25.09.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 125 / Tagesordnungspunkt 25

Dennis RohdeSPD - Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie

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Geschätzte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Welt ist komplizierter und globaler geworden. Wenn wir heute Kreditprodukte kaufen wollen, dann haben wir eine Fülle von Angeboten vor uns. Wenn meine Großeltern Bankgeschäfte getätigt haben, dann sind sie meistens im Dorf geblieben. Sie sind zu ihrem „Bankbeamten“ gegangen. Das war zwar in der Regel kein Beamter, aber allen Leuten kam es so vor, als sei er ein Beamter. Hatten sie Geld über, haben sie es aufs Sparbuch gelegt; benötigten sie Geld, haben sie bei ihm einen Kredit aufgenommen. Und wenn sie eine Beratung bei einem Hauskauf brauchten, dann hat das alles bei dieser einen Person stattgefunden, die in der Regel in der Nachbarschaft gewohnt hat. Und wenn die Mist gebaut hat, hat man bei ihr an der Haustür geklingelt und sich dort beschwert.

Die Welt ist, wie ich gesagt habe, etwas komplizierter geworden. Wir kaufen Produkte im Internet und schließen dort Kredite ab. Wenn wir ein Haus kaufen wollen, dann haben wir nicht nur das Angebot von unserem „Bankbeamten“ vor Ort, sondern wir können unter vielen verschiedenen Angeboten auswählen. Wir haben verschiedenste Produkte zur Auswahl, Produkte wie einfache Immobilienkredite, die wir sofort verstehen, aber auch Produkte mit ganz komplizierten Namen, bei denen wir erst einmal gar nicht wissen, was sich dahinter versteckt. So bietet zum Beispiel meine Bank einen Select Emerging Markets Investment Grade Bond Fund an. Es ist wohl allen klar, was damit gemeint ist. Wenn jemandem es nicht klar ist – ich habe die Beschreibung dabei.

Die Welt ist also komplizierter geworden. Entsprechend muss auch die Antwort der Verbraucherschutzpolitik sein. Wir müssen die Verbraucherinnen und Verbraucher ein bisschen an die Hand nehmen.

Gleichzeitig harmonisieren wir den europäischen Markt. Wir treffen nicht nur Entscheidungen für unser Land, sondern versuchen, einen möglichst einheitlichen europäischen Markt aufzubauen. Dafür wurde heute ein Gesetzentwurf zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie eingebracht, die ganz viele Bereiche der Wohnimmobilienkredite regelt. Sie enthält – ich zitiere aus der Begründung des Gesetzentwurfs –

im Wesentlichen Bestimmungen zu Werbung, (vor‑) vertraglichen Informationen, Kreditwürdigkeitsprüfung, Widerrufsrecht oder Bedenkzeit, vorzeitiger Rückzahlung und Vorfälligkeitsentschädigung, Fremdwährungsdarlehen, Beratungsleistungen bei der Kreditvergabe und -vermittlung sowie zu Kopplungsgeschäften.

Ich weiß, die Frau Präsidentin schaut hinter mir auf die Uhr; ich kann nicht zu allen Punkten etwas sagen. Ich möchte daher zwei Punkte herausgreifen und sie etwas näher ausführen.

Zum einen regeln wir mit der Wohnimmobilienkreditrichtlinie auch die Honorarberatung für diesen Bereich. Ich finde, es ist ganz wichtig, dass wir ein zusätzliches Angebot für die Verbraucherinnen und Verbraucher schaffen. Aber ich möchte betonen, dass es ein zusätzliches Angebot ist. Denn ich glaube, dass bei vielen Verbraucherinnen und Verbrauchern an dieser Stelle erst einmal ein Umdenken stattfinden muss. Wenn wir heute eine Versicherung oder einen Kredit brauchen, dann gehen wir davon aus, dass die Beratungsdienstleistung für uns kostenfrei ist, dass wir nicht dafür bezahlen müssen; denn der Berater bekommt ja am Ende die Provision von der Versicherung bzw. von der Bank. Deshalb glaube ich, dass erst einmal ein Umdenken stattfinden muss, dass jetzt für diese Leistung bezahlt werden soll.

Aber natürlich ergibt sich daraus auch ein Mehrwert; denn ich kann zumindest mit dem sicheren Gefühl nach Hause gehen, auch wirklich das für meine individuelle Situation beste Produkt bekommen zu haben. Ich muss nicht immer die Frage im Hinterkopf haben, ob es wirklich das beste Produkt für mich ist oder ob es für dieses Produkt vielleicht nur die höchste Provision gab. Ich finde es gut, dass wir mit der Umsetzung dieser Richtlinie die Honorarberatung für diesen Bereich auf den Weg bringen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Der zweite Punkt ist schon mehrfach angesprochen worden: Wir legen neue Regelungen für die Dispozinsen fest. Ich möchte Frau Heil ausdrücklich recht geben: Was da auf dem Zinsmarkt stattfindet, ist zum Teil eine schreiende Ungerechtigkeit. Wir haben momentan einen Basiszinssatz von 0,83 Prozent. Der Euribor liegt weit unter 0,5 Prozent. Der Zinssatz für einen Dispokredit liegt im Durchschnitt – so die Stiftung Warentest – immer noch im zweistelligen Bereich. Es gibt immer noch Banken, die für Dispozinsen 15 Prozentpunkte mehr verlangen und ihre Dispozinsen verschleiern – das hat Frau Heil gerade gesagt – und nicht veröffentlichen, sodass man sich als Verbraucher nicht informieren kann. Es ist richtig und wichtig, dass wir endlich sagen: Mit diesem Geschäftsgebaren muss Schluss sein. Jeder, der Dispozinsen anbietet, muss auch transparent machen, wie hoch diese sind.

(Beifall bei der SPD)

Ich muss für unsere Fraktion noch einmal betonen, dass es uns natürlich am liebsten wäre, wenn wir sagen würden: Wir warten jetzt einmal nicht ab, was diese Transparenzregelung bringt. Wir warten jetzt einmal nicht ab, ob sie greift. – Wir sind da guter Dinge. Die beste Lösung ist, dass wir eine gesetzliche Deckelung auf den Weg bringen, wie sie übrigens vor wenigen Stunden wenige Meter von hier entfernt der Bundesrat beschlossen hat. Der Bundesrat fordert in der Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie eine Deckelung auf 8 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. Ich finde, dass wir uns zumindest damit noch einmal intensiver beschäftigen müssen.

(Beifall bei der SPD)

Natürlich helfen Dispozinsen nicht denjenigen, die überschuldet sind. Wir wissen, dass fast 10 Prozent der Bundesbürgerinnen und Bundesbürger in einer Situation sind, die man schon fast als Überschuldung oder als klare Überschuldung, bei der der einzige Ausweg die Privatinsolvenz ist, bezeichnen muss. Für diese Bürgerinnen und Bürger brauchen wir andere Lösungen. Ich bin dafür, dass wir uns in den nächsten Wochen und Monaten auch einmal selbst die Frage stellen: Welche Regelung können wir denn auf den Weg bringen, um Menschen davor zu schützen, überhaupt in die Verschuldungsfalle zu kommen? Denn Vorbeugung ist, glaube ich, besser, als Leute nachher in die Privatinsolvenz zu schicken. Auch das sollte für uns eine Herausforderung in den nächsten Wochen und Monaten sein.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Vielen Dank. – Als nächster Redner hat Dr. Volker Ullrich von der CDU/CSU‑Fraktion das Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/5854876
Wahlperiode 18
Sitzung 125
Tagesordnungspunkt Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie
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