24.09.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 124 / Tagesordnungspunkt 3

Bärbel KoflerSPD - Regierungserklärung zum Informellen Treffen der EU-Regierungschefs und zum VN-Nachhaltigkeitsgipfel

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Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Viele Vorredner sind auf das Thema Flucht eingegangen, das uns alle berührt. Die Bilder, die wir sehen, und die Situation, in der die Menschen dort leben und die sie erleiden müssen, berühren uns, glaube ich, alle – sowohl hier im Land als auch in Europa. Viele Menschen müssen in den Flüchtlingslagern seit Jahren unter wirklich schrecklichen Umständen existieren.

Das Entscheidende für dieses Wochenende und, ich glaube, auch in dieser Debatte ist, dass wir uns dauerhaft dafür einsetzen müssen, die Flucht von morgen zu vermeiden.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Genau dazu dient der Nachhaltigkeitsgipfel, genau dazu dienen die 17 Ziele. Es ist unsere Aufgabe, diese Ziele in ganz konkrete Handlungsschritte und eine ganz konkrete Politik zu übersetzen.

(Beifall bei der SPD)

Ich versuche, das einmal an ein paar Beispielen deutlich zu machen:

Wir haben 17 Nachhaltigkeitsziele aufgeschrieben. Dabei geht es ganz global um die Themen „Extreme Armut abschaffen“, „Bildung und Gesundheit für Menschen“, „Menschenwürdige Arbeit“, „Die Grenzen des Planeten respektieren und einhalten“ und – das ist neu – „Die Bekämpfung von Ungleichheit auf diesem Planeten“. Das halte ich für eine ganz zentrale Aufgabe dieses Prozesses, die mit den SDGs verbunden ist. Daran können wir uns nämlich messen lassen, ob es uns gelingt, die Armut wirklich nachhaltig zu bekämpfen.

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Sabine Weiss (Wesel I) [CDU/CSU])

In Ziel 10 geht es um das Thema Ungleichheit. Dabei geht es auch um die Staatlichkeit, also darum, dass Staaten existieren können, dass sie eine administrative, finanzielle und wirtschaftliche Basis haben, um ihren Menschen Schutz, Bildung und Nahrung bieten zu können und um Arbeitsplätze schaffen und wirtschaftliche Wertschöpfung erzielen zu können.

Es muss uns gelingen, unser Verhalten hier in unseren Handelsbeziehungen zu ändern. Ich möchte das betonen: Wir brauchen verbindliche Standards in unseren Handelsverträgen mit unseren Partnern, mit denen wir Transparenz bei Rohstoffentnahmen, die Einhaltung von Arbeitnehmerschutzrechten und Kernarbeitsnormen und das Verbot von Kinderarbeit einfordern. Das muss sanktionierbar und in all unseren Handelsverträgen verbindlich sein. Nur daran können wir uns messen lassen, ob wir hier einen Beitrag zur Bekämpfung der Ungleichheit leisten.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Klaus Ernst [DIE LINKE] – Max Straubinger [CDU/CSU): Dann müssen Sie aber für TTIP sein!)

Es geht also um das Ziel einer friedlichen, inklusiven Gesellschaft, die Institutionen aufbaut – genau das ist in den SDGs gefordert –, damit die Staaten ihren Menschen all das bieten können. Was braucht man dazu als Staat? Man braucht – das haben wir in den Haushaltsberatungen erlebt – vernünftige Mittel und Einnahmen. Es geht also auch um die Steuereinnahmen der Staaten und um die Frage, wie wir Steuerflucht bzw. Steuerhinterziehung verhindern können und welche Beiträge wir hier leisten, damit Steuerhinterziehung den ärmsten Ländern der Erde nicht die wirtschaftliche Grundlage für ihr Handeln entzieht.

(Beifall bei der SPD)

Weiter geht es darum, menschenwürdige Arbeitsbedingungen – Ziel Nummer 8 der SDG-Agenda – umzusetzen. Es geht darum, dass Menschen, die hart arbeiten, von dieser Arbeit leben können. Die ILO hat Anfang dieses Jahres Zahlen herausgebracht, die uns alle erschüttern müssen. Fast 900 Millionen Menschen auf diesem Planeten arbeiten Vollzeit und verdienen unter 2 Dollar am Tag. Das entspricht der Definition für Armut bzw. extreme Armut. Das kann nicht das sein, was wir auf diesem Planeten befördern, um Menschen aus Armut zu erlösen. Wir brauchen vernünftige Arbeitsbedingungen und Mindeststandards. Ich betone es noch einmal: Wir müssen sie in Handelsverträgen verankern, sonst sind sie nur auf dem Papier beschlossen.

Wir müssen uns in den nächsten Wochen und Monaten darum kümmern, dass gute Messzahlen, gute Indikatoren und gute Implementierungsmechanismen entwickelt werden, damit wir all das, was an diesem Wochenende richtigerweise in New York von der Staatengemeinschaft beschlossen wird, auch wirklich in Handeln umgesetzt wird.

Die Nachhaltigkeitsziele sind ambitioniert und auch komplex. Nun ist es sicher schwierig, sie immer wieder in der öffentlichen Debatte am Leben zu erhalten; aber sie sind unverzichtbar. Sie sind die einzige Chance, wenn wir Elend, wie wir es heute in vielen Bildern aus Flüchtlingslagern sehen, in Zukunft vermeiden wollen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Vielen Dank, Frau Kollegin. – Schönen Vormittag von hier aus. Es gab gerade einen fliegenden Wechsel. Ich grüße Sie recht herzlich, grüße auch die Gäste auf unserer Tribüne und rufe die nächste Rednerin in der Debatte auf: Kollegin Sabine Weiss für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/5847706
Wahlperiode 18
Sitzung 124
Tagesordnungspunkt Regierungserklärung zum Informellen Treffen der EU-Regierungschefs und zum VN-Nachhaltigkeitsgipfel
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