24.09.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 124 / Tagesordnungspunkt 8

Lothar BindingSPD - Anpassung des Bankenabwicklungsrechts an EU-Recht

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrte Damen und Herren! Was der Kollege Brinkhaus eben zur Einlagensicherung und zur Vergemeinschaftung gesagt hat, findet unsere uneingeschränkte Unterstützung.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Michaela Noll [CDU/CSU]: Das ist aber sehr vernünftig!)

Das ist sehr gut. Es ist nämlich ein stabilisierendes Element in Europa, auch wenn es im Moment national organisiert ist.

(Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Und ich dachte, ihr wollt eine Schulden- und Haftungsunion! Das ist jetzt aber neu!)

Ich bin mit dem Fahrrad hierhergefahren und habe auf dem Weg und eben im Restaurant einige Leute gefragt, was sie sich unter dem Abwicklungsmechanismusgesetz vorstellen. Es wird niemand glauben: Keiner wusste, was damit gemeint ist.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

Dafür habe ich vollstes Verständnis; deshalb will ich dazu einen Satz sagen.

Wir hatten ja eine Krise. Die Banken waren insolvent, also zahlungsunfähig. Aber es war unklar, wie die Banken und wir damit umgehen, weil es kein Insolvenzrecht für Banken gibt. Was haben wir dann gemacht? Wir haben die Banken mit Steuergeld gerettet. Das hat die Steuerzahler und uns natürlich sehr geärgert. Denn wir wollten die Sparer schützen, aber jene an den Kosten beteiligen, die die Krise verursacht haben, also zum Beispiel Spekulanten, Erfinder von toxischen Produkten und, wie wir inzwischen wissen, Leute, die den Libor manipuliert und daran verdient haben. Diese Leute sollten für die Krise bezahlen.

(Dr. Axel Troost [DIE LINKE], an die CDU/CSU gewandt: Die Deutsche Bank!)

Das ging aber nicht.

Das Gute an einem Insolvenzverfahren ist, dass man sich nach einer Insolvenz anschaut, was an dem betreffenden Unternehmen gut ist – das will man erhalten – und was an ihm schlecht und nicht mehr tragfähig ist; das will man vom Markt nehmen. Dieses Ziel verfolgen wir mit dem heute vorliegenden Gesetzentwurf, dessen komplizierten Namen ich eben genannt habe.

Damit wollen wir künftig Sparer, Steuerzahler und Kreditnehmer schützen. Wir wollen dafür sorgen, dass die betreffenden Banken im Rahmen eines Bail‑in all das bezahlen, was in der Bank ist, und auch die Risiken, die dort eingegangen wurden, übernehmen. Es gibt aber immer wieder Kritik an der letzten Instanz. Wir sagen: Die Banken sollen 55 Milliarden Euro in einen Fonds einzahlen. – Diese Zahl wird kritisiert. Gelegentlich tun es die Grünen; eben hat es auch Axel Troost wieder getan.

Ich will einmal meinen berühmten Zollstock herausholen und Ihnen etwas zeigen: Das ist in etwa so, als wenn man eine Treppe in den ersten Stock baut. Dabei kann man oben oder unten anfangen, je nachdem, was für eine Treppe es ist. Axel Troost sagt immer: Diese Stufe ist viel zu niedrig; da kann man das erste Stockwerk gar nicht erreichen. – Wir sagen dann: Moment mal, du hast ja vom Gesamtzusammenhang gesprochen. Wir müssen uns die ganze Treppe anschauen.

(Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Es weiß aber keiner, wie die Treppenstufen aussehen im Einzelnen!)

Wenn man die nämlich geht, dann erreicht man auch das oberste Stockwerk.

Um das mit den Stockwerken etwas genauer zu beschreiben: Du hast ganz vergessen, dass zunächst das harte Eigenkapital haften muss.

(Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Das ist richtig!)

– Ja, das ist richtig. – Danach muss das zusätzliche Eigenkapital haften.

(Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Das ist auch richtig!)

– Das ist auch richtig. – Dann muss das Ergänzungskapital haften; das ist auch richtig.

(Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Dann sind wir immer noch weit unter 50 Prozent!)

