Frank SchwabeSPD - Aktuelle Stunde zur Antwort der Bundesregierung auf Frage 15
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Damen und Herren! Ich finde, dass dies in der Tat eine richtige und wichtige Debatte ist. Es ist gut, dass wir sie hier führen. Es ist schon Werbung für den Film, der heute Abend läuft und den auch ich sehr gut finde, gemacht worden. Ich glaube, Schleichwerbung kann man uns nicht unterstellen. So viele schauen sich die Debatte wahrscheinlich nicht an. Aber es ist eine wichtige Debatte.
Es ist auch wichtig, Herr van Aken – das war auch bei Ihnen, Frau Brugger, ein bisschen so –, dass wir zwischen Fiktion und Wirklichkeit unterscheiden. Es ist eben ein Film, und nicht alles, was darin vorkommt, entspricht am Ende der Wahrheit.
Es gibt ein paar Hinweise, dass es Verquickungen gab, die untersucht werden müssen.
(Agnieszka Brugger [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! Sehr konkrete Hinweise!)
Es gibt in Deutschland aber die Gewaltenteilung, und letzten Endes sind die Gerichte dafür zuständig, genau zu untersuchen, um was es sich dabei handelt.
Der Menschenrechtsausschuss des Deutschen Bundestages wird in einigen Tagen nach Mexiko reisen. Eigentlich steht die Reise unter der Überschrift Wirtschaft und Handel im Zusammenhang mit Menschenrechten, aber natürlich werden wir uns die Lage vor Ort ansehen. Wir werden der Frage nachgehen, was dort passiert ist, und wir werden uns vor allen Dingen damit befassen, wie das eigentlich in Zukunft wird.
So gut es ist, dass es jetzt neue Regelungen gibt: Zentral ist, glaube ich, am Ende, dass diese Regeln auch kontrolliert werden. Das wird der Lackmustest sein, ob das, was es jetzt an guten neuen Grundsätzen gibt, dann auch mit Leben gefüllt wird.
Sigmar Gabriel und auch die Sozialdemokratische Partei stehen dafür, dass es eine strengere Rüstungskontrolle geben soll. Damit hat er nicht nur Panzer, Raketen und U‑Boote gemeint, sondern vor allen Dingen sogenannte Kleinwaffen. Man wundert sich immer über den Begriff „Kleinwaffen“. Wenn man diese Waffen sieht, zeigt sich, dass es alles andere als kleine Waffen sind. Ein Zitat von Sigmar Gabriel vom Mai: Es sind Kleinwaffen, die in Bürgerkriegen die meisten Menschenleben kosten.
In der Tat, darüber wird zu diskutieren sein. Aber Sigmar Gabriel, die Sozialdemokratie und die gesamte Bundesregierung werden sich daran messen lassen müssen, und dazu muss man eine entsprechende Bilanz vorlegen.
Ich finde, das, was Sigmar Gabriel dazu gesagt hat, hebt sich wohltuend von manchen Debattenbeiträgen ab, die auch heute in diesem Hause gehalten wurden, und damit meine ich durchaus mehrere Fraktionen.
(Manfred Grund [CDU/CSU]: Vielen Dank! Das musste einmal gesagt werden, oder?)
– Bitte sehr.
Heute Abend gibt es den Themenabend mit dem Film „Meister des Todes“ in der ARD. Ich will noch einmal sagen, dass es ein sehenswerter, spannender und wichtiger Film ist. Wir hatten über Amnesty International eine Art Vorpremiere im Deutschen Bundestag organisiert. Dabei hat Rainer Arnold, unser verteidigungspolitischer Sprecher, für die Sozialdemokraten gesprochen. Es ist mir auch wichtig, dass wir zwischen den Menschenrechtlern und denjenigen unter den Wirtschaftspolitikern, Verteidigungspolitikern und Außenpolitikern, die für Lateinamerika zuständig sind, eine gemeinsame Linie haben. Er hat deutlich gemacht, dass es auch bei Waffenexporten verteidigungspolitische Interessen gibt. In dieser Ansicht unterscheiden wir uns unter den Fraktionen im Haus. Aber es ist keine zentrale wirtschaftspolitische Frage, und es darf auch keine zentrale wirtschaftspolitische Frage sein. Ich glaube, es wäre falsch, wenn wir die Dinge so diskutieren würden.
(Beifall bei der SPD)
Auch das muss ehrlich gesagt werden – dabei bricht einem kein Zacken aus der Krone –, dass beim Export von Waffen nach Mexiko ziemlich viel schiefgegangen ist. Das ist ganz offensichtlich. Dabei gab es anscheinend kriminelle Energie, und das muss juristisch aufgearbeitet werden. Dazu kommt – das ist aber eine andere Frage – ein Dokumentationsversäumnis der Bundesregierung, das von der Staatssekretärin auch offen eingeräumt wurde – auch dabei bricht einem kein Zacken aus der Krone –, dass es scheinbar keine bewusste Verschleierung sein sollte, sondern eher sozusagen ein Fehler im System war. Das wird angesichts der Dimension der Zahlen etwas deutlicher. Dass man die Lieferung von 8 000 oder 9 000 Waffen eingesteht und 1 300 verschleiern wollte, macht für die öffentliche Debatte keinen Sinn.
Kleinwaffen – um auch das noch einmal klarzumachen – töten jedes Jahr bis zu einer halben Million Menschen. Das heißt, ungefähr 1 000 Menschen pro Tag sterben durch Kleinwaffen. Weltweit gibt es 900 Millionen Kleinwaffen, und viele davon sind in der Tat in den falschen Händen. Dort sind sie irgendwie hingekommen, und deswegen muss man beim Export ganz vorsichtig sein. Heide Simonis hat sie als frühere Vorsitzende von UNICEF Deutschland als „Massenvernichtungswaffen unserer Zeit“ bezeichnet.
Tatsache ist, dass mit Kleinwaffen aus Deutschland in Teilen der Welt großes Unheil angerichtet wurde. Das hat etwas damit zu tun, dass die Regeln und die Kontrolle nicht gestimmt haben. Beides hat nicht funktioniert. Deswegen ist es gut – das ist schon angesprochen worden –, dass es neue Grundsätze für den Export von Kleinwaffen gibt, nämlich den Grundsatz „Neu für Alt“, der auch wirklich effizient umgesetzt werden muss – es muss eine effiziente Endverbleibskontrolle geben –, und dass zum Beispiel nach Mexiko zurzeit überhaupt keine Waffen geliefert werden, weil nicht sicherzustellen ist, in welchen Händen die Waffen in Mexiko landen.
Wenn wir in Mexiko sind, werden wir sicherlich auch den Militärattaché treffen. Ich habe schon den einen oder anderen Militärattaché getroffen und war mir nie ganz sicher, wie er seine Aufgabe sieht. Ich finde, die erste Aufgabe eines Militärattachés muss sein, für die Rüstungsexportkontrolle zu sorgen und sie entsprechend effizient umzusetzen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Heike Hänsel [DIE LINKE]: Meistens für die Deals!)
Vielen Dank, Kollege Schwabe. – Nächster Redner in der Aktuellen Stunde: Helmut Nowak für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/5842815 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 123 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde zur Antwort der Bundesregierung auf Frage 15 |