Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Nachdem die bayerische Verfassung hier mehrfach zitiert worden ist, möchte auch ich sie zitieren. Zunächst einmal ist festzustellen, dass es nach unserer Verfassung eine eigene bayerische Staatsangehörigkeit gibt. Das ist auch gut so.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Daneben steht in Artikel 153 – ich empfehle Ihnen allen, diesen Artikel zu lesen –:
Die selbstständigen Kleinbetriebe ... in Landwirtschaft, Handwerk, Handel, Gewerbe und Industrie sind in der Gesetzgebung und Verwaltung zu fördern und gegen Überlastung und Aufsaugung zu schützen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Was tun wir anderes, indem wir jetzt den Auftrag des Bundesverfassungsgerichts erfüllen und einen verfassungsfesten Gesetzentwurf zur Erbschaftsteuer vorlegen?
(Lothar Binding (Heidelberg) [SPD]: Gut, dass ich das nicht gehört habe!)
Ein ganz besonderer Punkt in dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts war, dass es die Verschonung gewisser Vermögensarten grundsätzlich zugelassen hat. Dazu zählen auch – das möchte ich betonen – das selbstbewohnte Haus und das Betriebsvermögen. Als Hauptzweck – um in der Sprache des Gesetzestextes zu bleiben – sind die Sicherung und Erhaltung von Arbeitsplätzen der typisch deutschen Unternehmenslandschaft zu nennen.
Die tragende Säule der deutschen Wirtschaft sind mittelständische, familiengeprägte Unternehmen, die sich gerade in den Zeiten der Wirtschaftskrise, also noch vor kurzem, als Stabilitätsanker und Arbeitsplatzgarant erwiesen haben.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Diese einzigartige Unternehmensstruktur müssen wir erhalten. Wir dürfen nicht zulassen, dass die Unternehmensnachfolger durch ein falsch ausgestaltetes Gesetz gezwungen werden, Unternehmen zu verkaufen oder Investitionen hintanzustellen, weil sie zu hohe Steuerbelastungen haben.
Unsere mittelständischen Unternehmen – das hat Christian von Stetten schon ganz richtig gesagt – stehen im internationalen Wettbewerb mit Unternehmen, die sich über den Kapitalmarkt finanzieren und damit eine ganz andere Kapitalstruktur haben als unsere Unternehmen. Wir müssen damit rechnen, dass es bei einer falschen Gesetzgebung auf Dauer zu einer massiven Veränderung der Kapitalstruktur deutscher Unternehmen kommen wird.
(Christian Freiherr von Stetten [CDU/CSU]: Sehr richtig!)
In den letzten Jahren ist es den meisten mittelständischen Unternehmen gut gegangen. Die Wirtschaftslage hat dazu geführt, dass Eigenkapital wieder aufgebaut werden konnte. Auf diese Art und Weise wurde auch das Rating der Unternehmen verbessert. Ich erinnere mich daran, dass die Unternehmen vor einiger Zeit noch Schwierigkeiten hatten, Kredite aufzunehmen, weil das Rating aufgrund des so geringen Eigenkapitals so schlecht war.
(Lothar Binding (Heidelberg) [SPD]: Ja!)
Natürlich würde eine Steuerbelastung durch die Erbschaftsteuer jetzt wiederum in das Rating der Finanzinstitutionen einfließen und gegebenenfalls dafür sorgen, dass sich mittelständische Unternehmen wieder schlechter refinanzieren können. Das müssen wir verhindern. Wir dürfen den Unternehmern den Zugang zu Kreditmitteln nicht erschweren.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Sicherlich sind bei dem Gesetzentwurf, der jetzt vorliegt, noch einige Baustellen offen. Hier werden wir vernünftige und in der Praxis auch handhabbare Regelungen finden.
Wir werden noch viele Detailfragen beantworten müssen: Der Begriff „begünstigtes Vermögen“ ist sicherlich noch genauer zu definieren. Auch Fragen hinsichtlich des Finanzmitteltests und der Aufteilung bzw. der Verrechnung der Schulden müssen beantwortet werden. Daneben müssen wir uns damit beschäftigen, dass eine Doppelbelastung durch Erbschaft- und Einkommensteuer zu dramatischen Problemen führen kann. Der Umfang des einzubeziehenden Privatvermögens wird uns ebenso beschäftigten wie die Aufgriffsgrenzen bei entsprechenden gesellschaftsvertraglichen Bindungen der Anteilseigner, und nicht zuletzt müssen wir uns auf jeden Fall auch mit der vereinfachten Bewertung auseinandersetzen; denn die jetzige Ausprägung führt zu total unrealistischen Werten.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wir sollten in unsere Überlegungen natürlich auch einbeziehen, was inzwischen im Bundesrat diskutiert und beschlossen worden ist. Dort wurden einige sicherlich nicht uninteressante Vorschläge gemacht. Ich denke hier zum Beispiel an die Verkürzung der Fristen bei Kapitalbindungen, die wir gut in den Gesetzentwurf übernehmen können. Wir müssen in den nächsten Wochen darum ringen, administrative Holpersteine in diesem Gesetz zu entfernen und unnötige Belastungen für die Unternehmen zu vermeiden.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es geht jetzt bei dieser Reform nicht darum, vorgefasste ideologische Gedanken zu verwirklichen, sondern es geht ausschließlich darum, Arbeitsplätze in unseren mittelständischen Unternehmen jeder Größenordnung zu erhalten. Ich appelliere deshalb an alle, die sich in den nächsten Wochen mit diesem Gesetzentwurf beschäftigen werden, ideologische Scheuklappen abzulegen und sich ausschließlich auf den Erhalt der einzigartigen Unternehmenslandschaft mit vielen Tausend Arbeitsplätzen zu konzentrieren.
Ich wünsche uns gute und vor allem vernünftige Beratungen. Unsere deutsche Wirtschaft, die eben nicht überwiegend aus börsennotierten Großkonzernen, sondern aus familiengeprägten mittelständischen Unternehmen besteht, ist es wert, dass wir uns alle um ein vernünftiges Gesetz zur Besteuerung von Unternehmensübergängen bemühen.
Vielen Dank.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/5854749 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 125 |
Tagesordnungspunkt | Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz |