24.09.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 124 / Tagesordnungspunkt 5 + ZP 3

Bärbel BasSPD - Unterstützung der Kommunen

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Gäste! Ich will die Debatte noch etwas anreichern und ein bisschen konkretisieren, was das aus Sicht einer einzelnen Stadt, nämlich der Stadt Duisburg, bedeutet. Sie ist bei vielen Themen als schlechtes Beispiel genannt worden. Ich will jetzt auch einmal eine positive Nachricht verkünden: Es ist uns seit 1992 erstmalig gelungen, einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. Das ist sicherlich auch unserer Politik zu verdanken, weil wir den Kommunen Mittel für ihre Aufgaben im sozialen Bereich zur Verfügung gestellt haben. Dass das Land Nordrhein-Westfalen einen Stärkungspakt Stadtfinanzen aufgelegt hat, hat dabei sicherlich geholfen. Deshalb will ich auch dem Kämmerer, der die Debatte auf der Besuchertribüne verfolgt, noch einmal herzlich danken. Es war, glaube ich, sein letzter Haushalt, weil er bald in den Ruhestand gehen wird. Vielen Dank für diesen Kraftakt!

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Man darf dabei aber eines nicht verschweigen – darum ging es auch bei meinen Vorrednern –: Die Stadt Duisburg hat einen Mühlstein mitzuschleppen. Ich glaube, das ist beispielhaft für viele andere Kommunen. Duisburg hat 1,75 Milliarden Euro Altschulden. Die Kreditkosten für diese Altschulden betragen 30 Millionen Euro im Jahr. Wir reden hier oft über Milliardenbeträge. Aber für eine einzelne Stadt sind 30 Millionen Euro, die sie bei Niedrigzinsen für die Altschulden aufbringen muss, verdammt viel. Der Kollege Hardt hat es gerade erwähnt: Wenn die Zinslage anders wäre, wären die Kreditkosten noch viel höher. Dieses Geld fehlt für Investitionen.

Ich will noch einmal deutlich machen, zu was für Umtrieben das manchmal führt   die Düsseldorfer Kollegen in beiden Fraktionen mögen es mir nachsehen, wenn ich das sage:

Wir Duisburger haben mit den Düsseldorfern eine gemeinsame Stadtbahnlinie. Weil die Stadt Duisburg die Investitionskosten für diese Stadtbahn nicht mehr tragen konnte, bestand in der Tat die Gefahr, dass diese Linie an der Stadtgrenze aufhört und dass die Menschen aussteigen müssen, um mit Bus und Bahn nach Düsseldorf zu fahren. Das hätte auch in umgekehrter Richtung gegolten. Das sind ganz praktische Probleme. So etwas müssen wir verhindern; das ist entscheidend.

Ich komme auf die sozialen Ausgaben zu sprechen. Die Quote der Langzeitarbeitslosen in Duisburg liegt bei 43 Prozent. Daran wird deutlich, dass die Stadt massive soziale Ausgaben hat, die sie nicht alleine tragen kann, wenn sie keine Unterstützung durch Arbeitsmarktmaßnahmen bekommt. Andrea Nahles hat mit ihrem Ministerium erste entsprechende Programme aufgelegt. Aber 100 Plätze für eine Stadt, in der 30 000 Menschen in der Langzeitarbeitslosigkeit leben, sind deutlich zu wenig. Ich wünsche mir, dass wir hier in Berlin an solche Punkte denken, wenn wir in den Haushaltsdebatten über die Ressorts Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik sprechen.

(Beifall bei der SPD)

Ein Thema wurde heute noch gar nicht angesprochen. Ich glaube, das ist ein Grund, warum sich damals ein entsprechendes Bündnis gebildet hat. Duisburg hat seit 2007 eine enorme Zuwanderung von EU-Bürgern aus Südeuropa, hauptsächlich aus Bulgarien und Rumänien, zu verkraften. Inzwischen leben fast 13 000 zugewanderte Menschen in der Stadt. Das erfordert eine enorme Integrationsleistung. – Der Kollege Rebmann aus Mannheim nickt gerade zustimmend, wie ich sehe. – Andere Städte im Ruhrgebiet sehen sich mit einer ähnlichen Situation konfrontiert. Ich habe die Sorge, dass dieses Thema aufgrund der aktuellen Flüchtlingsdebatte völlig untergeht. Hier ist aber eine enorme Integrationsleistung zu erbringen. Die zugewanderten Menschen nutzen die EU-weite Freizügigkeit und leben dann in unseren Städten. Hier lässt sich nichts begrenzen. Das wollen wir auch nicht, weil uns die Freizügigkeit in Europa wichtig ist. Aber die zugewanderten Menschen sind nicht immer gut ausgebildet. Sie bringen sicherlich Qualifikationen mit. Aber wir brauchen Umschulungen und eine arbeitsmarktgerechte Sprachförderung. Die dafür benötigten Mittel können arme und strukturschwache Städte nicht alleine aufbringen. Deshalb appelliere ich: Es geht nicht nur um die Lasten, die wir aufgrund der Flüchtlinge, die zu uns kommen, nun zusätzlich stemmen müssen. Vielmehr sind es 12, 15 oder vielleicht sogar 20 Kommunen, die eine massive Zuwanderung zu verzeichnen haben und diese auch bewältigen wollen. Sie wollen diese Menschen integrieren. Dafür brauchen sie einen gut funktionierenden Wohnungsmarkt und Arbeitsmarktmaßnahmen. Ich hoffe, dass die Debatten, die wir in diesem Haus über Flüchtlinge führen, nicht dazu führen, dass wir diese Städte und Kommunen vergessen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Der SPD-Fraktion ist es zu verdanken, dass – im Koalitionsvertrag verankert – 25 Millionen Euro für Soforthilfen im Jahr 2014 zur Verfügung gestanden haben. Ich bin dem Koalitionspartner dankbar, dass er das mitgemacht hat. Aber diese Summe reicht nicht aus; denn täglich wandern mehr Menschen zu. Wenn von einem Tag auf den anderen hundert Kinder mehr in einem Stadtteil leben, dann weiß die betreffende Kommune nicht, wie sie der Schulpflicht nachkommen und die Gesundheitsversorgung gewährleisten soll, wenn sie keine finanzielle Hilfe von Bund und Land – das sage ich ganz deutlich – bekommt. Ich hoffe, dass die Debatte dazu führt, dass wir noch einmal über einen Altschuldenfonds und Hilfe bei besonderen Nöten, bei Besonderheiten in bestimmten Regionen nachdenken.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das würde den betreffenden Kommunen und ihren Vertretern, die gerade auf der Zuschauertribüne sitzen und zuhören, sicherlich sehr helfen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Abschließende Rednerin in dieser Debatte ist die Kollegin Barbara Woltmann für die CDU/CSU.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/5848720
Wahlperiode 18
Sitzung 124
Tagesordnungspunkt Unterstützung der Kommunen
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine