Reinhold SendkerCDU/CSU - Verkehr und digitale Infrastruktur
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich darf Ihnen antworten, Frau Kollegin: Unser Land hat auch eine bessere Opposition verdient.
(Beifall bei der CDU/CSU – Lachen der Abg. Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Meine sehr verehrten Damen und Herren, beim Erhalt und beim Ausbau unserer Verkehrsinfrastruktur stehen wir vor gewaltigen Aufgaben; das ist heute schon betont worden. Ich nenne vor allem die Brückensanierungsarbeiten überall in Deutschland, mittlerweile mit einem Schwerpunkt in Nordrhein-Westfalen. Das ist weiß Gott nicht neu. Neu ist in unserer Haushaltsplandebatte die Wortschöpfung „Investitionshochlauf“. Nun haben wir endlich mehr Geld für Investitionen in Straße, Schiene und Bundeswasserwege zur Verfügung.
Verehrter Herr Kollege Claus von der Fraktion Die Linke, bei uns ist das Geld nicht in schlechten Händen. Das Geld ist in sehr guten Händen. Gerade der Verkehrsetat, meine Damen und Herren, sorgt für Prosperität unserer Volkswirtschaft, für Arbeit, für Wachstum und im Ergebnis für Wohlstand. Das muss unser Ziel als Parlamentarier sein.
(Beifall bei der CDU/CSU – Sabine Leidig [DIE LINKE]: Glauben Sie eigentlich selber, was Sie da sagen?)
– Ja, ich glaube das. Ich nenne Ihnen auch gleich die Zahlen. Wir werden im nächsten Haushaltsjahr, 2016, 1,5 Milliarden Euro mehr zur Verfügung haben; der Minister hat es gesagt. 2018 wird es einen weiteren Anstieg auf 14 Milliarden Euro geben. Wenn man an den Anfang der 17., also der letzten Wahlperiode zurückdenkt, stellt man fest: Damals waren es 50 Prozent weniger. Ich muss Ihnen sehr deutlich sagen: Über die Jahre gesehen ist das ein klarer Erfolg der Arbeit unserer Großen Koalition und – das muss einmal gesagt werden – ganz besonders unseres Ministers Alexander Dobrindt.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Für 2019 sind weniger Investitionsmittel eingestellt. Das ist aber keineswegs ein Rückfall. Denn durch die Umsetzung unserer Koalitionsbeschlüsse zur Lkw-Maut auf den Bundesstraßen kann der Bund dann über 2 Milliarden Euro zusätzliche Mittel generieren, die im Finanzplan noch nicht angesetzt sind.
Der Investitionshochlauf geht also über die Jahre weiter. Wir können in den nächsten Jahren das von Professor Bodewig und Dr. Daehre aufgezeigte Delta der Unterfinanzierung schließen. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist dann auch ein erfolgreicher Abschluss unserer Arbeit in der Koalition und macht Hoffnung auf die Fortsetzung einer guten Politik.
Entscheidend bleibt aber, dass vor allem mit Blick auf die Zukunftsinvestitionen des Bundes für die Jahre 2016, 2017 und 2018 jetzt tatsächlich mehr investiert wird. Nun müssen wir die Bundesländer bitten, ihre Planungen voranzutreiben, die Baureife herzustellen, kurzum: die Hausaufgaben zu machen. Für das, was die Grünen eben gesagt haben, gilt:
(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war gut, oder?)
Dabei lassen wir die Umgehungsstraßen im ländlichen Raum, die bitter notwendig sind, nicht von Ihnen in dieser Debatte diskreditieren.
(Beifall bei der CDU/CSU – Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Lesen Sie sich mal den Koalitionsvertrag durch!)
