Florian HahnCDU/CSU - Bundeswehreinsatz EUNAVFOR MED
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! 135 000 Flüchtlinge und Wirtschaftsmigranten sind in den ersten drei Wochen im September 2015 in Bayern angekommen. Das sind mehr als im gesamten Jahr zuvor.
Das fordert von unseren Behörden, von den Beamten, von der Polizei, von den vielen Ehrenamtlichen, von Organisationen wie den freiwilligen Feuerwehren, vom THW, von anderen Rettungsdiensten und vor allem auch von unseren kommunalen Entscheidungsträgern, den bayerischen Landräten, den bayerischen Bürgermeistern, unglaubliche Kraft, Kreativität und Courage. Denn die Menschen müssen erstversorgt und untergebracht werden. Außerdem müssen sich gerade die Kommunalpolitiker bei unzähligen Bürgerversammlungen, bei Interviews mit den Lokalmedien und in direkten Gesprächen mit den zunehmend besorgten Bürgern auseinandersetzen, die sich fragen, wie das alles weitergehen soll. Ich möchte deshalb ausdrücklich der Bundeskanzlerin danken, dass sie für den kommenden Montag ein Gespräch mit den bayerischen kommunalen Spitzenverbänden zugesagt hat. Das ist ein gutes Zeichen. Das zeigt, dass wir uns in der Bundespolitik dieser Belastung vor Ort bewusst sind.
Der Zustrom Hunderttausender Menschen nach Europa, nach Deutschland, fordert die Politik, also uns alle, auf allen politischen Ebenen. Die CSU hat in einem Papier ihres außen- und sicherheitspolitischen Arbeitskreises am 5. September dieses Jahres und heute mit einer Erklärung ihrer Landtagsfraktion zu diesem Thema zahlreiche Lösungsideen ausgearbeitet.
Um auch in Zukunft den Menschen, die Hilfe am dringendsten benötigen, zeitnah und direkt helfen zu können, sind aus unserer Sicht folgende Punkte unerlässlich: Wir müssen den Zustrom insgesamt eindämmen.
(Agnieszka Brugger [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zustrom eindämmen – das spricht Bände!)
Wir brauchen mehr europäische Solidarität, und wir müssen nationale Handlungsspielräume ausschöpfen und schaffen. Übrigens, wenn wir über mehr europäische Solidarität reden und diese erreichen wollen, dann müssen wir feststellen: Diese Solidarität erreicht man nicht, wenn wir andere Regierungschefs beschimpfen. Vielmehr müssen wir mit anderen Regierungschefs sprechen, und genau das hat die CSU getan.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Stefan Liebich [DIE LINKE]: Tolle Solidarität!)
Wenn Sie von der Linken konsequent wären, dann würden Sie auch Herrn Tsipras beschimpfen, der offensichtlich wieder bereit ist, mit den finsteren Nationalisten in Griechenland zu paktieren. An dieser Stelle höre ich bei Ihnen irgendwie gar nichts.
Aber wenn es darum geht, die Dinge anzupacken, dann geht es auch darum, Asylmissbrauch abzustellen,
(Agnieszka Brugger [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es gibt keinen Asylmissbrauch! Das ist ein Grundrecht!)
Verfahren zu beschleunigen und bleibeberechtigte Flüchtlinge zu integrieren, auszubilden und sie möglicherweise auch auf die Zeit nach dem Bürgerkrieg in ihrer Heimat vorzubereiten. Außerdem müssen wir, wo wir dies können, Fluchtursachen und Schleuserkriminalität bekämpfen. Vieles, was diese Woche entschieden wurde bzw. noch vorbereitet und entschieden wird, geht in die richtige Richtung und wird dem gerecht.
Das sehen wir auch bei der Mission EUNAVFOR MED, deren Ziel es ist, die kriminellen Aktivitäten der Menschenschleuser im Mittelmeer vor der nordafrikanischen Küste zu bekämpfen. Diese Mission war bislang erfolgreich, nicht nur, weil es den Besatzungen deutscher Schiffe gelungen ist, mehr als 800 000 Menschen von hochseeuntauglichen Kähnen und Schlauchbooten zu retten, sondern auch, weil es möglich war, wichtige Informationen über die Organisationen der Schleusernetzwerke im Mittelmeer, über ihre Routen und über ihre Taktiken zu sammeln.
An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an die Soldatinnen und Soldaten der Marine.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ich konnte mir mit Kollegen vor Ort auf der Fregatte „Schleswig-Holstein“ einen Eindruck davon verschaffen, welchen physischen und psychischen Belastungen unsere Frauen und Männer bei einer solchen Seenotrettung ausgesetzt sind. 10 bis 16 Stunden dauert eine solche Evakuierung. Die Soldaten stecken während dieser Zeit bei hohen Außentemperaturen gerade im Sommer in Ganzkörperschutzanzügen, müssen dafür sorgen, dass es zu keinen Tumulten kommt, dass Flüchtlinge nicht ins Wasser fallen und ertrinken und dass sie sich selbst nicht in Gefahr bringen. Ich habe vor dieser Leistung allerhöchsten Respekt.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Jetzt ist es sinnvoll, zügig in die Phase 2 i) dieser Operation einzutreten und die Bewegungsfreiheit der Schleuser einzuschränken, um deren kriminellen Aktionen Grenzen setzen zu können. Dabei findet natürlich weiter Seenotrettung statt; das ist doch gar keine Frage. Aber der Einsatz bewaffneter Streitkräfte ist auf mittlere Sicht sinnvoll, wenn der Schwerpunkt tatsächlich auch auf die Bekämpfung der Schleuseraktivitäten übergeht. Dazu wird mit diesem neuen, erweiterten Mandat ein entscheidender Schritt getan. Deswegen ist dieses Mandat absolut sinnvoll.
Herzlichen Dank.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/5849799 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 124 |
Tagesordnungspunkt | Bundeswehreinsatz EUNAVFOR MED |