Erika SteinbachCDU/CSU - Bericht der Regierung zur Menschenrechtspolitik
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Elfte Menschenrechtsbericht der Bundesregierung mit all seinen bedenkenswerten Facetten ist heute zu beraten. Es ist ein umfangreiches Paket, in dem viele Themen und Dinge bezüglich der Menschenrechte dargelegt werden.
Es gibt zurzeit ein Thema, das in Deutschland, in Europa und vor unserer Haustür im Nahen Osten alles überlagert: Die Völkerwanderung in Richtung Europa, hier insbesondere nach Deutschland, beschäftigt die Menschen im Lande. Damit eng verbunden ist ein gravierendes Menschenrechtsthema. Die aktuellen Migrantenströme zeigen die Anziehungskraft unseres Landes. Hunderttausende aus dem Nahen Osten und Afrika suchen in diesen Tagen und Monaten das, was ihnen in der Heimat fehlt. Sie suchen ein Leben in Sicherheit. Sie suchen ein Leben in Freiheit und in Wohlstand. Illegitim ist das nicht.
Heute sind weltweit 60 Millionen Menschen auf der Flucht oder auf der Wanderung und damit auf der Suche nach einem anderen Ort für ihr neues Leben. Neu für uns ist diese Erkenntnis nicht. Im Menschenrechtsausschuss des Deutschen Bundestages beschäftigen wir uns seit Jahren mit den zunehmenden Wanderungsströmen.
Bereits bei der Einbringung des Haushaltes im vorigen Jahr habe ich darauf hingewiesen, wenn Deutschland, wenn Europa, wenn die demokratischen Staaten dieser Welt nicht gemeinsam alles tun, um das massenhafte Elend am Entstehungsort zu lindern, dann werden wir früher oder später in unserem Land die Folgen spüren. Die pure Not hat Menschen hierher getrieben, weil die Völkergemeinschaft nicht alles getan hat, um vor Ort Linderung zu schaffen. Die meisten Menschen würden doch gerne in der Heimat oder nahe der Heimat bleiben. Dafür hat es in den letzten Jahren viel zu wenig Hilfestellung gegeben, im Gegenteil. Was ist geschehen? Der UNHCR, die Vereinten Nationen haben die Mittel für Nahrung in den Flüchtlingscamps im Nahen Osten fast halbiert, weil die anderen Länder das Geld nicht bezahlt haben, das der UNHCR benötigt. Das ist eine Schande für die Weltgemeinschaft; das muss man deutlich sagen.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Der Europäischen Union war das nicht unbekannt. Die Europäische Union hat nicht alles getan. Sie hat die Augen und Ohren vor dem verschlossen, was sich vor den Toren Europas tut. Allein mit dem Retten von Menschen im Meer ist es nicht behoben. Mehr noch: Die Europäische Union hat seit Jahren die katastrophale Flüchtlingslage in Griechenland und in Italien – wie oft haben wir uns im Menschenrechtsausschuss mit dieser Thematik auseinandergesetzt – fahrlässig, ja sträflich hingenommen und damit dazu beigetragen, dass sich die Karawane der Migranten heute in Richtung Europa, in Richtung Deutschland bewegt.
Deutschland ist ein Land mit wirklich großer Hilfsbereitschaft. Es ist erfreulich, das zu sehen. Es ist erfreulich, zu sehen, dass das Betreuen von Flüchtlingen fast überwiegend mit ehrenamtlichen Kräften möglich gemacht wird. Das ließ sich selten so erkennen wie bei der Betreuung von Hunderttausenden Flüchtlingen in den letzten Wochen, die innerhalb einer kurzen Zeit zu uns gekommen sind. Jeder Mensch, der nach Deutschland kommt, muss und soll menschenwürdig behandelt werden – das ist unser Anspruch –, ob er hierbleiben darf oder ob er zurückgeschickt werden muss.
Aber, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, wer Augen hat, um zu sehen, weiß, dass die Grenzen der Aufnahmefähigkeit hier im Lande erreicht sind. Sprechen Sie mit den Bürgermeistern, mit den Landräten vor Ort. Die Situation in den Lagern – anders kann man es nicht nennen – wie Messehallen, Turnhallen, Zeltlager macht es deutlich; noch so viel Hilfsbereitschaft kann nicht darüber hinwegtäuschen.
Wenn wir auf der einen Seite Hilfsbereitschaft zeigen, dann müssen wir auf der anderen Seite die Augen für das offen halten, was es noch gibt: Die Zustände, die inzwischen in den Masseneinrichtungen und in ihrem Umfeld zu beobachten sind, müssen uns alarmieren. Wir dürfen darüber nicht einfach den Mantel des Schweigens ausbreiten. Es spricht sich trotzdem herum; also müssen wir darüber reden.