Eine verbesserte Finanzausstattung ist das eine in dieser Debatte zur Feststellung des Bundeshaushalts. Das andere ist: Wir haben in den beiden Jahren als Koalition schon viel erreicht, meine Damen und Herren. So haben wir als Koalition die überjährige Verfügbarkeit der Verkehrsinvestitionsmittel durchgesetzt, ganz im Sinne einer effizienten Verwendung der Gelder für unsere Verkehrsträger. Liebe Kolleginnen und Kollegen, für diese Praxis haben wir lange gekämpft. Das ist ein echter Fortschritt, und deshalb sollten wir auch konsequent daran festhalten.
Der Haushaltsausschuss des Bundestages hat zudem beschlossen, ab 2016 sämtliche Maut- und Steuermittel für den Bundesfernstraßenausbau durch die Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft, unsere VIFG, zu bewirtschaften. Ich nenne das ein starkes Signal für mehr Effizienz und Transparenz, mit Vorteilen für alle, vor allem für das Parlament. Es muss auch einmal gesagt werden, dass die bundeseigene Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft mit verhältnismäßig wenig Personal eine ganz hervorragende Arbeit leistet.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Nun zu den dringend notwendigen Erhaltungsinvestitionen: Für die Modernisierung unseres Schienennetzes stehen in diesem und in den nächsten Jahren sage und schreibe 28 Milliarden Euro zur Verfügung: 20 Milliarden vom Bund und 8 Milliarden aus Eigenmitteln der Bahn AG. Das ist ein absolutes Rekordniveau durch die Fortsetzung der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung Schiene. Damit können in den nächsten Jahren 875 Brücken voll- oder teilerneuert werden. Das ist eine gute Grundlage für die Zukunftsfähigkeit des Systems Schiene. Darüber hinaus generiert die Bahn AG bekanntlich auch Nutzungsentgelte, und ich stelle fest: Insgesamt gesehen ist das weiß Gott eine starke Finanzausstattung angesichts unserer Zielsetzung, hochleistungsfähige Mobilitätsnetze zu erhalten.
Für die dringende Brückenerneuerung beim Verkehrsträger Straße stehen in den nächsten Jahren 2,3 Milliarden Euro zur Verfügung. Angesichts der 50 000 Brückenbauwerke in der Baulast des Bundes müssen wir aber auch die Bitte äußern – und ich bedanke mich für Ihre Zusage, Herr Minister, die Sie heute Morgen gegeben haben; das war unüberhörbar –, die Erhaltungsmittel bei Bedarf weiter zu erhöhen. Denn Erhalt und Instandsetzung dieser Anlagen muss für uns oberste Priorität haben, und das hat sie auch.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
Zu den Zahlen, Frau Kollegin Wilms: Sie haben gesagt, es gebe mehr Neubau als Erhalt. Ich bitte Sie, die richtigen Zahlen zu verwenden. Im Bedarfsplan 2015 – das sind die Mittel, die wir jetzt als Verfügungsrahmen haben – haben wir 1,2 Milliarden Euro für den Ausbau und fast 2,9 Milliarden Euro für den Erhalt vorgesehen. Nach Adam Riese ist das ein Verhältnis von 30:70. Damit ist die klare Priorität: Erhalt vor Neubau.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
Auch die klare Perspektive unseres Ministers für die neue Generation von ÖPP-Projekten bedeutet im Ergebnis mehr Qualität und mehr Leistungsfähigkeit bei den Bundesfernstraßen und setzt gleichzeitig Wachstumsimpulse. Sie haben eben von den Vergütungsmechanismen gesprochen, die verbessert worden sind, Herr Kollege Kindler. Was der Bundesrechnungshof zu dem Wechsel der Verkehrsmengenprognose hin zur Verfügbarkeit der Konzessionsstrecken tatsächlich gesagt hat, würde ich gerne zitieren, Herr Präsident. Zitat: „Dadurch erhöht sich auch die Validität der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung.“
(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, aber es wird trotzdem nicht wirtschaftlich, sagt der Bundesrechnungshof! Sie müssen ihn schon richtig zitieren! Er sagt weiter, dass es nur wirtschaftlich wirken wird!)
Ich sage: Genau das wollen wir. Auch der verbesserte Leitfaden zur Wirtschaftlichkeitsuntersuchung, den wir gefordert haben, liegt mittlerweile vor.
In unserem Koalitionsvertrag haben wir weiter vereinbart, ÖPP mittelstandsfreundlicher zu gestalten.
(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ist ja nicht passiert!)
Der sehr geschätzte Kollege Sebastian Hartmann und ich sind federführend dabei, diese Zielsetzung gemeinsam umzusetzen.
Wer öffentlich-private Partnerschaften grundsätzlich ablehnt,
(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie müssen die Rechnungshofberichte einmal lesen, und zwar richtig!)
der möge sich doch einmal mit der Frage beschäftigen, verehrte Kollegen der Grünenfraktion, wie die Lage ohne die mit ÖPP ausgebauten Fernstraßen bzw. sich im Bau befindlichen Projekte wäre.
(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Solide Haushaltspolitik! Günstiger und gut!)
Auf der Straßenkarte für Deutschland wäre deutlich mehr Stau erkennbar,
(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist Quatsch!)
es gäbe deutlich mehr Engpässe und einen deutlich größeren volkswirtschaftlichen Schaden.
Man muss auch einmal daran denken, dass die Landesverwaltungen zu wenige Planungsressourcen haben. Politik beginnt ja bekanntlich mit der Wahrnehmung der Realität. Deshalb muss ich fragen: Wollen wir die Menschen tatsächlich zehn Jahr länger im Stau stehen lassen? Ich sage: Die Prüfung von ÖPP war und bleibt für uns richtig, absolut zielführend und unverzichtbar.
(Beifall bei der CDU/CSU – Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ist trotzdem unwirtschaftlich!)
In Bezug auf das Thema „Lärmschutz an Straße und Schiene“, auf das NIP, das Nationale Investitionsprogramm Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie, und auf andere innovative Projekte kann unsere Koalition zur Halbzeit feststellen, dass sie investiv auf einem guten Weg ist.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Herr Kollege Sendker, darf die Kollegin Hagedorn noch eine Zwischenfrage stellen?
Bitte schön, Frau Kollegin Hagedorn.
Sehr geschätzter Herr Kollege Sendker, Sie haben gerade eben einige Behauptungen zu ÖPP aufgestellt, über die es in diesem Hause durchaus geteilte Auffassungen gibt.
(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist es!)
Vor diesem Hintergrund möchte ich Ihnen sagen, dass ich mit Ihrem Kollegen Norbert Brackmann – andere Kollegen waren auch dabei – in diesem Sommer bei der asfinag in Österreich war. Die asfinag ist ja auch von Ihrem Kollegen Vaatz hier vorhin als vorbildlich gelobt worden. Dort gebe es manches, wovon wir lernen können. Das sehe ich übrigens genauso.
Fakt ist aber, dass sich die asfinag von PPP-Projekten verabschiedet hat, nachdem ein einziges Projekt durchgeführt wurde. Wir haben auch die Aussage der asfinag gehört, dass sie nicht vorhat, das weiterzuführen, und dass sie von PPP nichts hält.
Vor diesem Hintergrund möchte ich Ihnen sagen, dass wir als Rechnungsprüfungsausschuss den Minister und den Bundesrechnungshof gebeten haben, bis Ende dieses Jahres gemeinsam festzustellen, wie die Wirtschaftlichkeitsuntersuchung eines Vorhabens auszusehen hat, damit das Haus und der Bundesrechnungshof attestieren können, dass es in Ordnung und für PPP-Projekte geeignet ist. Wir haben im Koalitionsvertrag nämlich festgelegt, dass wir nur dann PPP-Projekte durchführen wollen, wenn sie sich als wirtschaftlicher erwiesen haben.
Frau Kollegin.