Dann wird Fremdkapital in Eigenkapital umgewandelt; das ist auch richtig. Im Anschluss daran greifen Abschreibungsvorschriften; auch das ist richtig.

Ich will das gar nicht zu Ende führen.

(Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Mach mal ruhig weiter mit den Einlagen, die dann weg sind auf einmal!)

Wir merken: Diese 55 Milliarden Euro sind nur die letzte Stufe. Alle anderen hast du vergessen. Deshalb nennst du auch den Gesamtbetrag nicht. Es wäre doch interessant, in deiner Rechnung zu erfahren, wie hoch eigentlich die gesamte Sicherung ist, die aus dieser Gesetzgebung folgt.

(Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Das weiß keiner!)

– Das weiß keiner, auch nicht der Axel Troost.

(Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Nein, aber ihr ja auch nicht!)

Deshalb und weil er alles andere nicht berücksichtigt, kann er das auch nicht kritisieren, jedenfalls nicht in der Form, dass 55 Milliarden Euro nicht genügen.

(Beifall bei der SPD)

Wenn man alles weglässt, dann hat man natürlich zu wenig; das ist klar.

(Manfred Zöllmer [SPD]: Nicht dein Tag heute, Axel!)

Ich mache hier eine kleine Zäsur und will auch sagen, was uns geärgert hat: Der Bankenverband hat immer wieder versucht, zu erreichen, dass die Bankenabgabe als Betriebsausgabe steuerlich geltend gemacht werden kann. Dazu muss ich sagen: Das hat uns geärgert. Anfangs haben wir noch gesagt: Das muss in Europa gleichmäßig geregelt werden; fast alle anderen haben das nicht. – Der Bankenverband wollte das aber auch noch, als Frankreich schon längst auf dem Weg war, diese Möglichkeit wieder abzuschaffen.

Ich finde, die Banker haben hier eine Logik nicht verstanden; denn wenn wir es zulassen würden, dass die Bankenabgabe als Betriebsausgabe steuerlich geltend gemacht werden kann, dann hieße das, dass sich der Steuerzahler an dem, was die Banken zu ihrer eigenen Rettung einzahlen, mit 30 Prozent beteiligt. Das wollten wir nicht.

(Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Aber wenn die Großbanken nichts einzahlen, können sie auch nichts absetzen! Ist doch klar!)

Deshalb sind wir für den von uns allen gefundenen guten Kompromiss dankbar. Dass die Anrechnungsfähigkeit als Steuersparmodell hier nicht durchgesetzt wurde, ist eine sehr gute Sache.

(Beifall bei der SPD)

Ich will noch kurz darlegen, woran wir erkennen, dass unsere Regulierungen gut funktioniert haben: Ich komme zwar ungern auf die Rating-Agenturen zurück – jeder weiß, dass Fitch und Standard and Poor’s Rating-Agenturen sind, und jeder kennt meine guten Englischkenntnisse und weiß, dass „Rating“ für mich von „Raten“ kommt, weshalb ich nicht gerne darauf zurückkomme –, aber sie haben etwas Gutes gemacht. Sie haben nämlich die Bonitätsnoten vieler Banken gesenkt. Daraus folgte für die Banken zwingend, dass sie sich selbst darum kümmern müssen, mehr Eigenkapital aufzubauen und die innere Sicherheit der Banken zu stabilisieren. Daran merkt man, dass unsere Regulierungen auch via Urteile der Rating-Agenturen sehr gut funktionieren.

Ich hoffe, dass sie so gut funktionieren, dass der Steuerzahler tatsächlich nie mehr zur Kasse gebeten wird, weil Manager Fehlentscheidungen getroffen haben.

(Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Hoffnungen sind immer gut!)

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Vielen herzlichen Dank, Lothar Binding – auch für die Treppe, die Sie präsentiert haben.

(Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Die war schief! Darauf kann keiner gehen!)

Für uns hier oben ist auch viel Neues dabei.

Letzter Redner in dieser sehr emotionalen Debatte: Klaus-Peter Flosbach für die CDU/CSU-Fraktion. Sie müssen das jetzt toppen. Das wird nicht leicht.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/5849419
Wahlperiode 18
Sitzung 124
Tagesordnungspunkt Anpassung des Bankenabwicklungsrechts an EU-Recht
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