Axel FischerCDU/CSU - Arbeit und Soziales
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Schön, dass wir heute die Haushaltsdebatte so entspannt führen können. Die Bundesregierung hat einen Haushaltsentwurf im Frühsommer eingebracht. Im Sommer haben sich dann die Ereignisse überschlagen. Ich muss nicht im Einzelnen auf die hier bereits ausführlich geschilderte Flüchtlingsproblematik eingehen; der Kollege Helfrich hat dazu schon einiges gesagt. Heute wissen wir allerdings schon, dass beim Haushalt für 2016 an einigen Stellen die vorgesehenen Mittel nicht ausreichen werden. Der Kollege Karl Schiewerling hat das in seiner Rede schon angesprochen.
Wir werden an der einen oder anderen Stelle voraussichtlich noch einiges an Geld draufpacken müssen. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat von 10 Milliarden Euro gesprochen, die Bundesarbeitsministerin von voraussichtlich 3,3 Milliarden Euro allein im Einzelplan 11, Arbeit und Soziales. Wie viel es am Ende wirklich sein wird, wissen wir noch nicht. Auf jeden Fall ist es sehr viel Geld. Aber kein Grund zur Panik! Denn dank einer auf Wachstum und sparsames Haushalten und weniger auf ausufernde Umverteilung ausgerichteten Politik haben wir heute eine solide finanzielle Basis für eine zukunftsträchtige Arbeits- und Sozialpolitik. Dank der großen Leistungen von Arbeitnehmern und Unternehmern floriert die Wirtschaft. Die Steuer- und Abgabenquellen sprudeln, und auch Löhne, Gehälter und Renten sind gestiegen. Diese Woche kam die Nachricht von einem neuen Exportrekord. Es läuft gut.
Die Regierungskoalition hat in den vergangenen Jahren erfolgreiche Arbeit geleistet. Wir haben mit einer vorausschauenden und zukunftsorientierten Wachstumspolitik sowie mit vielen ordnungspolitisch notwendigen und sinnvollen Maßnahmen die Finanz- und Wirtschaftskrise erfolgreich gemeistert. Wir haben viele Menschen wieder, andere neu in Arbeit gebracht. Wir haben den Bundeshaushalt konsolidiert. Die schwarze Null von Kerstin Radomski lässt grüßen. Wir haben gerade im Bereich der Arbeitsvermittlung bei der Aktivierung von Langzeitarbeitslosen und bei den arbeitsmarktpolitischen Instrumenten Erfolg gehabt. Das kann sich sehen lassen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Auch die weiteren Aussichten sind gut. Die Bundesregierung rechnet im kommenden Jahr mit knapp 2 Prozent realem Wirtschaftswachstum, und die Lage auf dem Arbeitsmarkt ist bei steigender Erwerbstätigkeit – mit deutlich unter 3 Millionen Arbeitslosen – stabil. Die steigende Beschäftigung, steigende Einkommen und steigende Renten sowie niedrige Energiepreise lassen die Kaufkraft der privaten Haushalte ansteigen. Der Konsum wird voraussichtlich um rund 2 Prozent zunehmen. Das ist doch was!
Deshalb können wir darüber debattieren, wofür das Geld ausgegeben werden soll, über das wir dank eines konsolidierten Bundeshaushaltes und einer florierenden Wirtschaft verfügen. Mein spezieller Dank geht dabei natürlich an unseren Bundesfinanzminister, Dr. Wolfgang Schäuble, der es mit einer enormen Energieleistung nicht nur geschafft hat, den jahrzehntelang chronisch unterfinanzierten Bundeshaushalt wieder ins Gleichgewicht zu bringen; vielmehr ist der Bundeshaushalt mittlerweile sogar so solide aufgestellt und geführt, dass wir Reserven haben, auf unvorhersehbare Situationen angemessen zu reagieren.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wir haben also wie die Eichhörnchen vor dem Winter für schlechte Zeiten vorgesorgt, und so können wir die Herausforderung durch die Völkerwanderung, die wir derzeit erleben, annehmen und ihr begegnen. Denn eines ist klar – da hilft kein Jammern und kein Zündeln –: Die Menschen sind hier. Es liegt nun an uns, an unserer heutigen Perspektive, ob wir sie als Chance oder Risiko, als Last oder als Bereicherung betrachten. Es liegt an uns, was wir aus dieser Situation machen.
