Nadine SchönCDU/CSU - Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Besucherinnen und Besucher! Wenn wir heute über den Etat des Bundesfamilienministeriums sprechen, dann steht die Debatte darüber genauso im Mittelpunkt der aktuellen Flüchtlingsthematik wie schon die Debatten der vergangenen Tage zu den anderen Haushalten.
Es ist schon gesagt worden: Es gibt eine große Welle der Hilfsbereitschaft, die den Menschen entgegenschlägt, die angesichts von Vertreibung, Krieg oder Hunger aus Krisengebieten fliehen und nach einer langen Flucht zu uns kommen. Sie werden hier von vielen Menschen mit ehrenamtlichem Engagement und einer großen Welle von Hilfsbereitschaft begrüßt. Das erschöpft sich nicht darin, dass sie am Bahnhof mit Transparenten und Wasser begrüßt werden. In meinem Wahlkreis habe ich erlebt, dass Menschen schon seit Monaten aktiv bei der Integration der Flüchtlinge in ein für sie komplett fremdes Land und in einen neuen Alltag helfen.
Dieses Engagement wollen wir auch als Familienpolitiker mit unserem Haushalt unterstützen; und wir finden in dem Haushalt, den wir heute beraten, aber auch in dem, was wir in den kommenden Wochen auf den Weg bringen, viele Ansatzpunkte für diese Unterstützung. Denn wir wissen: Die Hilfsbereitschaft in den ersten Tagen und Wochen ist das eine. Aber es wird auch darum gehen, die Menschen, die jetzt zu uns kommen, zu integrieren, und das sind sehr viele. Allein in diesem Jahr rechnet man mit 800 000 Menschen. Darunter sind wenige Frauen und Kinder; es werden sicherlich noch viele nachkommen. Es wird darum gehen, sie auch zu integrieren. Sie sollen in unserer Gesellschaft wirklich ankommen.
Dabei ist es nicht damit getan, dass sie eine Wohnung, eine Unterkunft und Kleidung haben, sondern Integration ist erst gelungen, wenn die Menschen bei uns arbeiten, bei uns leben, in die Dorfgemeinschaft integriert und selbst ehrenamtlich tätig sowie in Sportvereinen Mitglied sind, wie wir alle das auch tun. Das ist eine große Herausforderung für uns als aufnehmende Gesellschaft und auch für die Menschen, die zu uns kommen.
Deshalb ist es richtig, dass wir mit diesem Haushalt die Weichen stellen und einige neue Programme auf den Weg bringen werden, um beiden Seiten – nämlich der aufnehmenden Gesellschaft und den Neuankommenden – diesen Schritt zu ermöglichen.
Es ist schon angesprochen worden: Bis zu 10 000 neue Stellen im Bundesfreiwilligendienst sollen entstehen. Herr Leutert, sicher lesen Sie Zeitung. Sie sagten: Der Bundesfreiwilligendienst wird nicht aufgestockt. – Wir haben gerade beschlossen, dass er um bis zu 10 000 Stellen aufgestockt wird, um den vielen Ehrenamtlichen vor Ort – bei den Kommunen, aber auch bei den Hilfsorganisationen – bei der Koordination der Aufgaben, bei der Einrichtung der Wohnungen und den Flüchtlingen beim Spracherwerb und beim Ankommen im Alltag zu helfen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass ein pensionierter Lehrer oder auch eine Hausfrau, die mehrere Kinder großgezogen hat, beim Bundesfreiwilligendienst mitmacht und vor Ort mit anpackt.
Wir wollen aber auch noch – und ich bin sehr erfreut, dass die Ministerin unseren Vorschlag aufgegriffen hat – einen anderen Weg gehen. Wir wollen den Flüchtlingen, die zu uns kommen, die Möglichkeit geben, selbst Bundesfreiwilligendienst zu leisten. Junge oder auch ältere Flüchtlinge, die hier ankommen, sollen die Möglichkeit haben, sich von Anfang an – sobald ihre Anerkennung erfolgt ist – in unser Gemeinwesen einzubringen. Es ist sehr wertvoll, dass sie die Sprache derjenigen kennen, die hier ankommen, und dass sie die Erfahrungen, die sie hier in den ersten Wochen gemacht haben, gleich mit einbringen und dadurch ihren Landsleuten bei der Ankunft helfen können.
