Rainer SpieringSPD - Berufliche und akademische Bildung
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Ich habe nachgeschaut: Vor fast genau einem Jahr, übrigens fast zur gleichen Zeit, habe ich an diesem Rednerpult gestanden und Bemerkungen zur universitären Lehrerausbildung gemacht. Ich möchte mich ausdrücklich beim Kollegen Feist bedanken, dass er den Ball aufgenommen hat und das Thema Berufsschule in den Fokus der CDU/CSU-Fraktion gerückt hat.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Thomas Feist [CDU/CSU]: Das steht schon im Antrag drin!)
Auch ich möchte eindringlich begründen, warum das so eminent wichtig ist.
Ich habe im letzten Jahr die Diskussion hier im Hause verfolgt und festgestellt – Frau Dr. Hein, auch Ihre Anmerkungen belegen das –, dass der Fokus hinsichtlich beruflicher Ausbildung häufig auf die Nachfrageseite, also auf die der Betriebe, gelegt wird. Wir sollten unseren Fokus aber deutlicher auf die ganz starke Seite dessen richten, was der Staat macht.
Sie dürfen nie vergessen: Berufsausbildung der Jugend ist arbeitsmarktabhängig. Der Arbeitsmarkt kann dabei helfen, den Jugendlichen einen viel besseren Start ins Leben zu ermöglichen. Das ist eine Säule. Wir vertreten eine andere Säule – hinsichtlich der Zuständigkeit der Länder bin ich übrigens auch nicht Ihrer Meinung –:
(Dr. Rosemarie Hein [DIE LINKE]: Ist aber so!)
Staatliche Aufgabe ist die Berufsschulbildung. Wir haben übrigens, wenn ich auch das sagen darf, ein Berufsbildungsgesetz, und das ist Bundesangelegenheit.
(Dr. Rosemarie Hein [DIE LINKE]: Da kommen die Berufsschulen nicht vor!)
– Wenn Sie möchten, dann können Sie gern eine Zwischenfrage stellen.
Was die Unterstützung der Länder oder die Frage der Länderkompetenzen angeht, so möchte ich auf die „Qualitätsoffensive Lehrerausbildung“ eingehen, für die der Bund 500 Millionen Euro frisches Geld freigegeben hat. Darüber hatten nicht die Länder zu entscheiden. Vielmehr konnten sich die Universitäten bewerben. 500 Millionen Euro frisches Geld! Jetzt liegen die Ergebnisse vor. In 2 von 30 Bewerbungen der Universitäten geht es um Berufsschullehrerausbildung. Eine Bewerbung möchte ich herausgreifen, weil ich sie schon im letzten Jahr eingefordert habe: Die TU Berlin, die übrigens einen richtig guten Ruf hinsichtlich der Berufsschullehrerausbildung hat, verfolgt ein Projekt, bei dem es um Professions- und Forschungsorientierung in berufsbezogenen Lehramtsstudien geht. Das heißt, die TU Berlin geht auf die Metaebene und hinterfragt: Was passiert eigentlich in unserem Land? Das ist der richtige Ansatz. Nur wenn wir Forschungsergebnisse haben, auch sozialwissenschaftlicher Art, die sich am Beruf orientieren, können wir auch Antworten geben.
Ich möchte deutlich machen, warum das für uns alle so wichtig ist. Wir sind ein Hightech-Land geworden. Wir haben in den letzten zehn Jahren im Forschungsbereich elementar viel erlebt und erreicht. Im Bereich Ingenieurwissenschaften haben wir einen Riesensprung nach vorne gemacht. Berufsschule leistet den Transfer dieser Erkenntnisse ins reale Leben. Dabei geht es um die Kernkompetenz. Berufsschullehrerausbildung beinhaltet nämlich Berufspädagogik, ‑methodik und ‑didaktik, und zwar zehn Semester lang
Es geht mir darum, diese Qualität, die wir ehemals vorzeigbar weltweit gehabt haben, wieder zu erreichen.
(Beifall des Abg. Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD])
Das bedeutet, dass wir wesentlich elementarere Anstrengungen unternehmen müssen. Wir müssen unsere Universitäten auffordern, in diesem Bereich tätig zu werden. Das ist keine Ländersache, sondern universitäre Sache. Die Universitäten waren frei, sich zu bewerben.
Daraus, dass zwei Universitäten den Zuschlag bekommen haben, kann man zwei Varianten ableiten. Erste Variante: Bei der Berufsschullehrerausbildung an den Universitäten ist die Welt so in Ordnung, dass es keinen Bedarf gibt. Zweite Variante, über die man auch mal nachdenken kann: Die Berufsschullehrerausbildung ist zurzeit nicht unbedingt im Fokus aller Universitäten. Wenn dem so sein sollte, dann ist es Aufgabe dieses Hohen Hauses, dies zu benennen und sich damit auseinanderzusetzen, und zwar sowohl mit den Mitteln der politischen Rede als auch mit den Mitteln eines Haushalts.
Wenn ich Herrn Dr. Feist richtig verstanden habe, hat er den Ball vom vergangenen Jahr aufgenommen, und er erkennt gemeinsam mit der CDU/CSU-Fraktion die elementare und wichtige Bedeutung von Berufsschulen in unserem Land. Wenn wir uns in diesem Hohen Hause darüber einig sind, dann werden wir auch Mittel und Wege finden, um die Berufsschulen in Zukunft wesentlich stärker zu unterstützen, als wir das heute tun.
Herzlichen Dank fürs Zuhören.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Vielen Dank. – Für Bündnis 90/Die Grünen spricht jetzt die Kollegin Beate Walter-Rosenheimer.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/5850188 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 124 |
Tagesordnungspunkt | Berufliche und akademische Bildung |