Gewaltausbrüche zwischen Asylsuchenden sind nach Angaben des Vorsitzenden der Deutschen Polizeigewerkschaft, Herrn Wendt, seit Wochen zu beobachten. Insider wissen das schon seit längerer Zeit. Religiöse und ethnische Konflikte sind nach Deutschland importiert worden. Es haben sich teilweise Clans herausgebildet, die um die Vorherrschaft in den Lagern gewalttätig ringen. Die Leidtragenden sind oftmals Frauen und Kinder. Sie sind in diesen Einrichtungen immer wieder sexuellen Übergriffen bis hin zur Vergewaltigung ausgesetzt. Auch werden Frauen zur Verschleierung gezwungen. Unsere Polizei und die Ordnungskräfte, auch die nichtausgebildeten Ordnungskräfte, sind mit diesen Situationen oftmals überfordert.
Die ungeheure Zahl von Menschen, die mit einem ganz anderen Wertefundament hierhergekommen sind, hat mit dazu beigetragen, dass leider das Recht häufig nicht mehr umgesetzt werden kann, weder in den Aufnahmeeinrichtungen noch in deren Umfeld. Darüber hinaus sind Hunderttausende abgetaucht und befinden sich illegal im Lande.
Diese Situation muss Menschenrechtsengagierte hellhörig machen. Die Grenze dessen, was Deutschland an Hilfe leisten kann, ist längst überschritten. An die Linke gerichtet: Nur ein Narr gibt mehr, als er hat.
(Heike Hänsel [DIE LINKE]: Wir haben aber mehr! 10 Billionen Privatvermögen!)
Das Elend dieser Welt mit 60 Millionen flüchtenden Menschen lässt sich weder in Deutschland noch in Europa heilen, beim allerbesten Willen nicht.
(Inge Höger [DIE LINKE]: Rüstungsexportstopp!)
Der gute Wille hier im Lande ist doch jeden Tag sichtbar.
Was ist zu tun?
(Heike Hänsel [DIE LINKE]: Sie wurden aus der Heimat vertrieben, Frau Steinbach!)
Was haben wir für Möglichkeiten? Es muss baldmöglichst gelingen, alle, die nicht hierbleiben dürfen, wieder zurückzuschicken. Wenn man die einzelnen Schicksale sieht, dreht es einem schon das Herz im Leib herum. Aber wir haben eine Gesamtverantwortung. Wir alle, die wir hier sitzen, sind für dieses Land verantwortlich. Aber das wird nicht reichen.
Wir müssen den Zuwanderungsstrom so konsequent wie möglich stoppen. Wir müssen dazu beitragen, in den Herkunftsländern und in deren Anrainerstaaten, auch mithilfe der Europäischen Union, die Versorgung der Menschen mit den elementarsten Dingen zu sichern. Es darf nicht sein, dass die Menschen in den Flüchtlingseinrichtungen im Nahen Osten Hunger leiden, sie nicht genug zu trinken bekommen und die Kinder nicht in die Schule gehen können. Das, was wir leisten können, sollten wir vor Ort, also heimatnah, zu implementieren versuchen.
(Heike Hänsel [DIE LINKE]: Das weiß man seit zwei Jahren! Jetzt plötzlich kommen Sie damit! Zwei Jahre zu spät!)
Was Deutschland betrifft: Wenn wir nicht auf eine katastrophale Situation zusteuern wollen, müssen wir ein Grenzregime implementieren, mit dessen Hilfe Nichtasylberechtigte sofort abgewiesen werden. Wenn wir Menschenrechte ernst nehmen, dann ist das unverzichtbar, um hier unseren Menschenrechtsstatus zu erhalten und ungute Strömungen nicht aufwachsen zu lassen. Warum sage ich das? Wir haben kaum noch Möglichkeiten, noch mehr Menschen hier unterzubringen. Jeder möge in seinem Wohnort nachsehen, wo es dort noch Möglichkeiten gibt.
Für diejenigen, die das Recht haben, hierzubleiben, wird es nicht reichen, unsere Sprache zu sprechen. Sie müssen sich auch mit unseren Werten auseinandersetzen. Diese müssen sie respektieren. Sie müssen auch gewisse Gewohnheiten ablegen. Wenn ich in Frankfurt sehe, dass eine Muslima drei Schritte hinter ihrem Mann läuft, dann widerspricht das dem Menschenrechtsstatus der Gleichberechtigung von Mann und Frau.
Das bedeutet auch, dass wir die Grenzen im Zusammenleben aufzeigen müssen. Das heißt, Regeln und Werte, die unser schönes Land ausmachen und die das Miteinander so auskömmlich und erfreulich machen, sollten wir offensiv vertreten. Wer Menschenrechte in Deutschland tatsächlich ernst nimmt, der muss auf die Einhaltung dieser Regeln dringen. Ich glaube, das ist der einzige Weg, den wir gehen können.
Ich bedanke mich.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Christoph Strässer [SPD])
Vielen Dank. – Als nächster Redner hat Omid Nouripour von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.
(Beifall des Abg. Michael Brand [CDU/CSU])
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
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Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 127 |
Tagesordnungspunkt | Bericht der Regierung zur Menschenrechtspolitik |