Deshalb sollten wir von diesen 10 000 neuen Plätzen explizit Plätze für diejenigen reservieren, die selbst gerade geflüchtet sind. Das muss natürlich mit einem Sprachkurs und mit Landeskunde verbunden werden. Das geht nicht einfach so und ist auch eine organisatorische Herausforderung, aber das ist der richtige Weg zur Integration in unsere Gesellschaft.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wir haben daneben weitere Programme, wie etwa das Programm „Willkommen bei Freunden“, das wir mit 12,5 Millionen Euro ausgestattet haben, und die Jugendmigrationsdienste, für die die Mittel im letzten Haushalt aufgestockt wurden und die vor allem den jungen Menschen das Ankommen in unserem Land erleichtern.
Das alles sind richtige neue Initiativen oder alte Initiativen, die wir intensivieren.
Wenn wir auf den Haushalt schauen, den wir vorlegen, dann können wir aber auch noch auf vieles andere stolz sein:
Wir haben es in den letzten Jahren geschafft, die Familienpolitik zu einem der dominierenden Themen in der Bundesregierung zu machen. Kein anderer Haushalt – außer dem Bildungshaushalt – ist über die Jahre so stark und kontinuierlich gewachsen wie unser Haushalt. In dieser Regierung, aber auch schon in den Vorgängerregierungen unter Schwarz-Gelb und in der Großen Koalition davor haben wir bei Kindern, Familien und Frauen einen klaren Schwerpunkt gesetzt. Unser Haushalt ist immer gestiegen. Das kann sich sehen lassen, und darauf können wir wirklich stolz sein.
Auch an anderen Parametern zeigt sich, dass sich die Familienpolitik der CDU-geführten Regierungen der letzten Jahre bewährt hat:
(Ulli Nissen [SPD]: Aber jetzt mit einer SPD-Ministerin!)
Endlich kommen mehr Babys zur Welt. Im letzten Jahr waren es 33 000 Babys mehr als im Jahr davor. Das ist eine Steigerung von knapp 5 Prozent.
Der Trend, dass vor allem Akademikerinnen kinderlos bleiben, ist eindeutig gestoppt.
Die Familienfreundlichkeit in unserem Land hat zugenommen. Viele Studien bescheinigen uns, dass wir auf dem Weg hin zu einer Gesellschaft, die die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ermöglicht, die Partnerschaft stärkt und die Familienfreundlichkeit erhöht, sehr erfolgreich sind.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Ulli Nissen [SPD])
Darauf können wir uns aber nicht ausruhen. Das ist eine Aufgabe für die nächsten Jahre.
Wir sind sehr stolz darauf, dass wir die Familien in diesem Jahr und in den kommenden Jahren um 5 Milliarden Euro entlasten. Wir sind auch sehr stolz darauf, dass wir die Elternzeit weiter flexibilisieren konnten und dass die massiven Steigerungen beim Elterngeld, die so nicht eingeplant waren – da schaue ich einmal unsere Haushälter in den Reihen an –, von allen Kollegen des Deutschen Bundestages jedes Jahr ohne Murren mitgetragen wurden. Es ist nicht selbstverständlich, dass den Familien ein so großer Teil der Mittel aus unserem Haushalt zur Verfügung gestellt wird. Deshalb muss es unser erstes Ziel sein, das Elterngeld, das ein e der beliebtesten Leistungen für junge Familien in unserem Land ist, für die Zukunft zu sichern. Dazu wollen wir alle Möglichkeiten nutzen. Das betrifft auch die freiwerdenden Mittel aus dem Betreuungsgeld. Wir können nicht riskieren, dass eine Leistung, die so anerkannt ist wie das Elterngeld, gefährdet ist, weil eine mögliche Kostenexplosion nicht tragbar wäre.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wir investieren in den Kitaausbau, zum einen mit dem Investitionsprogramm für die Kitas, zum anderen mit dem neuen Programm „KitaPlus“ mit 100 Millionen Euro. Wir setzen das Programm „Schwerpunkt-Kitas Sprache & Integration“ fort. Dieses Programm ist nicht im Zuge der Flüchtlingskrise entstanden, also nichts Neues. Es läuft schon einige Jahre; denn wir hatten schon immer Migranten, junge Schülerinnen und Schüler sowie Kindergartenkinder mit Sprachproblemen, um die wir uns gekümmert haben. Deshalb war es uns als Union ein Anliegen, dass die Sprachförderung in den Kindertageseinrichtungen weiter vom Bund finanziert wird.
