erwirtschaften können.
Die Flüchtlinge, die zu uns kommen, Frauen wie Männer, müssen sich für unseren Arbeitsmarkt qualifizieren. Das heißt zunächst einmal, sie müssen unsere Sprache lernen, auch wenn ich weiß, wie unendlich schwierig es ist, Deutsch zu lernen.
(Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]: Für Bayern ja! – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Das können ja noch nicht mal die Bayern!)
– Wir diskutieren das einmal im Anschluss. – Sie müssen unsere Regeln und Werte kennenlernen und auch akzeptieren.
(Corinna Rüffer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Deshalb sind sie ja gekommen!)
Auch diese Verantwortung gibt es. Auch das werden wir einfordern müssen.
Wir in der Politik müssen jetzt alles tun, was in unserer Kraft steht, damit das auch gelingen kann. Das wird sicher nicht einfach werden. Im Übrigen wird es auch nicht billig werden. Unterschiedliche Herkunft, unterschiedliche Kulturen und Religionen zusammenzubringen, so viele auf einmal in so kurzer Zeit, sodass in Deutschland ein gutes Miteinander entsteht, das ist eine Aufgabe, der wir alle uns jetzt stellen müssen. Ich meine, dass die Maßnahmen, die der Koalitionsausschuss am Sonntag dazu beschlossen hat, ein erster ganz wichtiger Schritt sind.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Der Haushalt des Ministeriums für Arbeit und Soziales ist von dem Flüchtlingsstrom ganz besonders betroffen. Frau Nahles hat bereits angedeutet, welche zusätzlichen Kosten auf unseren Haushalt zukommen werden. Die Zahl der SGB-II-Bezieher wird steigen und ebenso die Zahl der Arbeitslosen. Das müssen wir so ehrlich sagen.
Der Zustrom von Flüchtlingen wird uns auch kurzfristig nicht das Problem des Fachkräftemangels in einigen Branchen und auch nicht das Problem des demografischen Wandels nehmen. Migration hat ja sehr verschiedene Ursachen. Wir sollten uns davor hüten, Arbeits- und Fluchtmigration zu vermengen. Natürlich kann es in den nächsten Jahren zu Synergieeffekten kommen. Dies kann auch Vorteile für uns bringen. Aber wir wissen, dass wir erst einmal – das macht sich in unserem Haushalt ganz besonders bemerkbar – sehr viel Geld investieren müssen. Das müssen wir den Menschen in unserem Land auch so sagen.
Aber wie Minister Schäuble in seiner Rede schon deutlich gemacht hat: Wir haben uns in den vergangenen Jahren durch eine sehr gute, solide Haushaltspolitik und durch eine gute Wirtschaftspolitik ein Polster erarbeitet, das es jetzt möglich macht, diese Herausforderung anzunehmen. Die gute Konjunktur, die Rekordbeschäftigung und sinkende Arbeitslosenzahlen haben uns in diese Lage versetzt. Wenn wir uns jetzt alle dieser Verantwortung stellen, jeder für sich, der Staat sich seiner Verantwortung annimmt, aber auch jeder Einzelne seine Verantwortung wahrnimmt, dann bin ich guten Mutes, dass wir weiter solide wirtschaften können und eine gute Zukunft bauen. Ich freue mich auf die Beratungen.
Danke schön.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Vielen Dank. – Als nächster Redner hat Dr. Strengmann-Kuhn von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/5764149 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 121 |
Tagesordnungspunkt | Arbeit und Soziales |