Bernd WestphalSPD - Aktuelle Stunde zur Antwort der Bundesregierung auf Frage 15
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Worum geht es in dieser Aktuellen Stunde? Im Jahr 2008 wurden 1 393 nach Mexiko exportierte G36-Gewehre im Rüstungsexportbericht des Wirtschaftsministeriums unter der Verantwortung des damaligen Ministers Michael Glos nicht registriert. Deshalb ist es unredlich, den jetzigen Wirtschaftsminister für dieses Versäumnis verantwortlich zu machen. Es ist jedoch unsere Aufgabe, diesen Vorfall aufzuklären und dafür zu sorgen, dass so ein Versäumnis nicht wieder vorkommt. Diesen Anspruch muss ein Parlament haben.
(Beifall bei der SPD)
Nach den Informationen des Ministeriums, die uns bis heute vorliegen, ist im Jahr 2008 eine Genehmigung nach dem Kriegswaffenkontrollgesetz aus dem Jahr 2007 zur Ausfuhr von G36-Gewehren nach Mexiko erweitert worden. Für den Rüstungsexportbericht des Jahres 2007 konnten diese Lieferungen nicht mehr berücksichtigt werden, da die Erhebung bereits abgeschlossen war, und für 2008 wurden diese zusätzlichen Lieferungen nicht erfasst, weil sie aus der Ursprungsgenehmigung von 2007 resultierten. So ein Fehler hätte nicht passieren dürfen. Wenn wir vom Wirtschaftsministerium einen Rüstungsexportbericht hier im Parlament vorgelegt bekommen, müssen wir als Abgeordnete davon ausgehen, dass er vollständig und verlässlich ist.
(Beifall bei der SPD)
Wie es nun 2007 und 2008 war, hat die Staatssekretärin hier meiner Meinung nach gut vorgetragen. Das ist sicherlich nicht in Ordnung gewesen; das hat sie zugegeben. Aber dieser Fall taugt nicht zur Skandalisierung, wie es meine Vorredner hier versucht haben.
(Jan van Aken [DIE LINKE]: Stimmt ja gar nicht! – Heike Hänsel [DIE LINKE]: Davon hat niemand bei uns gesprochen! – Agnieszka Brugger [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein! Es geht doch um die Statistik!)
Damit sich so ein Fall in Zukunft nicht wiederholt, sind erste Maßnahmen, auch beim BAFA, getroffen worden. Eine Erweiterung von bereits erteilten Ausfuhrgenehmigungen ist grundsätzlich nicht mehr zulässig. Ich denke, die Maßnahmen, die das Ministerium unter der Leitung von Sigmar Gabriel hier getroffen hat, kann man nur begrüßen.
Aber was auch zur Wahrheit gehört, ist, dass bereits die Fragen hier im Parlament zu diesem Fall 2009 – damals auf Anfrage des Abgeordneten Paul Schäfer von den Linken – beantwortet wurden. Der damalige Staatssekretär hat die genauen Stückzahlen genannt, bei denen versäumt wurde, sie im Rüstungsexportbericht aufzuführen. Ich denke, das ist etwas, was man mit erläutern muss.
Ebenso muss darauf hingewiesen werden, dass die Bundesregierung seit einigen Jahren die Bearbeitung von Ausfuhrgenehmigungsanträgen im Hinblick auf Kleinwaffen für Mexiko ganz ausgesetzt hat, weil es genau die genannten Gründe gibt, diese Waffen nicht in diese Region zu liefern.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, durch die neuen Transparenzmaßnahmen, die wir in dieser Legislaturperiode eingeführt haben, werden das Parlament und die Öffentlichkeit rechtzeitig und umfassend informiert. Dieser Rüstungsexportbericht wird zeitnah und zweimal im Jahr veröffentlicht. Das ist eine neue Entwicklung und bedeutet eine wesentliche Verbesserung gegenüber der bisherigen Praxis, dass die Veröffentlichung anderthalb Jahre gebraucht hat. Durch die Änderung der Geschäftsordnung werden nun auch die Entscheidungen des Bundessicherheitsrates dem Parlament und dem Wirtschaftsausschuss zeitnah mitgeteilt. Die Transparenz bei Exporten von deutschen Rüstungsgütern wurde damit erheblich verbessert.
Es zeigt sich, dass die bisherigen Mechanismen funktionieren. Ich denke, dass hier den berechtigten Interessen des Parlaments und der Öffentlichkeit Rechnung getragen wird, aber ich sage auch ganz deutlich: Wir dürfen an diesem Punkt nicht stehen bleiben. Auch hier brauchen wir eine Weiterentwicklung.
(Beifall bei der SPD)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Bundesregierung hat im Juli 2015 auf Vorschlag des Bundesministers Sigmar Gabriel Eckpunkte für eine neue Regelung zur Kontrolle des Endverbleibs von Rüstungsgütern beschlossen, die sogenannten Post-Shipment-Kontrollen. Es gilt der Grundsatz „Alt gegen Neu“. Daneben soll künftig nachträglich vor Ort im Empfängerland auch die Ausfuhr von Kleinwaffen in Drittstaaten kontrolliert werden. Empfänger von Waffen in Drittländern müssen sich künftig in den geforderten Endverbleibserklärungen mit Kontrollen vor Ort einverstanden erklären. Die Vorbereitung und die Durchführung erfolgen durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle.
Die Bundesregierung hat sich in Bezug auf die Exporte von Rüstungsgütern für eine strikte, restriktive Politik ausgesprochen. Dies ist im Koalitionsvertrag auch so verankert worden, ebenso wie die politischen Grundsätze von 2000 über Rüstungsexporte. In den Koalitionsverhandlungen wurde darüber hinaus ausdrücklich festgestellt, dass diese politischen Grundsätze weiterhin Gültigkeit haben. Auf dieser Grundlage gibt es ebenfalls einen europäischen gemeinsamen Standpunkt, der sich diesem Thema widmet, sodass diese Regeln ebenfalls gelten.
Vor allem hinsichtlich der Genehmigung von Kleinwaffen ist in den aktuellen Berichten zu sehen, dass diese politischen Maßnahmen greifen und es erhebliche Reduzierungen gab. Das Volumen der genehmigten Exporte von Kleinwaffen an Drittländer betrug im Jahr 2014 rund 22 Millionen Euro. Dieses ist auf 15 Millionen Euro reduziert worden. Daran sieht man, dass schon eine Wirkung eingetreten ist.
Durch die sozialdemokratische Regierungsbeteiligung gibt es erfreuliche Fortschritte bei der Reduzierung und der Kontrolle von Rüstungsgütern. Deshalb werden wir den Wirtschaftsminister Gabriel auf diesem Weg weiter unterstützen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Vielen Dank, Herr Kollege Westphal. – Nächster Redner in der Debatte: Hans-Christian Ströbele für Bündnis 90/Die Grünen.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/5842784 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 123 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde zur Antwort der Bundesregierung auf Frage 15 |