24.09.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 124 / Tagesordnungspunkt 3

Jürgen KlimkeCDU/CSU - Regierungserklärung zum Informellen Treffen der EU-Regierungschefs und zum VN-Nachhaltigkeitsgipfel

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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch ich möchte der Bundeskanzlerin noch einmal ein ausdrückliches Dankeschön dafür sagen, dass sie in dieser Debatte über die Nachhaltigkeitsziele gesprochen hat, einerseits deshalb, weil das ein gutes Signal für das Wochenende ist, und andererseits dafür, dass sie auch persönlich in New York dabei sein wird. Wir waren mit dem Unterausschuss Vereinte Nationen kürzlich in New York, und auch dort war es schon ein Thema, dass dies ein hervorragendes Signal ist.

Wir hatten in den vergangenen Monaten eine heterogene Debatte zu der Tragfähigkeit der neuen Ziele. Für 2015 gab es acht Ziele, von denen nur zwei oder drei, wenn überhaupt, richtig erreicht worden sind. Jetzt gibt es 17 Ziele mit 169 Unterzielen. Das ist eine Herausforderung. Es geht auch nicht um einen Eckpunkt oder darum, das Ganze jetzt zu beenden, sondern um eine Roadmap bzw. eine Agenda für die nächsten Jahre. Es ist im Übrigen unsere Agenda. Es ist nicht nur eine To-do-Liste für die Entwicklungszusammenarbeit, sondern wir müssen alle dahinterstehen. Wir alle müssen als Entwicklungspolitiker für eine kohärente Politikgestaltung sorgen, zum Beispiel auch in unseren Ministerien. Wir müssen die Verbände und die Wissenschaft, aber vor allem auch die Privatwirtschaft und die Zivilgesellschaft einbeziehen; das ist ganz wichtig. Denn wir wollen mit den neuen Entwicklungszielen nicht nur Armut und Krankheit bekämpfen – „nur“ ist relativ zu verstehen –, sondern auch die Globalisierung sozial und ökologisch nachhaltig gestalten und damit auch auf die akute Flüchtlingssituation reagieren.

Wir wollen auch den Bereich der Geber- und der Nehmerländer neu aufstellen. Wir wollen nicht mehr von Gebern und Empfängern, sondern von Partnerländern sprechen und damit der Eigenverantwortung aller Staaten für die eigene Entwicklung einen höheren Stellenwert geben; das begrüßen wir ganz ausdrücklich. Gleichzeitig schreiben die neuen Ziele erstmals nachhaltige und globale Entwicklungsvorhaben für alle Unterzeichner vor. Somit werden mit den neuen Zielen klare Erwartungen an die bisherigen Geberländer insbesondere in den Bereichen Klimaschutz, Produktion und Konsumgewohnheiten formuliert.

Für die Erreichbarkeit und die Akzeptanz der Entwicklungsziele kommt es darauf an – ich möchte das betonen –, dass wir alle an einem Strang ziehen. Ob dies in der Breite möglich sein wird, wird man in den nächsten Jahren sehen. Für den schnellen Erfolg im Verhandlungsprozess war die Inflation von Zielen und Unterzielen zwar ein gutes Rezept. Aber in der Umsetzung muss sich das erst beweisen.

Deutschland ist eigentlich gut aufgestellt. Wir leisten mit unseren Entwicklungsprojekten bereits sehr intensiv Hilfe vor Ort. Die Schaffung einer wirtschaftlichen Grundlage in den Entwicklungsländern ist ein wichtiges Instrument. Wer eine gute Arbeit in seiner Heimat hat und für seine Familie sorgen kann, wird sich nicht auf eine gefährliche und teure Flucht begeben. Wir müssen zusätzlich nachhaltige und langfristige Investitionen tätigen, insbesondere im Bildungsbereich. Das duale System ist ein Erfolgsschlager. Mit einer entsprechenden Kooperation in den Entwicklungsländern sorgen wir dafür, dass Menschen eine berufsnahe Ausbildung bekommen und damit für sich selbst Licht am Ende des Tunnels und eine Zukunft sehen.

Lassen Sie mich noch ein Beispiel zur Einbindung der Privatwirtschaft nennen, die Corporate Social Responsibility, also die Unternehmensverantwortung. Unsere Privatwirtschaft soll künftig unter fairen Bedingungen in den Entwicklungsländern produzieren. Das von Minister Müller initiierte Bündnis im Textilbereich ist ein gutes Beispiel dafür; denn hier handelt es sich um eine Kooperation von Partnerländern, nämlich des Entwicklungslandes mit dem Land, aus dem das privatwirtschaftliche Unternehmen stammt. Das Entwicklungsland hat die Verantwortung, soziale Standards, beispielsweise vernünftige Arbeitsbedingungen für Frauen, zu schaffen. Zudem binden wir die Verbraucher in Deutschland ein. Erstens. Die Verbraucher sehen auf diese Weise, dass ihr Geld, das Entwicklungsgeld, gut angelegt ist und „unten“ ankommt. Zweitens können die Verbraucher, wenn sie „social made“, also unter guten sozialen Bedingungen produzierte Textilien kaufen, einen eigenen Beitrag dazu leisten – genauso wie bei Bio- und Fairtradeprodukten –, dass das soziale Engagement in den Entwicklungsländern honoriert wird. Dies ist also ein hervorragendes Beispiel für die Zusammenarbeit in den nächsten Jahren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Lassen Sie mich einen anderen Punkt ansprechen. Wir haben an der Finanzierungskonferenz im Entwicklungsbereich in Addis Abeba teilgenommen. Dort haben wir insbesondere von deutscher Seite besonders intensiv neue Punkte angesprochen. Wir müssen funktionierende Steuer- und Zollsysteme in den Entwicklungsländern voranbringen. Es kann nicht sein, dass bei uns die öffentlichen Einnahmen 30 Prozent des Bruttoinlandsprodukts ausmachen, während es in den Entwicklungsländern in der Regel noch nicht einmal 10 Prozent sind. Nein, auch da müssen Steuern gezahlt werden. Dafür müssen entsprechende Systeme eingeführt werden. Zudem muss die Korruption bekämpft werden; das ist in diesem Zusammenhang ebenfalls ein wichtiger Punkt.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, wir sind gut aufgestellt. Deutschland hat in diesem Zusammenhang klare Bekenntnisse und klare Maßnahmen formuliert. Außerdem darf ich in Bezug auf Entwicklungsziele bis zum Jahr 2030 sagen: Wir schaffen auch das.

Danke sehr.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/5847776
Wahlperiode 18
Sitzung 124
Tagesordnungspunkt Regierungserklärung zum Informellen Treffen der EU-Regierungschefs und zum VN-Nachhaltigkeitsgipfel
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