24.09.2015 | Deutscher Bundestag / 18. EP / Session 124 / Tagesordnungspunkt 8

Ralph BrinkhausCDU/CSU - Anpassung des Bankenabwicklungsrechts an EU-Recht

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Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Wenn der Kollege Troost von den Linken gar nicht zu diesem Gesetzentwurf redet und dann auch noch teilweise beleidigend und ausfallend wird, muss dieser Gesetzentwurf ja ganz gut sein.

(Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Aber die Zahlen waren doch ganz interessant, oder nicht?)

Denn sonst hätte er über das geredet, was hier heute zur Debatte steht.

(Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Werfen Sie sich schützend vor die Deutsche Bank und die vielen kriminellen Sachen! Das ist ja krass!)

Meine Damen und Herren, am 29. Juni 2012 ist Folgendes passiert: An diesem Tag hat man sich in Europa darauf geeinigt, dass man eine Bankenunion einführt, dass man alle wichtigen Banken in Europa gemeinsam beaufsichtigt, damit in Griechenland, Spanien, Portugal, aber auch in Deutschland kein Unsinn mehr geschehen kann. Man hat gesagt: Wenn eine Bank in die Insolvenz geht, dann soll nicht der Steuerzahler bluten, sondern dann sollen zuerst die Eigentümer bluten, dann die Gläubiger, dann ein Fonds, der von den Banken selber zu finanzieren ist, und erst dann, wenn etwas schiefgeht, ist der europäische Steuerzahler dran. Genau das setzen wir heute wieder einmal mit einem Gesetz um, indem wir das Sanierungs- und Abwicklungsgesetz, das Kreditwesengesetz und das Restrukturierungsfondsgesetz ändern. Dies ist ein weiterer Meilenstein auf dem Weg zur europäischen Bankenunion.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Es wäre schön gewesen, wenn in dem einen oder anderen Debattenbeitrag auch darauf hingewiesen worden wäre, dass dieses Prinzip, dass nicht mehr der Steuerzahler für Bankeninsolvenzen zahlen soll, in Deutschland schon seit 2010 gilt, dass wir schon 2010 ein Restrukturierungsgesetz auf den Weg gebracht haben

(Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt kommt der alte Textbaustein wieder!)

und 2011 mit dem Restrukturierungsfondsgesetz das notwendige Geld dafür eingesammelt haben. Das zeigt, dass Finanzpolitik, dass Regulierungspolitik in Deutschland immer besonders innovativ war, auch im Gegensatz zu Europa. Wir sind nicht nur mit dem Restrukturierungsgesetz vorangegangen. Wir haben wahrscheinlich als erstes Land auf der Welt schon 2010 die toxischen Leerverkäufe reguliert und teilweise verboten.

(Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben die Rede schon einmal gehalten!)

Wir haben als erstes Land auf der Welt den Hochfrequenzhandel reguliert. Wir waren die Ersten – das haben Sie, Herr Schick, nicht gesagt –, die ein Trennbankengesetz auf den Weg gebracht haben.

(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben es schon fünfmal gesagt! Dieses Trennbankensystem ist Mist!)

Deutschland war immer sehr innovativ und ist im Bereich der Bankenregulierung und der Sicherheit der Banken vorangegangen. Wir haben auch an den europäischen Projekten sehr konstruktiv mitgearbeitet, zum Beispiel an der CRD IV und der CRR; da ging es um Eigenkapital und Liquidität. Wir haben im Schattenbankenbereich bei der AIFM-Richtlinie mitgearbeitet, und wir haben bei der Regulierung der für den Finanzmarkt sehr gefährlichen Derivate, bei der EMIR‑Paketlösung, mitgearbeitet. Auch das haben wir in Deutschland gemacht, weil wir eins immer wussten – das war die Leitplanke unseres Handelns –: Es muss unser Ziel sein, jedes Produkt, jeden Finanzmarkt und jeden Vertriebsweg zu regulieren. Das ist der Weg, auf dem wir 2008, damals noch in der ersten Großen Koalition, aufgebrochen sind. Jetzt, sieben Jahre später, sind wir schon viel weiter.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir waren auch diejenigen, die immer gewusst haben, dass Geld keine Grenzen kennt, dass man deswegen am besten internationale Lösungen findet und dass wir, wenn internationale Lösungen nicht möglich sind, europäische Lösungen brauchen. Deswegen akzeptieren wir, dass wir eine europäische Aufsicht und eine europäische Regulierung haben. Europa hat es uns dabei nicht immer leicht gemacht. Es war immer sehr schwierig, zu vermitteln, dass es in Deutschland so etwas wie Sparkassen und Volksbanken gibt und einen Mittelstand, der Kredite braucht. Das waren viele Kämpfe. Aber wenn diese Kämpfe ausgestanden waren, wenn diese Gesetze und Direktiven fertig waren, dann waren es meistens wir in Deutschland, die diese Dinge am schnellsten und am gründlichsten umgesetzt haben, teilweise zum Leidwesen der Wirtschaft, und die das nicht nur in die Gesetzesblätter hineingeschrieben haben, sondern auch dafür gesorgt haben, dass das im täglichen Aufsichtshandeln, in der täglichen Bankenpraxis Einzug gefunden hat.

