24.09.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 124 / Tagesordnungspunkt 8

Alexander RadwanCDU/CSU - Anpassung des Bankenabwicklungsrechts an EU-Recht

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir schließen mit dem heute vorliegenden Gesetz die Anpassung des Bankenabwicklungsrechts ab. Das ist der letzte Baustein auf dem Weg zur Bankenunion, die auf europäischer Ebene vorgegeben wurde. Das Ziel ist, zukünftig nicht mehr den Steuerzahler in die Pflicht zu nehmen, wenn aufgrund von Krisen die Banken in Schieflagen geraten. Wir wollen, dass sie rechtzeitig Eigenkapital aufbauen und weitere Maßnahmen treffen, damit so etwas gar nicht erst passiert. Sollte es aber passieren, dann ist es notwendig, dass die Banken und die Gläubiger hier in die Pflicht genommen werden. Deswegen werden wir jetzt gemäß der europäischen Richtlinie die Vorgaben für den Abwicklungsbereich umsetzen, die dann zum 1. Januar 2016 in Kraft treten werden.

Ich bedanke mich hier beim Bundesfinanzministerium und den Kollegen für die zügige Arbeit. Wir in Deutschland sind hier Vorreiter, da wir entsprechend vorangehen. Darum will ich heute auch primär den Blick auf die europäische Ebene lenken, weil es nicht sein kann, dass Deutschland alleine vorangeht, sondern auch auf europäischer Ebene muss dieses Gesetz gemeinsam umgesetzt werden.

Der Steuerzahler soll zukünftig nicht mehr haften. Um das zu erreichen, wird eine Haftungskaskade aufgebaut. Dazu soll ein Fonds gegründet werden, der erst national aufgebaut wird und dann entsprechend europäisiert wird; aber zunächst bauen wir ihn eben national auf. Hier möchte ich einen Punkt, der sicherlich in der weiteren Debatte diskutiert werden wird, herausgreifen. Ich danke ausdrücklich dem Bundesfinanzminister – sein Staatssekretär ist stellvertretend anwesend –, dass er durchgesetzt hat, dass Rechtsgrundlage dieses Fonds eben nicht das europäische Gemeinschaftsrecht ist, sondern dass er ein intergouvernementaler Fonds ist. – Herr Schick, Sie schauen so?

(Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich finde es falsch!)

– Ich halte das dezidiert für richtig; denn wir diskutieren jetzt ja die Einlagensicherung auf europäischer Ebene. Hätten wir hier auf europäischer Ebene das Präjudiz geschaffen, dass entsprechende Zahlungen auf Basis des europäischen Gemeinschaftsrechts erhoben werden könnten, dann hätten wir jetzt eine ganz andere Lage bei den Diskussionen über die europäische Einlagensicherung. Hier mögen wir uns inhaltlich unterscheiden, ich jedenfalls halte eine europäische Einlagensicherung zum jetzigen Zeitpunkt für falsch.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Dadurch, dass der Fonds intergouvernemental vereinbart wurde, haben wir als Deutscher Bundestag noch ein Wörtchen mitzureden, und wir können die Vorgaben entsprechend mitgestalten. Ich werde zum Thema Mitgestaltung bei einem anderen Punkt, wo wir nicht übereinstimmen, noch etwas sagen.

Wichtig ist aber auch – das ist meine Bitte an das Bundesfinanzministerium –, genau darauf zu schauen, wie die Umsetzung in den Nationalstaaten momentan läuft. Bail-in war immer eine Forderung Deutschlands. Wir stehen dahinter, aber wir wissen aus den Diskussionen im Rat und im Parlament, dass Bail-in – dass also Gläubiger, dass diejenigen, die in den Banken engagiert sind, also die Aktionäre, herangezogen werden – nicht der Herzenswunsch aller anderen Mitgliedstaaten war. Ich beobachte, dass derzeit Bail-in in anderen Staaten nicht so strikt umgesetzt wird. Darum müssen wir genau darauf schauen und auch die Kommission ermuntern, hier entsprechend zu intervenieren, wenn es nicht in dieser Form umgesetzt wird.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir haben die Rangfolge der Papiere entsprechend definiert. Hier geht Deutschland voran. Auch bei diesem Punkt ist es notwendig, dass die Europäische Zentralbank den Rahmen mit definiert. Auch bei der Frage der Zentralbanktauglichkeit hatten wir heftige Diskussionen. Ich hätte mir gewünscht, dass die Europäische Zentralbank, die sich bei dem einen oder anderen Punkt sehr stark engagiert hat, zumindest rechtzeitig eine Antwort hätte geben können, ob dieser Gesetzestext die Zentralbanktauglichkeit der Papiere beeinflusst oder nicht. Das war leider nicht in wünschenswertem Maße der Fall.

Ein heftiger Diskussionspunkt von deutscher Seite war das Thema Verordnungsermächtigung bei MaRisk. Ich halte den Beschluss, den wir heute fassen werden, für richtig. Wir ermächtigen das Bundesfinanzministerium, hier eine Verordnung zu erlassen. Ich halte es für notwendig und für richtig, weil wir beim Aufbau einer europäischen Aufsicht sind. Viele Mechanismen, die das Funktionieren der europäischen Aufsicht bedingen, werden in den nächsten Monaten und Jahren greifen. Das Argument, das ich gegen Ende der Beratungen gehört habe, man könne in ein, zwei Jahren eine Verordnungsermächtigung nachreichen, halte ich, gelinde gesagt, für blauäugig angesichts der Tatsache, dass die Europäische Zentralbank dann ja schon zwei Jahre lang definiert hat; da kann man dann nicht mehr nachträglich kommen. Und dem BMF und der BaFin jetzt die Waffen zu nehmen, um hier entsprechenden Einfluss auszuüben, ist kontraproduktiv.

Auch den Argwohn, der hier bei manchen mitschwingt, die behaupten, dass das BMF oder die BaFin keine europäische Aufsicht möchten, halte ich für bemerkenswert. Natürlich wollen wir eine europäische Aufsicht.

(Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Seien Sie ehrlich!)

Allen, die hier im Plenum, im Ausschuss und in ihren Sonntagsreden immer sagen – Herr Schick, dazu gehören auch Sie –, dass die Struktur des deutschen Bankensystems mit seinen Regionalbanken auf europäischer Ebene berücksichtigt werden muss, sei gesagt: Die Aufsichtspraxis wird jetzt definiert, und es gibt auf europäischer Ebene ein ständiges Ringen darum, wie die Normen richtig gesetzt werden sollen. Von daher halte ich es, gelinde gesagt, für indiskutabel, das BMF nicht in die Lage zu versetzen, auf europäischer Ebene tätig zu werden. Die parlamentarische Kontrolle bleibt ja erhalten. Wir werden dem BMF klar sagen: Wenn eine entsprechende Verordnung erlassen werden sollte, nachdem zuvor die EZB kontaktiert wurde, dann möge ein Vertreter des BMF zu uns in den Finanzausschuss kommen.

Ich erwarte gerade von der BaFin, dass sie auf europäischer Ebene Einfluss auf die Aufsichtspraxis nimmt. Denn die Schaffung von Aufsicht auf europäischer Ebene darf nicht bedeuten, dass nur Regeln für Banken wie BNP Paribas, Barclays und UniCredit geschaffen werden; es sollte das ganze Spektrum abgedeckt werden.

Ich vertraue hier dem BMF und der BaFin, dass sie es entsprechend sorgsam handhaben werden, damit wir zu einer europäischen Aufsicht kommen, die der Vielfalt in Europa gerecht wird. Die Verordnungsermächtigung, die wir heute beschließen wollen, ist also notwendig, damit wir die Diskussion aktiv mitgestalten können und nicht nur abwarten und zuschauen müssen. Übrigens sorgen wir damit auch für Transparenz und parlamentarische Kontrolle, die Sie in anderen Bereichen immer fordern. In diesem Bereich fordern Sie sie zu meinem großen Erstaunen nicht. Auf jeden Fall lehnen wir Ihren Antrag ab.

Besten Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Vielen Dank, Kollege Radwan. – Nächster Redner in der Debatte: Dr. Axel Troost für die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/5849312
Wahlperiode 18
Sitzung 124
Tagesordnungspunkt Anpassung des Bankenabwicklungsrechts an EU-Recht
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta