Joachim PfeifferCDU/CSU - Aktuelle Stunde zur Antwort der Bundesregierung auf Frage 15
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zum wiederholten Male wird hier heute „Skandal!“ gerufen, werden Dinge, die längst bekannt sind, in einer Aktuellen Stunde hochgezogen. Um was geht es? Es geht darum, dass von 10 102 G36, deren Export im Zeitraum 2004 bis 2008 genehmigt wurde, durch ein technisches Versehen tatsächlich 1 393 G36 nicht im Rüstungsexportbericht 2008 auftauchen,
(Jan van Aken [DIE LINKE]: Darum geht es nicht! Nein! – Agnieszka Brugger [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben Sie nicht zugehört?)
weil sie dem Jahr 2007 zugeordnet waren und dann eben nicht im Bericht von 2008 aufgetaucht sind.
(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, aber das ist nicht der Hauptskandal!)
So wurde es heute Morgen ja auch im Ausschuss vorgetragen. An irgendwelchen Verschwörungstheorien, die Sie jetzt hier aufstellen, will ich mich überhaupt nicht beteiligen. Bereits 2009 wurde dem Abgeordneten Schäfer dieser Sachverhalt in einer schriftlichen Antwort dargestellt.
Ehrlich gesagt hätte ich mir viel mehr gewünscht, dass Sie heute hier eine Aktuelle Stunde beantragt hätten, die aktuelle Fragen thematisiert,
(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Das wäre ja mal was Neues!)
nämlich die Fragen: Wie können wir Fluchtursachen vor Ort bekämpfen?
(Heike Hänsel [DIE LINKE]: Genau! Rüstungsexporte! Stoppen Sie die Rüstungsexporte! – Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mit Waffenlieferungen, oder wie?)
Welche Rolle kann und muss die Außen- und Sicherheitspolitik dort spielen? Sie sollten sich nicht wegducken, ins Schneckenhaus zurückziehen und sagen: Das geht uns nichts an. -
(Karin Binder [DIE LINKE]: Wer duckt sich denn weg?)
Sie sollten die Diskussion führen: Wie können wir dort, wo Menschen bedroht sind – wir haben es dieses Jahr beim IS in Kurdistan und anderswo schon getan –,
(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was?)
mit Rüstungsexporten, mit deutscher Sicherheitstechnik, auch deutschen Waffen, dafür sorgen, dass Stabilität und Frieden erhalten werden, dass Menschen nicht umgebracht werden?
(Karin Binder [DIE LINKE]: Destabilisierung wird damit praktiziert!)
Diese Diskussion sollten wir heute mal führen,
(Beifall bei der CDU/CSU – Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sagen Sie das den Eltern der Ermordeten!)
nicht eine rückwärtsgewandte Diskussion, die an Absurdität wirklich nicht zu überbieten ist.
Da stellt sich die Frage: Was ist Deutschlands Rolle?
(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mehr Waffen!?)
Welche Rolle wollen wir in Europa spielen? Ich glaube, wir würden uns übernehmen, wenn wir Deutschen allein eine Antwort finden wollten. Deshalb ist es richtig, dass sich die Ministerien jetzt verständigt haben und sagen: Wir streben eine europäische Harmonisierung an. – Wir müssen uns darüber klar werden: Welche Technologien brauchen wir in Europa, welche brauchen wir in Deutschland?
Nehmen wir einen aktuellen Fall, den Sie auch schon wieder skandalisiert haben: Krauss-Maffei und Nexter, die jetzt fusionieren.
(Agnieszka Brugger [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nehmen wir doch mal den aktuellen Fall, den wir diskutieren: Mexiko! Sagen Sie doch mal was zu Mexiko!)
Selbstverständlich werden noch die Lieferungen von Technologien abgewickelt, für die französische Genehmigungen, für die deutsche Genehmigungen vorliegen.
Wir sollten uns fragen: Wie geht es denn zukünftig weiter? Was ist die europäische Antwort? Ich glaube, wenn wir es ernst damit meinen, dass wir Fluchtursachen so bekämpfen wollen, dass die Menschen erst gar nicht hierherkommen müssen, dann müssen wir dies anders tun, als wir es in der Vergangenheit getan haben.
(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Indem wir Waffen liefern! Waffen liefern! Immer mehr Waffen liefern! Das ist es!)
– In der Tat! Da ist auch die Frage: Welche Rolle können deutsche Sicherheitsgüter bei der Sicherung des Friedens dort spielen?
(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, Herr Hauptmann!)
Diese Diskussion ist zu führen. Rüstungsexporte sind ein legitimes Instrument der Außen- und Sicherheitspolitik; sie gilt es entsprechend abzuwägen.
Hier wurde die Diskussion zu Mali geführt. In Mali bilden wir die Polizei und auch andere Sicherheitskräfte aus
(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Das ist auch richtig so!)
und sagen ihnen, dass sie dort das Gewaltmonopol des Staates wiederherstellen und erhalten sollen, damit dort nicht der IS oder irgendwelche vergleichbaren Gruppen die Macht übernehmen
(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die haben Sie erst da hingetrieben!)
und die Menschen umbringen. Wir sagen: Wir bilden euch aus, aber die notwendigen Sicherheitstechnologien, auch Waffen, liefern wir euch nicht. – Das ist aus meiner Sicht doch verlogen, um es in aller Deutlichkeit zu sagen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Hört! Hört!)
Insofern müssen wir uns hier mal ehrlich machen und überlegen, was denn unsere Position ist, was unsere Vorstellungen sind. Unsere Position muss eine andere sein als in der Vergangenheit.
Sie versuchen, alles zu skandalisieren. Für mich sind Rüstungsexporte und auch Waffenexporte nicht per se schlecht,
(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nee, eigentlich sehr gut, oder?)
sondern ein Instrument, das wir einsetzen müssen. Wir werden das Problem der aktuellen Flüchtlingsströme
(Karin Binder [DIE LINKE]: Die haben Sie doch erst erzeugt!)
und die Flüchtlingsfragen nicht in Deutschland und Europa allein lösen; sie müssen auch vor Ort, im Nahen Osten und in Afrika, gelöst werden.
(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sagen Sie das den Eltern der Ermordeten!)
Diese Diskussion hätten wir heute hier führen sollen. Wir brauchen nicht den Popanz, den Sie hier zum wiederholten Male aufbauen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Vielen Dank, Herr Kollege Pfeiffer. – Nächste Rednerin in der Debatte: Agnieszka Brugger für die Grünen.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/5842687 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 123 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde zur Antwort der Bundesregierung auf Frage 15 |