24.09.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 124 / Tagesordnungspunkt 17

Egon JüttnerCDU/CSU - Beziehungen zu Namibia

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Während der deutschen Kolonialzeit zwischen 1884 und 1915 sind in Deutsch-Südwestafrika die Menschenrechte schwer verletzt worden. Den traurigen Höhepunkt stellt die brutale Niederschlagung des Aufstandes der Herero, der Nama und der Damara dar, in deren Folge Zehntausende Menschen auf grausamste Weise umkamen.

Als im August 1904 der Aufstand der Herero niedergeworfen wurde, floh der größte Teil von ihnen in die fast wasserlose Kalahari-Wüste, wo sie mitsamt ihren Frauen und Rinderherden verdursteten. Von rund 80 000 bis 100 000 Hereros im Jahre 1904 lebten 1911 nur noch 15 130.

Die verbrecherische und menschenverachtende Vorgehensweise bei der Niederschlagung der Revolte der Herero war bezeichnend für die Denkweise der damals Verantwortlichen. Gefangene Herero und Nama wurden von den Deutschen in eigens für sie errichtete Konzentrationslager gebracht, in denen nicht einmal die Hälfte der Gefangenen überlebte.

Die Verurteilung der damaligen Ereignisse ist parteiübergreifend. So wurden sowohl im Jahre 1989 unter der von der CDU/CSU geführten Bundesregierung als auch im Jahre 2004 unter der sozialdemokratisch geführten Regierung weitreichende Anträge beschlossen, die das deutsch-namibische Verhältnis betreffen. In diesen Anträgen bekennen sich die Antragsteller zu Schuld und Verantwortung und stehen nach wie vor dazu.

Meine Damen und Herren, diese parteiübergreifenden Bekenntnisse machen deutlich, dass sich die Bundesrepublik Deutschland der historischen Verantwortung Deutschlands für die Ereignisse im ehemaligen Deutsch-Südwestafrika bewusst ist, zu ihrer Verantwortung steht und deshalb besondere Beziehungen zu Namibia pflegt.

Integraler Bestandteil, tragende Säule und Ausdruck der besonderen Beziehungen zwischen Namibia und Deutschland ist dabei die Entwicklungspolitik. Erwähnt sei die seither gezahlte Summe der deutschen Entwicklungshilfe, die etwa 800 Millionen Euro beträgt. Damit ist Namibia nicht nur afrikaweit Spitzenreiter deutscher Zuwendungen pro Einwohner, sondern auch das Land, das von Deutschland weltweit die höchste Entwicklungshilfeleistung pro Einwohner erhält.

Im Rahmen der deutschen Entwicklungszusammenarbeit werden Fachkräfte entsandt und beispielsweise für den Transportbereich Ausbildungsprogramme erarbeitet. Das Straßennetz wird verbessert. Bisher wurden etwa 1 000 Kilometer Straßen mit deutscher Unterstützung gebaut oder erneuert. Im Jahre 2007 wurde außerdem die deutsch-namibische Sonderinitiative begonnen, für die Deutschland 31 Millionen Euro bereitgestellt hat. Mit diesen Mitteln werden Maßnahmen der Kommunalentwicklung in den Siedlungsgebieten derjenigen Volksgruppen finanziert, die unter der deutschen Kolonialherrschaft besonders gelitten haben.

Im kulturellen Bereich – um nur ein weiteres Beispiel zu nennen – gibt es ebenfalls eine gute Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Namibia. Das bilaterale Kulturabkommen zwischen beiden Ländern umfasst weitreichende Kooperationen in den Bereichen Hochschule, Sprachförderung, Medien, Film, Literatur und Sport.

Meine Damen und Herren, es ist wohl unbestritten, dass das, was vor 111 Jahren in Namibia geschehen ist, nach heutigen Maßstäben des Völkerrechts als Völkermord bezeichnet wird. Die Rechtsnorm des Völkermords wurde allerdings erst 1948 geschaffen, sodass ein Rückbezug nicht möglich ist und Rechtsansprüche daraus auch nicht hergeleitet werden können. Dennoch gibt es seit dem 2. Juni 2014 – das muss man betonen – zwischen dem deutschen Außenminister und der namibischen Außenministerin einen politischen Dialogprozess, der einen gemeinsamen Beitrag dazu leisten soll, die Fragen der Kolonialzeit zu überwinden und eine würdige Kultur des Gedenkens und Erinnerns an die damaligen Gräuel zu finden.

Die Gespräche verlaufen, wie aus dem Auswärtigen Amt zu hören ist, sehr gut, sind aber noch nicht abgeschlossen. Diesem Prozess und seinem Ergebnis sollten wir jetzt nicht durch Beschlüsse des Bundestages vorgreifen. Vielmehr sollte erst der zwischen den beiden Regierungen gefundene Konsens abgewartet und danach im Deutschen Bundestag diskutiert werden.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Vielen Dank. – Als Nächster hat jetzt der Kollege Tom Koenigs, Bündnis 90/Die Grünen, das Wort.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/5850222
Wahlperiode 18
Sitzung 124
Tagesordnungspunkt Beziehungen zu Namibia
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