Gerhard SchickDIE GRÜNEN - Anpassung des Bankenabwicklungsrechts an EU-Recht
Liebe Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Uns liegt ein Gesetzentwurf vor, der zeigt, dass die Bundesregierung und die Koalition das Eigentliche gar nicht mehr regeln müssen. Weil das auf europäischer Ebene schon geregelt ist, konnten sie zum Glück gar nicht so arg viel schlecht machen.
(Lothar Binding (Heidelberg) [SPD]: Wir haben viel gut gemacht, heißt das!)
Die grundlegende Idee, einen Abwicklungsmechanismus auf europäischer Ebene einzuführen, finden wir richtig, und dafür sind technische Anpassungen erforderlich. Deswegen werden wir diesem Gesetzentwurf zustimmen.
(Lothar Binding (Heidelberg) [SPD]: Sehr gut!)
Es gibt allerdings drei Punkte, die ich ansprechen muss, bei denen wir ganz klar eine andere Position vertreten – diese sind ja teilweise in den Redebeiträgen, die wir gehört haben, bereits angeklungen –:
Der erste Punkt betrifft die Verordnungsermächtigung zum Risikomanagement; Herr Kollege Zöllmer, Sie haben das schon angesprochen. Wir haben in Europa ja nun endlich eine Bankenaufsicht. Wir Grünen hätten sie lieber parlamentarisch kontrolliert;
(Zuruf von der CDU/CSU: Aha!)
aber es wurde der Weg eingeschlagen, den die Bundesregierung vorgeschlagen hatte. Das war der einzige Vorschlag, der damals auf dem Tisch lag. Deswegen ist jetzt die Europäische Zentralbank für die Bankenaufsicht zuständig. Jetzt ist es erforderlich, dafür zu sorgen, dass diese einheitliche europäische Aufsicht ihre Arbeit sinnvoll machen kann. Wenn jetzt jeder Staat sein Bankenaufsichtsrecht einzeln definiert, dann müssen die Aufseher der Europäischen Zentralbank bei ihrem Agieren ständig unterschiedliche nationale Aufsichtsrechte zugrunde legen. Das wäre kompliziert, und vor allem hätten wir das Ziel dann immer noch nicht erreicht, nämlich ein einheitliches Spielfeld für die Banken in Europa. Wir wollen nicht, dass jeder Staat Ausnahmeregelungen gestalten kann, weil dadurch das Gesamtsystem instabil würde.
Sie sprechen in diesem Zusammenhang von Waffen. Darüber wundere ich mich schon. Sie gehen also in eine neue Auseinandersetzung über die Gestaltung des Playing Fields in Europa, anstatt konstruktiv daran mitzuwirken, dass wir endlich eine sinnvolle Aufsichtsstruktur in Europa erhalten. Sie sind damit einmal mehr europapolitisch auf dem Holzweg.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Der zweite Punkt, den ich ansprechen will, hat mit einem Aspekt zu tun, den wir schon seit langem thematisieren, übrigens auch gemeinsam mit den Sozialdemokraten, als sie noch in der Opposition waren. Es geht darum, dass wir hinsichtlich des Umgangs mit den Abwicklungsanstalten eine gesetzgeberische Lücke haben: Während man für die Vergütungen der Vorstände der Banken, die gerettet wurden, einen Deckel festgelegt hat, hat man einen solchen Deckel für die Vergütungen der Vorstände von Abwicklungsanstalten, die von diesen Banken abgespalten wurden, nicht festgelegt. Deswegen hat uns der Bundesrechnungshof aufgefordert, auch für die Abwicklungsanstalten Gehaltsbeschränkungen einzuführen. Wir haben einen entsprechenden Antrag im Ausschuss vorgelegt. Sie haben das abgelehnt. Ich finde, das ist ein Fehler; denn auch an dieser Stelle müssen wir dafür sorgen, dass nicht zulasten der Steuerzahler Millionen kassiert werden. Es ist ja so, dass auf dem Finanzsektor insgesamt zu hohe Gehälter gezahlt werden. Dort, wo wir sinnvolle Regelungen schaffen können, sollten wir das tun, um diese zu begrenzen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. Axel Troost [DIE LINKE])
Der dritte Punkt betrifft die Frage, ob das Geld für den europäischen Fonds ausreicht. Die vorgesehenen 55 Milliarden Euro werden – das wird deutlich, wenn wir die Erfahrungen der letzten Finanzkrise zugrunde legen – nicht ausreichen, wenn es noch einmal zu einer schweren Krise kommt. Es wäre aber auch nicht sinnvoll, einen extrem großen Topf zu schaffen. Das Entscheidende ist, dass man eine Kreditlinie hat. Das gilt umso mehr für die Phase des Übergangs, für die Zeit, in der sich dieses System aus den nationalen Töpfen heraus aufbaut. Einmal mehr waren Sie europapolitisch auf dem Holzweg. Sie haben nicht für die Schaffung einer Kreditlinie zum ESM, also für eine europäische Lösung, plädiert, sondern Sie schaffen jetzt eine neue Kreditmöglichkeit auf nationaler Ebene. Damit stehen wir wieder vor genau dem Problem, das Sie vorgeben lösen zu wollen, nämlich einer Verbindung von Bankenrisiken und Staatenrisiken. Wenn es zu einer Bankenkrise in einem finanziell nicht so starken europäischen Mitgliedstaat käme, könnte das erneut Probleme bei der Staatsfinanzierung auslösen, und dann wären wir in genau dem Schmodder, der eigentlich bekämpft werden soll. Wir halten das für falsch. Wir haben Sie aufgefordert, das anders zu machen. Da ist auf jeden Fall noch eine wichtige Korrektur vorzunehmen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ich will mit Blick auf die weitere Diskussion über die Abwicklung von Banken noch zwei Punkte ansprechen. Das muss man an dieser Stelle einfach sagen, weil nicht der Eindruck entstehen darf, mit diesem Gesetz und den Institutionen, die bisher geschaffen wurden, seien die Probleme gelöst.
Es bleibt dabei, dass die großen Banken zu komplex sind, zu groß und auch in ihrer internen Struktur so, dass man sie nicht wirklich abwickeln kann. Deswegen bleibt die Frage des Trennbankensystems auf der Tagesordnung. Es ist dringend notwendig, dass Sie von der Bremse heruntergehen und hier für ein europäisches Trennbankengesetz eintreten.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Lothar Binding (Heidelberg) [SPD]: Machen wir ja! – Zurufe von der CDU/CSU)
– Aber auch eines mit Biss.
Das Zweite ist etwas, über das wir noch nicht so viel diskutiert haben, nämlich das „No creditor worse off“-Prinzip. Ich glaube, dass an dieser Stelle ein Problem darin liegt, dass man in der Situation der Abwicklung nachweisen muss, dass keiner der Gläubiger schlechter gestellt wird als in einem Insolvenzverfahren. Das wird die Verfahren möglicherweise erschweren. Hier gilt es, harte Vorgaben umzusetzen. Es bleibt also in Sachen Bankenabwicklung noch viel zu tun, damit das Ziel, den Steuerzahler vor Bankenrisiken zu schützen, erreicht wird.
Danke.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Vielen Dank, Gerhard Schick. – Nächster Redner in der lehrreichen Debatte: Ralph Brinkhaus für die CDU/CSU.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/5849405 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 124 |
Tagesordnungspunkt | Anpassung des Bankenabwicklungsrechts an EU-Recht |