Thomas GambkeDIE GRÜNEN - Anpassung der Abgaben
Sehr verehrte Präsidentin! Liebe späte Besucher im Plenum! Werte Kolleginnen und Kollegen! Hätten Sie doch diesen ersten Änderungsantrag nicht eingebracht, in dem Sie das Gesetz als „Steueränderungsgesetz 2015“ bezeichnen! Das ist ein Etikettenschwindel, meine Damen und Herren vor allen Dingen von der Union.
(Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Ach ja? Der Vorredner hat das Gegenteil gesagt!)
Denn ein Steueränderungsgesetz 2015 hätte genau die Punkte aufgreifen müssen – Kollege Pitterle hat schon ein paar genannt –, die wir hätten regeln müssen.
Ich war gerade im Mittelstandsbeirat beim Bundeswirtschaftsministerium. Da haben wir über die Abschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter und die Anhebung der viel zu niedrigen Schwelle für die Sofortabschreibung gesprochen. Ein Handy beispielsweise muss man heute über fünf Jahre abschreiben. Da hätten Sie anpacken müssen. Und Sie hätten die Steuergestaltung verhindern müssen; Herr Pitterle hat es angesprochen.
Haben Sie schon einmal etwas von der Atomisierung in Bezug auf die Zinsschranke gehört?
(Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Haben Sie denn schon mal etwas von der schwarzen Null gehört?)
Dabei geht es um Immobilienfonds, die man bis zur 3-Millionen-Euro-Freigrenze bei der Zinsschranke füllt, um die Gewinne dann, weil die Zinsschranke nicht greift, ins Ausland zu transferieren. Das, was hier Zinsen wären, sind dann Dividenden, die im Ausland nicht versteuert werden.
Meine Damen und Herren, ich könnte noch ein paar weitere Themen nennen. Und ich will auch noch eines nennen, weil es mir wirklich auf den Nägeln brennt: das Thema Umsatzsteuerbetrug. Es ist für Sie als Zuschauer vielleicht ganz interessant, zu hören: Es wird nicht nur bei VW der Dieselmotor mit Elektronik frisiert, sondern es werden auch Kassen im Handel frisiert. Es wird in die Software von Kassen eingegriffen, um den Umsatz zu verringern und Umsatzsteuer zu hinterziehen.
(Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Was? Wo denn? Sagen Sie mal, wo!)
– Das ist gerichtsnotorisch. Eine Eisdiele im Saarland beging einen Umsatzsteuerbetrug in Höhe von 1,9 Millionen Euro.
(Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Das ist ja ein Straftatbestand!)
Sie sollten sich das einmal anschauen. Das geschieht mithilfe einer modifizierten Software. Da hätten Sie reagieren müssen. Die Länder haben mit 16 gegen 0 einen Bericht dazu vorgelegt. Aber das Bundesfinanzministerium hat diesen Bericht nicht zur Kenntnis nehmen wollen. Meine Damen und Herren, wir müssen etwas tun. Wenn man „Steuergesetz 2015“ draufschreibt, dann sollte auch „Steuergesetz 2015“ drin sein, und dann müssen solche Sachen angepackt werden.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Richard Pitterle [DIE LINKE] – Klaus-Peter Flosbach [CDU/CSU]: Also, diese Eisdiele müssen Sie mir mal zeigen!)
Richtig, die Protokollerklärung ist umgesetzt worden. Da stehen eine Menge Dinge drin, die gemacht werden mussten; das hat unsere volle Zustimmung. Aber es gibt eben auch ein paar andere Sachen, die gemacht wurden, zum Beispiel bei den Regelungen für die Versicherungsindustrie. Sie haben vorgesehen, dass die Rücklagen für Beitragserstattungen bis Ende 2015 weiterhin als Eigenkapital gelten sollen. Das ist branchenbezogen vielleicht eine Sache, die man sich überlegen kann, aber die finanziellen Auswirkungen sind erheblich. Ehe man eine solch einschneidende Regelung macht, hätte man noch zweimal darüber nachdenken müssen. In einem anderen Punkt haben Sie ja sogar noch in der letzten Minute eine Änderung zurückgezogen.
Meine Damen und Herren, das ist kein Steueränderungsgesetz 2015. Das ist die Umsetzung einer Protokollerklärung, ja. Aber das Etikett, das Sie dem Gesetzentwurf gegeben haben, hat er nicht verdient. Sie können ihn ja noch ablehnen. Dann heißt es nach wie vor „Umsetzung der Protokollerklärung“.
Ich sage: Wir werden ihn zwar nicht ablehnen, aber bei den handwerklichen Mängeln, die wir immer noch erkennen, können wir uns bei der Abstimmung über diesen Gesetzentwurf nur der Stimme enthalten.
Vielen Dank.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Richard Pitterle [DIE LINKE] – Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Was ist das denn?)
Das Wort hat der Kollege Fritz Güntzler für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
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Electoral Period | 18 |
Session | 124 |
Agenda Item | Anpassung der Abgaben |