Deswegen, meine Damen und Herren, braucht uns niemand, weder in Frankfurt bei der EZB noch in Brüssel bei der Kommission, darüber zu belehren, was eine europäische Bankenunion und was europäische Finanzmarktregulierung ist. Uns muss auch deswegen niemand belehren, weil wir ganz genau wissen, welche Schwächen dieses System hat.

Um einige Beispiele für die Schwächen zu nennen: Die Europäische Zentralbank hat versprochen, dass Banken nur besenrein, also ohne Risiken, in dieses System hineinkommen. Was haben wir in Griechenland gesehen? Wenn Griechenland in die Knie geht, ist das griechische Bankensystem nicht in der Lage, das zu kompensieren. Wir haben in Zypern gesehen: 50 Prozent der Bilanzsumme bestehen dort aus sogenannten notleidenden Krediten, und die dortigen Banken sind nicht durch den Stresstest gefallen. In Portugal und Spanien haben wir gesehen, dass dort mit bestimmten steuerlichen – ich will nicht „Tricks“ sagen – Instrumenten dafür gesorgt worden ist, dass der Stresstest überhaupt bestanden wurde.

Wir wissen, dass es diese Fehler gibt. Wir wissen auch, dass wir keine Trennung von Steuerzahlerrisiken, Länderrisiken und Bankenrisiken hinbekommen, wenn griechische Banken das meiste Geld an den griechischen Staat, portugiesische an den portugiesischen Staat und deutsche an den deutschen Staat ausleihen. Wenn die ganze Sache nicht mit Eigenkapital zu unterlegen ist, dann haben wir auch kein geringeres Risiko. Deswegen müssen wir da nacharbeiten.

Wir müssen auch an einer anderen Stelle nacharbeiten. Sehen Sie sich doch einmal an, wer die ganzen Regulierungen im Zusammenhang mit der Bankenunion in Europa umgesetzt hat – und zwar vollständig –, wer Geld in seinen Restrukturierungsfonds einzahlt, wer tatsächlich die Einlagensicherungsrichtlinie und die Abwicklungsrichtlinie umgesetzt hat.

(Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Wir!)

Zum Schluss sage ich eines ganz klar – das ist die Botschaft, die hier und heute von der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und, weil es im Koalitionsvertrag steht, auch von der SPD ausgeht –: Es ist vor diesem Hintergrund absolut unverständlich, dass die Kommission und die Europäische Zentralbank zu diesem Zeitpunkt über eine Vergemeinschaftung der Einlagensicherung reden.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Meine Damen und Herren, das können wir nicht akzeptieren; wir werden uns an geeigneter Stelle und in anderen Debatten noch dazu äußern. Das ist eine Provokation von Brüssel, zeigt aber auch einen archetypischen Handlungsstrang, den wir in Brüssel erleben: Anstatt Hüter der Verträge zu sein, anstatt darauf zu achten, dass das, was beschlossen worden ist, richtig gemacht wird, geht man immer weiter in Richtung weiterer Vergemeinschaftungen.

(Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Genau! Die lernen nicht dazu!)

Dann muss man sich nicht wundern, wenn das Vertrauen in Europa darunter leidet. Dann muss man sich auch nicht wundern, wenn Länder wie Großbritannien darüber nachdenken, dieses Europa zu verlassen.

Wir wollen ein Europa. Wir wollen ein gutes Europa. Aber dazu muss ein Schritt nach dem anderen gemacht werden. Dazu gehört: keine Vergemeinschaftung der Einlagensicherung, zumindest nicht in dieser Phase.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Danke, Herr Brinkhaus. – Nächster Redner: Lothar Binding für die SPD.

(Beifall bei der SPD)

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