Elvira Drobinski-WeißSPD - Ernährung und Landwirtschaft
Herr Präsident! Herr Minister Schmidt! Sehr verehrte Damen und Herren auf den Tribünen! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als mich in den wahrscheinlich leider letzten Sonnentagen der detaillierte Haushaltsplan des BMEL erreichte, da dachte ich: Gar nicht schlecht! Da ging auch bei mir ein bisschen die Sonne auf, aber – ich sage es Ihnen – nur ganz kurz.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)
Ich sage Ihnen auch, warum bei mir ein bisschen die Sonne aufging: Im Haushaltsplan findet sich die Zusage, dass sich die Kampagne gegen Lebensmittelverschwendung „Zu gut für die Tonne“ nicht mehr nur an Verbraucher richten wird, sondern auch an Landwirtschaft, Handel, Industrie und Gastronomie. Das Thünen-Institut bekommt mehr Geld, um endlich eine Systematik zu entwickeln, mit der es möglich wird, zu erfassen, wer was warum wegwirft. Das ist eine wichtige Grundlage dafür, um wirksame Maßnahmen zu entwickeln und um die Verschwendung einzudämmen. Dafür hat sich die SPD-Fraktion schon seit langem eingesetzt, und ich bin froh, dass Sie dies nun endlich im Haushalt festschreiben. 60 Prozent der Lebensmittelverschwendung finden nämlich nicht in Privathaushalten statt, sondern bereits vorher.
Ich denke, wir als Politik sind in der Pflicht, etwas zu tun.
(Beifall bei der SPD)
Alles andere halte ich ethisch und übrigens auch ökonomisch für nicht vertretbar.
Wenn allerdings die Aufgaben wachsen, wenn die Ausrichtung eines Vorhabens breiter wird, dann braucht es selbstverständlich auch mehr Geld, um diese neuen Aufgaben zu bewältigen. „ Zu gut für die Tonne“ muss noch besser ausgestattet werden. Herr Minister, es liegt noch viel Arbeit vor uns, aber wir und auch Sie sind auf einem guten Weg.
So viel zum Sonnenschein. Ein paar Wölkchen, das heißt ein paar Fragezeichen, sind dann doch noch aufgetaucht.
Obwohl ich mir viel Mühe gegeben habe, kann ich nach wie vor nirgendwo im Haushalt einen Posten entdecken, der die Kosten für die nationale Strategie zur Reduktion von Zucker, Fett und Salz in Fertigprodukten abdeckt.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Dabei liegt ein entsprechender Beschluss des Bundestages schon seit einigen Monaten auf dem Tisch. Der muss – da bin ich mir ganz sicher – irgendwo im Ministerium durchgerutscht sein.
(Dr. Karin Thissen [SPD]: Genau!)
Immerhin stehen für den Bereich „Gesundheitlicher Verbraucherschutz und Ernährung“ im Jahr 2016 5 Millionen Euro mehr zur Verfügung. Zudem sind von den 16 Millionen Euro im Titel „Information der Verbraucherinnen und Verbraucher“ im vergangenen Jahr fast 11 Millionen Euro nicht abgerufen worden. Mittel sind also ausreichend vorhanden. Diese Mittel sollten wir für Maßnahmen einsetzen, die es den Menschen erleichtern, sich gesund und ausgewogen zu ernähren. Sie sollten alle Menschen erreichen, egal wo sie einkaufen, welchen Bildungsstand und wie viel Geld sie haben.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Die Reduktionsstrategie, die die Rezepturen von Fertigprodukten verbessern soll, ist so ein Mittel. Dass sie funktioniert, das zeigen nicht nur Beispiele aus anderen Ländern. Auch eine Aktion des Ernährungsministeriums selbst hat gezeigt: Seit es die Reduktionsziele für herzschädliche Transfette mit der Wirtschaft vereinbart hat, ist der Gehalt an Transfetten in Lebensmitteln deutlich zurückgegangen. Jetzt müssen wir uns auch um Salz und Zucker kümmern … insbesondere in Lebensmitteln speziell für Kinder … von denen wir sowieso meinen, dass sie völlig unnötig sind, und die wir daher ablehnen. Aber das passiert nicht von allein, das gibt es auch nicht umsonst. Ein entsprechender Haushaltsposten ist unabdingbar.
(Beifall bei der SPD)
Verbraucherinformationen, Aufklärungskampagnen und Bildungsarbeit – das alles ist wichtig. Aber Menschen, insbesondere Kinder, müssen das Erlernte auch umsetzen können. Im Moment arbeiten das gängige Lebensmittelangebot und die Art, wie es beworben und vermarktet wird, eher gegen sie. Wenn wir nicht dafür sorgen, bessere Bedingungen für gesunde Ernährung zu schaffen, nützen alle Bildungsinitiativen wenig, Herr Minister. Schließlich braucht es für einen sicheren Verkehr Fahrschulen, die uns das Fahren beibringen, ebenso wie sichere Straßen und sichere Autos; ach ja, und Ampeln wären auch nicht schlecht. Aber das ist ein anderes Thema.
(Heiterkeit und Beifall bei der SPD – Heiterkeit bei Abgeordneten der LINKEN)
Noch ein Hinweis zum Schluss. Gestern erreichte mich die Nachricht, sehr verehrter Herr Bundesminister Schmidt, dass das Forschungsinstitut für Kinderernährung vor dem Aus steht. Dabei hatten Sie in den letzten Haushaltsverhandlungen zugesagt, sich persönlich für den Fortbestand des Instituts einzusetzen. Ich appelliere dringend an Sie und an Ihr Ministerium: Setzen Sie alles daran, die Arbeit dieses wichtigen Instituts weiterhin zu ermöglichen.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Grundsätzlich – da bin ich zuversichtlich – können wir mit den Mitteln, die uns für das Jahr 2016 zur Verfügung stehen, viel erreichen. Packen wir es an!
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Für Bündnis 90/Die Grünen spricht jetzt der Kollege Sven-Christian Kindler.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/5764373 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 121 |
Tagesordnungspunkt | Ernährung und Landwirtschaft |