30.09.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 126 / Zusatzpunkt 1

Thorsten FreiCDU/CSU - Aktuelle Stunde zu Atombomben in Rheinland-Pfalz

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch 70 Jahre nach dem nuklearen Urknall, nämlich dem Einsatz von Atomwaffen in Hiroshima und Nagasaki mit 200 000 Toten,

(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie kann man das als Urknall bezeichnen?)

ist uns dieser Vorfall heute noch Mahnung genug. Wenn die Doomsday Clock auf drei vor zwölf gestellt wird und damit die atomare Bedrohung in der Welt so hoch eingeschätzt wird, wie in den letzten 30 Jahren nicht, dann ist das in der Tat ein Zeichen dafür, dass wir alles dafür tun müssen, den Weg hin zu einer atomwaffenfreien Welt konsequent weiterzugehen.

Zu reden ist das eine, Anträge aus der Mottenkiste zu ziehen ebenfalls, zu handeln und aktiv etwas dafür zu tun, dass Atomwaffen in der Welt weniger werden, das ist das andere. Die Bundesregierung tut genau dies: Da muss man nur einmal einen Blick in den Jahresabrüstungsbericht werfen. Da muss man sich nur die erfolgreichen Bemühungen im Bereich des Nichtverbreitungsvertrages anschauen. Da muss man nur einmal schauen, wo Deutschland wichtiger Geber ist, beispielsweise bei Organisationen, die sich mit der Überwachung des Verbots von Nuklearwaffentests beschäftigen. Und da muss man sich nur die jüngsten Erfolge anschauen, die die deutsche Regierung etwa im E3+3-Format im Zusammenhang mit der Einigung mit dem Iran gefunden hat.

Ich glaube, dass Deutschland eine erfolgreiche und eine gute Rolle gespielt hat und dass wir deshalb durchaus auch gemeinsam mit dem Stockholmer Friedensforschungsinstitut SIPRI davon ausgehen können, dass wir auf einem guten Weg sind, dass wir allerdings einen langen Atem und kluge Diplomatie brauchen, um erfolgreich fortzuschreiten.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Rolf Mützenich [SPD])

Es ist aber auch wahr, dass es die Aufgabe eines Staates und seiner Regierung ist, für Sicherheit und Souveränität des Staates und seiner Einwohner zu sorgen. Das ist die Aufgabe, die die Bundesregierung hat. Da genügt eigentlich schon ein Blick auf die Realität, die sich uns zeigt, um daraus klare Schlüsse zu ziehen.

Erwähnt wurde die völkerrechtswidrige Annexion der Krim, erwähnt wurde der Bruch des Budapester Memorandums von 1994, was natürlich ein fatales Zeichen für alle Atommächte und für all diejenigen, die das gerne werden möchten, war, weil es eben gezeigt hat, dass offensichtlich nur ein atomarer Schutzschirm Sicherheit für regionale und territoriale Integrität bietet.

Nächster Punkt ist die Militärdoktrin Russlands, die dergestalt geändert wurde, dass man die NATO und die USA zu Gegnern erklärt hat, und die beispielsweise ausdrücklich auch präemptive Nuklearschläge ermöglicht hat. Das sind die Realitäten, mit denen wir uns natürlich auseinandersetzen müssen.

Ich verweise auch – um an Niels Annen anzuschließen – auf die Beschaffung von 40 Interkontinentalraketen in Russland, die auch die modernsten und effektivsten Abwehrsysteme überwinden sollen. Erwähnenswert ist auch die Tatsache, dass man mit Kurz- und Mittelstreckenraketen Übungen unmittelbar an NATO-Grenzländern durchführt. All das sind Realitäten, mit denen wir konfrontiert sind und auf die wir auch eine angemessene Antwort finden müssen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die NATO hat sich ganz klar dazu bekannt, die Bedingungen für eine atomwaffenfreie Welt zu schaffen. Aber wer einseitig auf Atomwaffen verzichtet, solange es Atomwaffen in der Welt gibt, der ist dumm und der ist naiv; das wollen wir nicht sein.

(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Frithjof Schmidt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das entspricht dem Geist des Nichtverbreitungsvertrags!)

Schauen Sie nicht nur nach Russland. Ich glaube, wir alle sollten darauf schauen, wie komplex die Welt insgesamt ist. Schauen Sie nach China. Auch China ist eine Atommacht. China hat in den vergangenen Jahren jährlich seine Militärausgaben im zweistelligen Prozentbereich erhöht und gibt derzeit jedes Jahr 125 Milliarden Euro für Militär, Verteidigung und Sicherheit aus. Schauen Sie sich das atomare Wettrüsten beispielsweise zwischen Pakistan und Indien an. In den nächsten 10 bis 15 Jahren wird das Potenzial dort um das Doppelte oder das Dreifache erhöht werden. Dabei geht es immer um Raketen, die auch Nordamerika und Amerika erreichen können.

(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie begeistern sich richtig!)

Deshalb ist es klar, dass wir darauf eine Antwort finden müssen. Diese Antwort ist in der Tat keine militärische, weil weder 180 Sprengköpfe in Europa noch mutmaßlich 20 Sprengköpfe in Deutschland eine echte militärische Bedeutung haben; allerdings haben sie eine politisch-psychologische und eine strategische. Da geht es eben auch um eine wirksame Abschreckung. Da geht es um die Verhinderung von Proliferation. Darauf bedarf es einer glaubwürdigen Antwort. Diese Antwort ist die NATO, und diese Antwort sind auch nukleare Voraussetzungen in diesem Bündnis, die wir so lange brauchen, bis wir das Ziel einer atomwaffenfreien Welt erreicht haben.

(Beifall bei der CDU/CSU – Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann müssen noch mehr Atomraketen angeschafft werden!)

Das ist die Wahrheit.

Herr Kollege.

Deswegen ist es auch eine friedenspolitische Botschaft, wenn man ein Stück weit über den Tag hinaus denkt. Damit bin ich am Ende.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU – Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt reicht es aber! – Gegenruf des Abg. Thorsten Frei [CDU/CSU]: Solche Schreihälse! Argumentieren Sie doch lieber, als dass Sie hier so rumschreien! – Gegenruf der Abg. Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenn ich höre, „Atomraketen, eine friedenspolitische Botschaft“ – Sie haben sie nicht alle! – Gegenrufe des Abg. Thorsten Frei [CDU/CSU]: Hören Sie die ganze Botschaft an! – Benehmen Sie sich bitte schön, Frau Kollegin! Das ist unmöglich! Keine Kinderstube!)

Als nächster Rednerin erteile ich das Wort der Abgeordneten Katrin Werner, Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/5885734
Wahlperiode 18
Sitzung 126
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde zu Atombomben in Rheinland-Pfalz
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