Auch das Ehrenamt ist uns ein wichtiges Anliegen. Damit meine ich nicht nur das wunderbare ehrenamtliche Engagement im Zusammenhang mit der Flüchtlingskrise. Viele Menschen in unserem Land sind seit vielen Jahren ununterbrochen ehrenamtlich aktiv: bei Hilfsorganisationen, in Sportvereinen, in der Nachbarschaftshilfe. Ich habe ein bisschen Angst, dass dieses Engagement durch das Engagement für Flüchtlinge, das in diesen Tagen zu Recht in den Medien gezeigt wird, etwas unter den Tisch fällt. Genau das darf nicht passieren. All die ehrenamtlich tätigen Menschen in unserem Land, die sich seit Jahren für unsere Gesellschaft einsetzen, verdienen unseren Respekt, unsere Anerkennung und unsere Unterstützung. Das muss man immer mit bedenken, wenn man zurzeit den Ehrenamtlichen dankt, die in der Flüchtlingshilfe engagiert sind.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Ein Kumulationspunkt für dieses ehrenamtliche Engagement sind die Mehrgenerationenhäuser. Hier kommt alles zusammen, was an ehrenamtlichem Engagement über die Generationen hinweg, aber eben auch für einzelne Gruppen in der Gesellschaft geleistet wird: von der PEKiP-Gruppe über die Kinderbetreuung bis hin zum Senioren-Rommé, Computerlernkurse und vieles mehr. All das wird in den Mehrgenerationenhäusern geleistet. Wir konnten dieses großartige Engagement für die Zukunft sichern. Die Finanzierung der Mehrgenerationenhäuser ist für die nächsten Jahre gesichert. Auch hier danke ich den Kolleginnen und Kollegen aus dem Haushaltsausschuss, denen das ebenfalls ein echtes Anliegen war.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Wir investieren in den Kinderschutz und in den Opferschutz. Das Programm „Frühe Hilfen“ werden wir fortsetzen. Gleiches gilt für die Mittel für die Opfer der Heimerziehung. Auch hier wurden die Mittel verstetigt. Das sind gute Signale, gute Botschaften an all die Menschen, die davon betroffen sind.
Man kann sagen, dass wir auf der einen Seite den neuen Herausforderungen, die auf uns zukommen, gerecht werden, indem wir die Flüchtlinge und die Menschen, die sich um die Flüchtlinge kümmern, unterstützen, dass wir auf der anderen Seite aber für alle anderen Menschen in unserem Land, vor allem für die Familien, die richtigen Weichen stellen und ihnen jede Unterstützung zukommen lassen, die möglich ist. Zusammen mit den Ländern und Kommunen, mit den Unternehmen und mit vielen Bürgerinnen und Bürgern wollen wir auf diesem Weg weitergehen.
Ich danke allen, die die Haushaltsberatungen in den kommenden Wochen konstruktiv begleiten werden. Sicher kann man sich immer mehr wünschen und vorstellen. Aber es liegt eben in der Natur des Haushaltes – und darum muss es uns gehen –, die richtigen Schwerpunkte zu setzen. Ich freue mich auf die Beratungen.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat die Kollegin Ekin Deligöz das Wort.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/5765078 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 121 |
Tagesordnungspunkt | Familie, Senioren, Frauen und Jugend |