Leitmotiv für unser Handeln müssen unsere europäischen Werte sein, insbesondere auch die universellen Menschenrechte. Die notwendige Integration derer, die bleiben dürfen, wird zur gesamtgesellschaftlichen Herausforderung, und diese Herkulesaufgabe dürfen wir weder zulasten der Arbeitslosen noch zulasten der Schwächsten in unserer Gesellschaft abarbeiten.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
Viele der Flüchtlinge sind jung und männlich und können nicht Deutsch sprechen. Die Integration in den Arbeitsmarkt ist insbesondere aufgrund der Sprachbarriere schwierig, zumal der Mindestlohn ja auch erwirtschaftet werden muss. Flüchtlinge, die voraussichtlich im Land bleiben dürfen, sollten wir aber so schnell wie möglich in den Arbeitsmarkt integrieren. Das verbessert übrigens auch die gesellschaftliche Eingliederung. Daimler-Chef Dieter Zetsche hat ja angekündigt, in den Flüchtlingszentren nach Arbeitskräften zu suchen und für sein Unternehmen zu werben. Aber selbst wenn es zutrifft, was er sagt – dass die meisten Flüchtlinge jung, gut ausgebildet und hoch motiviert sind –, brauchen diese Menschen unsere Unterstützung. Sie brauchen Sprachkurse, und sie brauchen eine betriebliche Einstiegsqualifizierung.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
Denn mit der erfolgreichen Arbeitsvermittlung steht und fällt das Schicksal dieser Menschen. Eine zusätzliche Flexibilität der Arbeitsagenturen kann da nur nützen, die Integration in den Arbeitsmarkt zielgerichtet zu fördern.
Es bestehen derzeit viele Ängste in der Bevölkerung; diese müssen wir natürlich ernst nehmen. Eine davon ist beispielsweise: Zuwanderung verdrängt deutsche Arbeitnehmer. Ich habe die derzeit überaus positive Situation am Arbeitsmarkt bereits beschrieben. Wir haben die geringste Arbeitslosenzahl seit der Wiedervereinigung. Viele Betriebe suchen händeringend geeignete Bewerber und brauchen immer länger, um freie Stellen zu besetzen. Das Schlagwort „Fachkräftemangel“ macht ja die Runde. Zudem: Aufgrund der demografischen Entwicklung sinkt die Zahl der potenziell Erwerbstätigen zukünftig weiter.
Bislang konnten wir das teilweise durch die höhere Erwerbstätigkeit von Frauen und Älteren und vor allem durch Zuwanderung aus anderen EU-Ländern ausgleichen. Da kamen beispielsweise qualifizierte Ärzte und Ingenieure aus Bulgarien oder Rumänien zu uns, deren Tätigkeit hier weitere Arbeitsplätze geschaffen hat, weil Aufträge in Deutschland statt im Ausland abgearbeitet werden konnten.
Wir besetzen auch weniger attraktive Arbeitsplätze mit Zuwanderern. Auch die Betreiber von Dönerbuden, die von frühmorgens bis spätabends Döner und Sonstiges verkaufen und vielfältige Integrationsdienste für weniger leistungsfähige Hartz-IV-Bezieher leisten, sind zumeist Zuwanderer.
Nicht nur Daimler-Chef Dieter Zetsche begreift die Zuwanderung als Chance. Er sagt:
Sie können uns – ähnlich wie vor Jahrzehnten die Gastarbeiter – helfen, unseren Wohlstand zu erhalten bzw. zu vermehren. Deutschland kann doch die freien Arbeitsplätze gar nicht mehr allein mit Deutschen besetzen.
