Michael FuchsCDU/CSU - Handelspolitik und Handelsabkommen TTIP und CETA
Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben gerade einmal wieder ein Paradebeispiel gehört, wie die Grünen internationale Handelspolitik verteufeln. Sie wollen sie ja auch nicht. Sie schreiben in ihrem Antrag den bemerkenswerten Satz:
Zudem ist zu befürchten, dass die Abkommen einen zunehmenden Wettbewerbsdruck schaffen ...
Meine Damen und Herren, Wettbewerb ist etwas Schlechtes. Das lernen wir von den Grünen: Wir wollen keinen Wettbewerb, um Gottes willen. – Es soll alles schön brav in der Kuschelecke der Grünen bleiben.
Wir wollen Wettbewerb. Wenn dieses Abkommen ein Positives hat,
(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Zum Wohl der Bürger!)
dann das, dass es Wettbewerb schaffen wird. Genau den brauchen wir im Sinne der Verbraucherinnen und Verbraucher. Aber für Sie gilt das alles nicht, Sie interessiert das nicht.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Es ist auch bemerkenswert, dass es auf einmal ein Handelsabkommen gibt, an dem gewaltiges Interesse herrscht. Es hat früher in diesem Hohen Hause kaum einer zugehört, wenn wir über ein Handelsabkommen gesprochen haben. Deutschland allein hat 134 verschiedene Abkommen abgeschlossen. Deutschland hat über die EU noch einmal mehr als 30 Abkommen abgeschlossen. In 130 Abkommen haben wir ISDS vereinbart. Wir haben dies überall gehabt. Ich habe nie gehört, dass die Grünen sich aufgeregt haben.
Aber ich weiß, warum Sie sich jetzt aufregen: Das ist der Antiamerikanismus, der bei Ihnen vorhanden ist, und nichts anderes.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zurufe von der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Oh! – Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist so peinlich! Das ist unter Ihrem Niveau! Eindeutig!)
Wo waren Sie denn, als wir das Korea‑Abkommen verhandelt haben? Ich habe niemanden hier im Hohen Hause gehört, der sich darüber aufgeregt hat. Wir haben ein Handelsabkommen mit Korea abgeschlossen, und in diesem Abkommen haben wir Hunderte von verschiedenen Standards vereinbart. All das war genau der richtige Weg.
(Zuruf von der LINKEN)
Wir müssen Standards angleichen.
Warum ist dieses Abkommen mit den Amerikanern so wichtig? Weil wir damit globale Standards setzen können. Mir wäre es ja recht – das ist das Einzige, wo ich mit Herrn Hofreiter einig bin; aber das geht auch ganz schnell zu Ende, keine Sorge –,
(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)
wenn wir über die WTO Weltstandards setzen könnten. Aber wir müssen uns im Klaren sein, dass Doha seit etlichen Jahren keinen Zentimeter weiterkommt, dass es niemandem gelungen ist, Doha in Bewegung zu bringen,
(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und warum? Weil wir nicht auf Wünsche der ärmeren Länder eingehen! Weil man nur seine eigenen Wünsche durchdrücken will! Weil man kein Interesse hat an den Interessen des globalen Südens! Das ist der Punkt!)
weil keine Interessen daran bestehen und weil es unheimlich schwierig ist, 156 Länder in ein Abkommen hineinzubekommen. Wir müssen leider erkennen, dass Doha in den letzten Jahren keinen Zentimeter weitergekommen ist.
Dem müssen wir auch insofern Rechnung tragen, dass wir Free Trade Agreements mit anderen schließen. Wenn es uns gelingt, ein vernünftiges TTIP‑Abkommen auszuhandeln, dann setzen wir für 800 Millionen Menschen Standards. Diese Standards werden mit ziemlicher Sicherheit auch in andere Regionen der Welt übertragen. Sie werden dann auch bei TPP, also auch in der Pazifikregion, zur Anwendung kommen. Dies ist für uns wichtig.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Die Märchenstunde der Grünen, in der sie behaupten, die Standards würden gesenkt und die amerikanischen Standards seien des Teufels und so schlecht, ist doch durch VW ziemlich intensiv beendet worden. Haben Sie einmal geschaut, was bei VW los war? Die Amerikaner haben wesentlich strengere Standards bei den Abgasen von Dieselfahrzeugen als die Deutschen, als die Europäer.
(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist genau das, was ich gesagt habe!)
80 Milligramm NO X pro Kilometer darf ein Auto in Deutschland ausstoßen; in den USA sind es etwas über 50 Milligramm pro Meile. Da ich manchmal das Gefühl habe, dass der eine oder andere von Ihnen nicht richtig rechnen kann, sage ich: Das sind 31 Milligramm pro Kilometer. Das heißt, nicht einmal die Hälfte an Stickstoffmonoxid darf in den USA ausgeschieden werden. Der Standard ist wesentlich strenger als bei uns. Wahrscheinlich ist das auch einer der Gründe, weswegen gewisse Manipulationen – ich verurteile diese – von VW vorgenommen wurden. Das muss man in aller Deutlichkeit sagen. Die amerikanischen Standards sind in vielen Bereichen deutlich strenger als die deutschen oder die europäischen Standards. Diese sollen aneinander angeglichen werden. Dafür bin ich.
Ich möchte erreichen, dass dieses Abkommen vieles ändert, wo wir jetzt aneinander vorbeilaufen. Sie haben eben die Automobilindustrie erwähnt. Natürlich ist es Blödsinn, dass in dem einen Land der Blinker rot und in dem anderen Land gelb sein soll. Das kann man ändern. Es gibt jede Menge technische Standards, die man angleichen kann. Beispielsweise müssen amerikanische Armaturenbretter komplett anders ausgestattet sein als deutsche. Wesentlich größere Airbagsysteme müssen eingebaut werden. Das führt zu einer gewaltigen Verteuerung für deutsche Automobilhersteller.
(Zuruf des Abg. Klaus Ernst [DIE LINKE])
Noch viel mehr brauchen die kleinen und mittleren Unternehmen dieses Abkommen. Sie können sich nicht wie VW oder andere große Unternehmen eine riesige Rechtsabteilung leisten, die sich mit den Standards in den USA beschäftigt. Nein, sie werden schlicht und ergreifend daran gehindert, in die USA zu exportieren.
Ich sage Ihnen eines: Jedes dieser Freihandelsabkommen hat gerade für Deutschland enorme Vorteile gehabt. Nehmen wir einmal das Korea‑Abkommen. Es ist vor drei Jahren in Kraft getreten. Endratifiziert ist es, nebenbei gesagt, immer noch nicht, weil einige Mitgliedsländer noch nicht zugestimmt haben; aber es ist zu großen Teilen in Kraft, und es wird danach gehandelt. Im ersten Halbjahr dieses Jahres, Herr Hofreiter, hat sich unser Handel mit Korea um 50 Prozent gegenüber der Zeit vor dem Korea‑Abkommen verbessert. Die einzige Branche, die erheblich Probleme befürchtete, war die Automobilindustrie, weil man Angst hatte, dass dann zuhauf Hyundais, Kias etc. auf deutschen Straßen herumfahren würden. Das mag ja der Fall sein, aber es fahren mittlerweile deutlich mehr Mercedes, Audi und BMW in Korea als koreanische Autos hier.
Die deutsche Industrie war immer der Profiteur von Außenhandel. Das sehen Sie auch daran, dass wir mittlerweile einen Außenhandelsüberschuss, einen positiven Saldo von über 200 Milliarden Euro haben.
(Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Zum Leidwesen der anderen europäischen Länder!)
Wenn wir das Abkommen nicht abschließen, was passiert denn dann? Unser Export ist eine tragende Säule der deutschen Wirtschaft. Es ist einfach Unfug, zu glauben, wir könnten darauf verzichten. Wenn wir das machen würden, dann können Sie davon ausgehen, dass die deutsche Wirtschaft sehr schnell nicht mehr in der Lage sein würde, die vielen Arbeitsplätze zu stellen, die sie stellt. Gestern haben wir die tolle Zahl zur Kenntnis bekommen, dass wir nur knapp 2,7 Millionen Arbeitslose haben. Das sind immer noch zu viele. Aber auf der anderen Seite gab es seit der Wiedervereinigung noch nie so wenige Arbeitslose. Das ist doch eine Erfolgsstory! Darüber möchten Sie nicht reden; das kann ich durchaus verstehen. Als Opposition gefällt es einem nicht, wenn die Regierung etwas gut macht; dann ärgert einen das.
(Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Sie machen ja nichts gut!)
Aber ich möchte das hier schon erwähnen, und ich bin stolz darauf, dass es so ist.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Nur: Das hängt natürlich auch mit einem funktionierenden Export zusammen. Wenn er nicht funktioniert, dann sind rund 30 Prozent der Arbeitsplätze in Deutschland nicht nur gefährdet, sondern sie fallen weg. Gerade in der Situation, in der wir uns jetzt befinden, einer Situation, in der überall Flüchtlinge sind, brauchen wir die Integrationskraft der deutschen Wirtschaft. Wir müssen dafür sorgen, dass wir in der Lage sind, möglichst viele dieser Flüchtlinge aufzunehmen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Deswegen sollten wir gemeinsam dafür kämpfen, dass das funktioniert. Wir sollten gemeinsam dafür kämpfen, indem wir alle Schwierigkeiten für die Wirtschaft, die da sind, jetzt aus dem Weg räumen. Das muss unsere Aufgabe sein, und diese werden wir auch erledigen. Ich weiß genau, dass wir mit den Kollegen von der SPD auf dem richtigen Weg sind.
Wir werden nicht zulassen, dass Abkommen wie TTIP die ganze Zeit schlechtgeredet werden. TTIP ist eine große Chance für uns, eine Chance für Europa, eine Chance für Arbeitsplätze in Europa, eine Chance zur Sicherung von Arbeitsplätzen in Europa und für eine bessere Zusammenarbeit über den Atlantik hinweg. Daran arbeiten wir weiter.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Vielen Dank, Kollege Dr. Fuchs. – Nächster Redner in der Debatte: Klaus Ernst für die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/5890997 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 127 |
Tagesordnungspunkt | Handelspolitik und Handelsabkommen TTIP und CETA |