Matthäus StreblCDU/CSU - Befristete Arbeitsverhältnisse
Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Schlagzeilen über die Postbotin aus Wittenburg, die über 17 Jahre befristete Arbeitsverträge hatte, haben wir alle noch in guter Erinnerung.
(Ulli Nissen [SPD]: In guter?)
Sie hat innerhalb von 17 Jahren 88 befristete Arbeitsverträge erhalten. Dieser Fall sorgte bei allen Parteien für Unverständnis und Ärger. Dieses missbräuchliche Verhalten entspricht nicht unseren Positionen und Grundsätzen. Die Rechtsprechung hat aber diesen Kettenbefristungen inzwischen Grenzen gesetzt.
Heute befassen wir uns erneut mit Anträgen der Fraktion Die Linke zu befristeten Arbeitsverträgen, darunter der Antrag „Das unbefristete Arbeitsverhältnis zur Regel machen“. Wenn man sich die aktuellen und auch die vergangenen Zahlen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung anschaut, dann kann man zweifelsfrei feststellen, dass befristete bzw. atypische Arbeitsverhältnisse die Ausnahme darstellen. Nach einer Studie des IAB lag 2014 der Anteil der befristeten Arbeitsverträge in Deutschland bei 6,9 Prozent. Das bedeutet umgekehrt, dass weit über 90 Prozent aller Arbeitsverträge unbefristet sind. Aufgrund dieser Zahlen werden Sie mir doch zustimmen, dass befristete Arbeitsverträge tatsächlich eher eine Ausnahme sind.
Befristete Beschäftigungen sind für viele Unternehmen – so möchte ich behaupten – unverzichtbar. Sie dienen insbesondere dazu, familienbedingte oder temporäre Arbeitszeitreduzierungen auszugleichen. Sachliche Gründe für eine Befristung können entstehen, wenn Eltern- oder Pflegezeiten, Zeiten des Mutterschutzes oder Erkrankungen kompensiert werden müssen.
(Kathrin Vogler [DIE LINKE]: Das hat Herr Ernst schon alles vorgetragen! Das akzeptieren wir auch!)
Der Arbeitnehmer kann wie in jedem anderen Arbeitsverhältnis seine Fähigkeiten erweitern, sich im Betrieb einsetzen und dadurch mit seinen Kenntnissen überzeugen.
Eine Übernahme in ein unbefristetes Verhältnis ist nicht garantiert. Aber selbstverständlich kann sich der Arbeitnehmer im Unternehmen bewähren. 2014 lag die Übernahmequote bei befristet Beschäftigten bei 37,5 Prozent. Natürlich wünsche ich mir, dass sich diese Quote steigern lässt. Selbstverständlich halte auch ich unbefristete Arbeitsverhältnisse für Arbeitnehmer als sicherer. Dennoch dürfen wir nicht vergessen, dass befristete Arbeitsverträge auch dazu dienen können, Arbeitslosigkeit zu beenden. In Deutschland gibt es trotz des Erfolgsmodells der dualen Ausbildung Menschen ohne Ausbildung. Zudem können Hochschulabsolventen ohne Berufserfahrung erste Erkenntnisse erwerben und Unternehmensstrukturen kennenlernen. Befristete Arbeitsverträge erhöhen die Einstellungsmöglichkeiten für diese Beschäftigten. Deshalb halte ich befristete Arbeitsverhältnisse für ein wichtiges arbeitsmarktpolitisches Instrument, das nicht nur Unternehmen und dem öffentlichen Dienst dient.
Ich sehe die Gefahr, dass die von Ihnen geforderte Abschaffung der sachgrundlosen Befristung viele Arbeitgeber zögern lassen wird, Beschäftigte mit unterbrochenen Erwerbsbiografien einzustellen. Zudem fordern Sie, den Gesetzestext so zu ändern, dass § 14 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes ausschließlich abschließend Gründe auflistet. Ich möchte hervorheben, dass der nicht abschließende Katalog in § 14 keine unbegrenzte Öffnung für weitere Befristungen darstellt. Jeder Grund für eine Befristung muss sachlich gerechtfertigt sein. In Ihrem Antrag kritisieren Sie, dass besonders junge Menschen von befristeten Arbeitsverträgen betroffen sind. Hierbei übersehen Sie jedoch, dass insbesondere in der Altersgruppe der 15- bis unter 25-jährigen Beschäftigten auch Ausbildungsverhältnisse mitgezählt wurden. Zudem argumentieren Sie – ich zitiere aus Ihrem Antrag –:
Für die Qualität von Arbeit ist es entscheidend, ob ein Arbeitsvertrag befristet ist oder nicht.
Damit unterstellen Sie allen befristet eingestellten Beschäftigten, dass sie nicht so gut arbeiten wie unbefristet eingestellte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
(Kathrin Vogler [DIE LINKE]: Was ist das denn? Das ist absurd!)
Herr Kollege, Frau Kollegin Krellmann möchte eine Zwischenfrage stellen. Wenn Sie den nächsten Satz Ihrer Rede noch zu Ende sprechen, können Sie überlegen, ob Sie diese Zwischenfrage zulassen wollen.
Herr Präsident, ich will gerne zusammenhängend vortragen.
Okay.
Diese Unterstellung möchte ich als Mitglied der CDU/CSU-Arbeitnehmergruppe entschieden zurückweisen. Die Qualität einer Arbeitsleistung hängt keineswegs davon ab, ob das Arbeitsverhältnis befristet oder unbefristet ist.
Ich möchte noch einmal betonen, dass ich Arbeitsverträge mit unterschiedlichen Befristungsmöglichkeiten für ein notwendiges arbeitsmarktrechtliches Instrument halte. Als Mitglieder des Bundestages, unabhängig welcher Partei wir angehören, haben wir die Verpflichtung, zwischen den Interessen der Arbeitnehmer und der Unternehmen genau abzuwägen.
Arbeitnehmer haben ein Interesse daran, dass ihre Arbeitsplätze sicher sind und ihre Leistung dauerhaft gewünscht ist. Unternehmer hingegen müssen flexibel auf wirtschaftliche und marktbedingte Veränderungen reagieren können. Somit können auch Wettbewerbsnachteile für deutsche Unternehmen verhindert werden. Ein gesetzliches Verbot von befristeten Verträgen könnte ohne Frage erhebliche Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt haben. Beiden Parteien werden damit im Sinne der Privatautonomie Rahmenbedingungen für ihre Verträge gesetzt.
Arbeitnehmer und Unternehmer können sich auf die gesetzlichen Vorschriften berufen und diese auf dem Rechtsweg geltend machen. Die bestehenden gesetzlichen Vorschriften haben sich in der Praxis bewährt. In der heutigen Debatte ist es schon gesagt worden: Gerade wegen der guten konjunkturellen Entwicklung ist der Anteil der befristeten Arbeitsverträge zurückgedrängt worden. Deshalb lehnen wir den Antrag der Fraktion Die Linke ab.
Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Bärbel Bas [SPD])
Herzlichen Dank. – Als nächstem Redner erteile ich das Wort dem Abgeordneten Bernd Rützel, SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/5848023 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 124 |
Tagesordnungspunkt | Befristete Arbeitsverhältnisse |