01.10.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 127 / Tagesordnungspunkt 3 + ZP 2

Klaus-Dieter GröhlerCDU/CSU - Maßnahmen zur Bewältigung der Flüchtlingskrise

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Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Präsident, Sie haben vorhin von Besorgten und Begeisterten gesprochen. Ich will mich, wie so oft, in der Mitte, also dazwischen, einordnen, vielleicht mit einer ganz kleinen Tendenz zum Besorgtsein. Ich glaube, da befinde ich mich in ganz guter Gesellschaft, zumindest mit den Bürgerinnen und Bürgern meines Wahlkreises.

An dieser Stelle möchte ich Ihnen einmal die Zahlen einer Umfrage aus Berlin präsentieren, die vor einigen Tagen durchgeführt wurde. Sie hat folgendes Ergebnis zutage gebracht: 7 Prozent aller Berlinerinnen und Berliner würden aktiv dagegen vorgehen, wenn in ihrer Nachbarschaft eine Flüchtlingsunterkunft entstehen würde. In meinem Wahlkreis, Charlottenburg-Wilmersdorf – darauf bin ich stolz –, war die Zahl am niedrigsten, nämlich 2 Prozent. Aber in einem Bezirk von Berlin haben 15 Prozent aller Menschen gesagt, sie würden aktiv etwas gegen Flüchtlinge in ihrer Nachbarschaft unternehmen. Da ist der Wahlkreis Treptow-Köpenick. Leider kann Herr Gysi nicht zuhören, weil er seit etwa 20 Minuten telefoniert. Aber vielleicht sind die Genossen seiner Fraktion einmal so gut, ihm zu sagen: Statt hier über Saudi‑Arabien zu schwadronieren, wäre es gut, in den Wahlkreis zu gehen, mit den Menschen zu reden und ihnen zuzuhören. Das würde mehr bringen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Widerspruch bei der LINKEN)

Ich habe in den letzten Wochen wie sicherlich viele andere Kollegen sehr aufmerksam zugehört. Ich habe häufig die Frage gehört: Können wir das wirklich schaffen? Und sagt uns doch bitte einmal: Wie werden wir das schaffen? – Ich glaube, heute geht vom Gesetzentwurf der Bundesregierung und von der Mehrheit dieses Bundestages ein Signal ins Land hinaus. Die Frage „Wie können wir das schaffen?“ beantworten wir nämlich mit diesem Gesetzespaket und senden deutliche Signale.

Wir senden Signale an diejenigen, die noch kommen wollen, und sagen ihnen: Wenn ihr in Deutschland kein Bleiberecht bekommen könnt, dann überlegt wirklich gut, ob ihr euch auf den Weg macht. Es ist nämlich eigentlich falsch, zu kommen.

Wir sagen denen, die hier sind und kein Bleiberecht bekommen können: Ihr habt die Verpflichtung, wieder zurückzugehen. Wenn ihr diese Verpflichtung nicht erfüllt, dann werden wir sie mit staatlichen Maßnahmen durchsetzen. Das ist weder Rassismus, meine Damen und Herren, noch ist es ungerecht oder unmenschlich, sondern das ist schlicht und ergreifend Rechtsstaatlichkeit, das ist ein Stück Gerechtigkeit; denn derjenige, der ein Recht hat, muss anders behandelt werden als derjenige, der kein Recht hat. Dazu sollten wir uns an dieser Stelle auch bekennen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir senden ein Signal an diejenigen, die bleiben können. Wir senden das Signal: Wir werden alles dafür tun, dass ihr in Deutschland vernünftig und würdevoll behandelt werdet. Wir senden das Signal: Wir wollen euch integrieren. Aber wir erwarten auch, dass ihr euch integriert. – Wer in das Land des Grundgesetzes flüchtet, der darf nicht nur die Vorteile dieses Grundgesetzes für sich in Anspruch nehmen wollen, sondern er muss dieses Grundgesetz auch leben. Wir sind es den Menschen, die in diesem Land leben, seien sie Deutsche oder seien sie Nichtdeutsche, schuldig, das durchzusetzen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir senden ein Signal an diejenigen, die sich ehrenamtlich engagieren, die in den Behörden tätig sind, die bei der Polizei, der Bundespolizei und der Bundeswehr arbeiten.