Sie sind im Moment noch nicht in der Lage, diesen Beweis zu führen.
(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt!)
Ich finde es nicht respektvoll von Ihnen, dass Sie nicht abwarten, bis diese Untersuchungen abgeschlossen sind.
(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Sehr verehrte Kollegin Hagedorn, Sie wissen, dass wir hier in Deutschland sehr positive Erfahrungen mit den ÖPP-Projekten gemacht haben, die abgeschlossen sind bzw. gerade laufen.
(Sabine Leidig [DIE LINKE]: Nein, eben nicht! – Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist falsch!)
Das zeigt zunächst einmal, dass die Projekte eine sehr gute Qualität haben. Deshalb frage ich: Was ist hier kritikwürdig? Außerdem wurden alle Projekte vorzeitig abgeschlossen – teilweise zehn Jahre eher als nach der Planung der Landesbauverwaltungen.
(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt auch nicht!)
Daneben ist zu betonen, dass die Landesverwaltungen die notwendigen Ressourcen teilweise gar nicht zur Verfügung stellen könnten. Es wäre sonst also gar nicht möglich, zu bauen.
Schließlich muss ich Ihnen sagen: All das, wovon ich eben gesprochen habe – der Ausbau von mittlerweile 700 Kilometern Straße in Deutschland; manches ist noch im Bau befindlich –, hätten wir ohne ÖPP nicht.
Der letzte Vorwurf kam von Herrn Kindler oder Frau Kollegin Dr. Wilms – meine Reaktion darauf darf ich in die Beantwortung Ihrer Frage mit einfließen lassen –, wonach mehr ausgegeben worden sei. Nach der Istberechnung des Ministeriums waren es tatsächlich ganze 7 Millionen Euro mehr und nicht 1,9 Milliarden Euro oder 1,4 Milliarden Euro. Diese 1,4 Milliarden Euro sind ja auf die Verkehrsmengenberechnung zurückgeführt worden. Der Bundesrechnungshof hat sehr deutlich gesagt – da sollten Sie einmal genau zuhören, Frau Kollegin –, das Ministerium liege schief.
(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Alles Schönreden! – Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie reden sich das schön!)
Wir stellen heute fest: Die Verkehrsmengenprognose war absolut richtig. Das gilt damit auch für die Istwerte.
Gewöhnen Sie sich einmal daran, Ihre ideologische Sicht ein klein wenig an die Seite zu rücken,
(Bettina Hagedorn [SPD]: Wer ist hier ideologisch gewesen? Ich bin Vorsitzende des Rechnungsprüfungsausschusses! – Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist völlig ideologisch! Eine ideologische Position haben Sie!)
verehrte Kollegen der Grünen, und den Blick für eine richtige Bewertung von öffentlich-privaten Partnerschaften freizubekommen, die uns in diesen Jahren deutlich weiterbringen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ich komme zurück zum NIP, dem Nationalen Innovationsprogramm Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie. Hier geht es uns darum, die Marktvorbereitung neuer Technologien zu beschleunigen. Daran müssen wir im Interesse deutscher Wettbewerbsfähigkeit konsequent festhalten.
Herr Präsident, ich komme zum Ende. – Die Verkehrspolitik dieser Regierung in Deutschland ist weder Hochstapelei noch Stillstand, sondern ein Investitionshochlauf, wie wir ihn in diesem Etat in einem Bundeshaushalt noch nicht erlebt haben. Was wir im Zusammenhang mit der Zukunftsfähigkeit unserer Verkehrsanlagen bereits erreichen konnten, zeigt, dass die Koalition richtig gut unterwegs ist. Ich freue mich daher auf die Ausschussberatungen und danke Ihnen für Ihre Frage und für Ihre Aufmerksamkeit.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Sebastian Hartmann [SPD])
Martin Dörmann ist der nächste Redner für die SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/5769680 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 122 |
Tagesordnungspunkt | Verkehr und digitale Infrastruktur |