Hiltrud LotzeSPD - Stärkung der Kultur im ländlichen Raum
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Gäste auf den Besuchertribünen! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der ländliche Raum, auf den unser Antrag zur Stärkung der Kultur abzielt, das sind manchmal auch solche Regionen, in denen im schlechtesten Fall außer dem Schulbus seit Jahren kein Bus mehr fährt, aus denen viele junge Menschen längst in die nächste Stadt gezogen sind, in die kaum noch jemand zieht, weil das letzte Kino, die letzte Kneipe und der letzte Einkaufsladen zugemacht haben. Die Demografie tut ein Übriges, dass sich ganze Landstriche langsam entvölkern.
Dass sich manche Landkreise und Regionen trotz dieser Aussicht nicht mit ihrem Schicksal abfinden, das zeigt beispielhaft der Landkreis Lüchow-Dannenberg in meinem Wahlkreis. Lüchow-Dannenberg war Zonenrandgebiet und an drei Seiten von der DDR eingegrenzt. Heute leben dort noch 40 Einwohner pro Quadratkilometer. Das Wendland und die Region dort haben zu Recht einen guten Ruf unter Naturliebhabern. Es gibt die wunderbare Flusslandschaft Elbe, die einzigartigen Rundlingsdörfer und andere schöne Dinge mehr. Aber fehlende Arbeitsplätze, schwache Wirtschaftskraft und schlechte Anbindung bewirken, dass die Menschen eher wegziehen als zuziehen, und die, die dableiben, werden immer älter.
Dieser Trend ist dort zwar nicht gestoppt, aber die Menschen haben den Kampf um ihre Region nicht aufgegeben. Das Wendland punktet mit einer vielfältigen Kultur, die auf ehrenamtlicher Basis mit sehr viel Ehrgeiz und Kreativität umgesetzt wird. Es würde meine Redezeit deutlich überschreiten, wenn ich all die tollen Projekte aufzählen würde. Herausragend dort ist die „Kulturelle Landpartie“, das größte selbstorganisierte Kulturfestival in Norddeutschland.
(Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Super!)
– Genau, ich höre hier schon: Das ist super. Ich habe auch schon einige dort getroffen.
Zehntausende Besucher kommen jährlich für zwölf Tage ins Wendland, um Kunst und Kultur, Theater, Musik, offene Werkstätten, traditionsreiches Handwerk zu erkunden. Entstanden ist die Kulturelle Landpartie übrigens aus dem Atomwiderstand, und dazu gibt es auch vielfältige Angebote. Die Betonung liegt hier auf „selbstorganisiert“, denn das kulturelle Angebot wird von den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort bestritten.
Natürlich – das ist hier mehrfach gesagt worden – darf bürgerschaftliches Engagement nicht die Verantwortung der öffentlichen Hand für Finanzierung und Ermöglichung von Kultur ersetzen. Genau dieses Spannungsfeld lotet unser Antrag hervorragend aus.
Das Beispiel Wendland zeigt aber sehr deutlich, dass die Politik in vielen ländlichen Regionen an tolle Eigeninitiativen anknüpfen kann. Unsere Aufgabe ist es, die Rahmenbedingungen zu schaffen, um das Engagement vor Ort zu unterstützen und anzuerkennen. Wir müssen es den Menschen noch einfacher machen, ihre Ideen vor Ort umzusetzen.
Der Antrag zielt genau darauf ab, indem er fordert, bürokratische Hürden abzubauen, Förderdatenbanken übersichtlich zu bündeln und umfassende Beratung zu gewährleisten, um die Kulturinitiativen vor Ort zu unterstützen. – Ich bin gleich fertig. – Das Beantragen von Fördergeldern muss vereinfacht werden. Denn oftmals scheitern Initiativen daran, dass die Antragstellung zu zeitaufwendig und kompliziert ist.
Das alles muss verbessert werden; dann kann die Kultur einen Beitrag dazu leisten, dass in den ländlichen Regionen das Licht an bleibt und hell strahlt.
Die Kulturelle Landpartie – damit komme ich zum Schluss – findet immer zwischen Himmelfahrt und Pfingsten statt. Ich darf alle einladen, einmal daran teilzunehmen. Sie werden begeistert sein.
Vielen Dank.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/5892066 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 127 |
Tagesordnungspunkt | Stärkung der Kultur im ländlichen Raum |