Meine Damen und Herren, die Kosten für die Zuwanderung sollten wir fair verteilen auf Bund, Länder und Gemeinden. Nicht nur der Bund hat derzeit erhebliche Steuermehreinnahmen. Die Länder haben zudem mit der Erhöhung der Grunderwerbsteuer vielerorts kräftig sprudelnde weitere Finanzquellen erschlossen. Der Bund hat in den letzten Jahren Länder und Kommunen in Milliardenhöhe entlastet und wird dies weiter tun – Stichwort „Bundesteilhabegesetz“.
Für einen sachlichen Austausch über die notwendige Unterstützung in Flüchtlingsfragen wäre es zielführend, wenn das Zerrbild von flächendeckend darbenden Kommunen in Deutschland in der Mottenkiste bliebe – wo es hingehört. Ich rede hier ja auch nicht ständig von Spaßbädern, kommunalen Verwaltungswasserköpfen oder verantwortungslosen Fehlinvestitionen und Fehllenkungen kommunaler Mittel. In den letzten zehn Jahren – das fällt zufällig in die Regierungszeit von Angela Merkel – hat sich hier vieles zugunsten der Kommunen entwickelt.
(Beifall der Abg. Mark Helfrich [CDU/CSU] und Heinz Wiese (Ehingen) [CDU/CSU])
Den meisten Kommunen geht es finanziell wieder gut. Wer jetzt pauschal Weltuntergangsstimmung verbreitet, der oder die muss sich schon fragen lassen, worum es ihm oder ihr tatsächlich geht.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Meine Damen und Herren, die Zuschüsse zur Rentenversicherung sowie die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung stellen mit 93,2 Milliarden Euro den größten Block im Bundeshaushalt 2016 dar. Das ist knapp ein Drittel der gesamten Ausgaben des Bundes, fast 5 Milliarden Euro oder 5,5 Prozent mehr als noch 2014. Hier zeigt sich: Das Wohl unserer Senioren liegt dieser Bundesregierung am Herzen. Mütterrente und Rente mit 63 verursachen zwar zukünftig eine gewisse weitere Ausgabendynamik,
(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Eine gewisse?)
sodass wir in 2018 bei den Ausgaben den Betrag von 100 Milliarden Euro wohl überschreiten werden. Eine gute Verfassung unseres Arbeit smarktes und unserer Wirtschaft kann jedoch die Finanzierung langfristig sicherstellen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir werden in den kommenden Wochen den Haushalt gemeinsam beraten. Die Maxime ist das, was Volkmar Klein gestern hier am Rednerpult gesagt hat: Der Erfolg misst sich nicht am schieren Ausgeben von Geld; wichtig ist, dass das Geld zielgerichtet und erfolgreich eingesetzt wird.
Zum Abschluss, Herr Strengmann-Kuhn, muss ich schon sagen: Sie haben mich mit Ihrer Aussage hier wirklich schockiert. Dass die Grünen die Gesundheitsleistungen für Asylbewerber nicht mehr über Steuern finanzieren wollen, sondern dass das Geld von den Pflichtversicherten aufgebracht werden soll, halte ich für einen Fehler und für absolut nicht akzeptabel.
(Widerspruch der Abg. Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Bevor wir damit starten, warten wir noch ein wenig, bis die Kolleginnen und Kollegen, die an der Beratung des neu aufgerufenen Einzelplans mit besonderer Intensität teilnehmen werden, ihre Plätze eingenommen haben.
Nachdem alle, die in besonders intensiver Weise die Beratung begleiten werden, ihre Plätze eingenommen haben, starten wir jetzt mit dem Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft, und ich erteile als erstem Redner das Wort dem Bundesminister Christian Schmidt.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/5764270 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 121 |
Tagesordnungspunkt | Arbeit und Soziales |