Wir senden auch ein Signal an die Kommunen. Leider ist die Länderbank inzwischen verwaist. Ich will die Worte meines Kollegen Rehberg unterstreichen: Wenn Herr Pistorius sagt, er erwarte, dass der Bund seine Verpflichtungen erfüllt, dann erwarten wir von den Ländern das ganz genauso. Ich kann die Kollegen in den Länderparlamenten und in den Kommunen nur auffordern: Bitte überprüft sehr deutlich, was die Länder mit dem Geld des Bundes tatsächlich machen, damit sie die Kommunen hinterher nicht im Regen stehen lassen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Ulli Nissen [SPD])

Es ist heute schon zahlreichen Mitgliedern der Bundesregierung gedankt worden. Ich will aber noch einmal ein deutliches Dankeschön an Wolfgang Schäuble aussenden. Den Nachtragshaushalt, den er jetzt vorgelegt hat, und die Vorsorge, die er für 2016 trifft, hätten wir gar nicht auf den Weg bringen können, wenn er als Finanzminister in den letzten Jahren mit unseren Staatsfinanzen nicht so verantwortungsvoll umgegangen wäre. Wenn er das nicht gemacht hätte, wären wir zu den genannten Maßnahmen heute nicht in der Lage.

Ich weiß, meine Damen und Herren, dass wir mit dem Gesetzespaket einige Menschen in der Bevölkerung möglicherweise nicht erreichen. Diese Menschen sagen: Was interessiert uns das alles? Wir machen die Schotten dicht. Wir geben kein Geld für andere in der Welt. Warum sollen die Probleme der anderen unsere Probleme sein? Diesen Menschen rufe ich zu: Vergesst nicht, dass auch Deutschland einmal Solidarität erfahren hat.

(Thomas Strobl (Heilbronn) [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

Ich sage das ganz bewusst als Berliner und denke dabei an die Zeit von 1948/49. Ich erinnere auch an 25 Jahre deutsche Wiedervereinigung. Wir haben die Solidarität der anderen europäischen Länder bekommen, als die DDR praktisch über Nacht der Bundesrepublik Deutschland beitrat und damit auch Teil der Europäischen Union wurde. Damals waren wir darauf angewiesen, dass uns die anderen dabei unterstützen. Das sollten wir nicht vergessen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir wissen, meine Damen und Herren, dass die Entwicklung im Moment äußerst dynamisch ist. Wir wissen, dass dieses Gesetzespaket möglicherweise nicht die letzte Antwort sein kann. Es kann auch nur eine von vielen Maßnahmen sein. Neben dem Bemühen, die Fluchtursachen zu beseitigen, geht es auch darum, die Europäische Union stärker in die Verantwortung zu nehmen, die Türkei zu fördern und zu fordern und die Vereinten Nationen an dieser Stelle verstärkt ins Boot zu holen.

Zwei Sätze der Kanzlerin sind für mich sehr wichtig, und an die halte ich mich. Erstens: „…wir können nicht alle Probleme in Deutschland lösen …“ – das hat sie gestern gesagt. Der zweite Satz lautet: „Wir können das schaffen …“ Beide Sätze zusammen, meine Damen und Herren, sollten unsere Handlungsmaxime sein. Dann sind wir in der Tat auf einem guten Weg.

Danke.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das Wort hat nun die Kollegin Kerstin Griese für die SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Heiko Schmelzle [CDU/CSU])


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/5890742
Wahlperiode 18
Sitzung 127
Tagesordnungspunkt Maßnahmen zur Bewältigung der Flüchtlingskrise
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