01.10.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 127 / Tagesordnungspunkt 12

Mathias MiddelbergCDU/CSU - Umsetzung der Änderung der Transparenzrichtlinie

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Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf erreichen wir wesentliche Verbesserungen der Situation am Kapitalmarkt. Wir verbessern insbesondere die Situation für die Anleger, auch für die Kleinanleger am Kapitalmarkt. Zwei zentrale Teile dieses Gesetzgebungsverfahrens möchte ich besonders ansprechen:

Das eine sind die Transparenzvorschriften. Viele von uns können sich noch an folgende Übernahmekonstellationen erinnern: Schaeffler und Conti sowie VW und Porsche. Damals war es so, dass die Unternehmen, die übernehmen wollten, nur wenige Aktien erworben haben. Sie blieben damit unterhalb der Schwelle, ab der an die BaFin, also die Aufsichtsbehörde, zu melden war. Sie hatten sich aber sehr viele Aktien, teilweise über 20 und 30 Prozent, durch verschiedene Optionsgeschäfte, die damals nicht meldepflichtig waren, gesichert. Das hat zu gravierenden Kursausschlägen geführt. Die VW-Aktie hat, wie sich vielleicht einige erinnern, damals an einigen Tagen über 1 000 Euro gekostet. Das war ungefähr das Zehnfache des damals üblichen Wertes. Das hat natürlich zu einer erheblichen Schädigung des Vertrauens der normalen Anleger, der Kleinanleger, in den Kapitalmarkt geführt.

2011 haben wir die Situation bereinigt, indem wir die Meldevorschriften in dem Bereich deutlich verschärft haben; aber wir haben das noch nicht mit einem richtigen Sanktionssystem hinterlegt. Damals war es so und bis jetzt ist es noch so, dass man, wenn man gegen diese Meldevorschriften verstößt, mit einer Geldbuße von maximal 1 Million Euro zu rechnen hat. Das ist natürlich nicht ganz ausreichend. Wenn ich ein Milliardengeschäft im Blick habe, dann lasse ich mich nicht von einer Geldbuße von 1 Million Euro abschrecken. Ich halte es für ganz wichtig, dass wir jetzt den Schritt gehen, die Geldbußen umsatzabhängig zu gestalten und überdies die Möglichkeit des Stimmrechtsverlusts vorzusehen. Das heißt, derjenige, der Papiere akquiriert, die meldepflichtig sind, aber nicht meldet, muss im Zweifel damit rechnen, dass er das Stimmrecht für die entsprechenden Aktien nicht ausüben kann. Das ist das wirksamste Mittel, um im Kapitalverkehr für Klarheit und Transparenz zu sorgen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Die zweite Maßnahme, die ich hervorheben möchte, ist die Neuregelung des Delisting. Der Bundesgerichtshof hat durch seine Rechtsprechung die bisherigen Regelungen zur Makulatur gemacht. Es war eine Situation entstanden, in der die Anleger, wenn sich ein Unternehmen von der Börse zurückzog, praktisch ohne Rechtsschutz dastanden. Auch wenn in einigen Fällen die Kurse – zumindest kann man das vermuten – vielleicht zielgerichtet beeinflusst und heruntergetrieben wurden, bestand für die Anleger im Grunde keine Entschädigungsmöglichkeit. Es war eine Schutzlücke im Anlegerrecht entstanden.

Deswegen sind wir als Unionsfraktion tätig geworden und haben eine Initiative gestartet.

(Dr. Johannes Fechner [SPD]: Das war schon unsere Initiative!)

Ich freue mich sehr, dass sich der Koalitionspartner daran in sehr konstruktiver Form beteiligt hat und gute und brauchbare Vorschläge eingebracht hat, die wir gemeinsam, glaube ich, zu einem sehr brauchbaren, guten Gesetzentwurf geformt haben.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Jetzt haben einige Kritiker gesagt: Ihr müsst aber eigentlich die alte Rechtssituation wiederherstellen, Entschädigung zum Ertragswert, Spruchverfahren usw. – Wir meinen, dass das nicht der Fall sein sollte. Denn beim Delisting verliert man nicht den Anteilswert an sich, sondern man verliert nur die Handelbarkeit dieses Anteilswertes an der Börse. Das ist etwas anderes als beim Squeeze-out, wenn man aus dem Unternehmen hinausgedrückt wird. Dann muss man eine Entschädigung zum Ertragswert erhalten, also zum eigentlichen Wert des Anteils. Beim Delisting verliere ich nur den Wert der Handelbarkeit der Aktie. Das ist etwas anderes. Deshalb ist es angemessen, hierbei auf den Börsenkurs abzustellen. Das tun wir, und wir haben einen, finde ich, sehr brauchbaren Zeitraum von sechs Monaten dafür gewählt.

Wir brauchen auch keinen Hauptversammlungsbeschluss für diese Maßnahme; denn es handelt sich beim Rückzug von der Börse nicht um eine Strukturveränderung in der Gesellschaft. Auch beim Börsengang gibt es keinen Hauptversammlungsbeschluss. Es geht um die Handelbarkeit eines Anteils und nicht um eine strukturelle Veränderung in der Gesellschaftsstruktur. Das muss man sauber auseinanderhalten.

Was den Rechtsschutz angeht, haben wir uns nicht für das Spruchverfahren, sondern für das Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (KapMuG) ausgesprochen. Ich halte auch das für die richtige Entscheidung, weil es darum geht, effizienten Rechtsschutz zu erreichen. Das ist nicht gegeben, wenn wir Verfahren mit einer Dauer von mehr als zehn Jahren haben, wie das im Moment beim Spruchverfahren der Fall ist.

Wir haben allerdings eine Ausnahmeregelung getroffen, nämlich für den Fall, dass der Börsenkurs – ich sage das einmal so – beeinflusst wird. Wenn wir Hinweise darauf haben und es festgestellt worden ist, dass beispielsweise fehlerhafte Ad-hoc-Mitteilungen gemacht wurden, wenn Tatsachen unterdrückt wurden, der Kapitalmarkt nicht zutreffend informiert wurde, oder wenn wir sogar Fälle von Kursmanipulation haben, dann ist es richtig, in dieser manipulierten Situation, wenn der Börsenkurs eben keine Aussagekraft hat, auf den Ertragswert zu rekurrieren. Diese Sondertatbestände haben wir eingebracht und damit, glaube ich, sachgerecht gehandelt.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Insgesamt war es – es ist mir ein Anliegen, dies am Ende festzustellen – wichtig, wirksame Regelungen für einen wirksamen Anlegerschutz zu schaffen. Wir müssen aber auf der anderen Seite bei diesen kapitalmarktrechtlichen Maßnahmen immer auch daran denken, dass die Börse als Finanzierungsinstrument für unsere Unternehmen zur Verfügung stehen muss. Die Börse muss ein attraktives Ziel sein. Ein junges, innovatives Unternehmen muss sich, sage ich einmal, freudig der Börse zuwenden wollen. Es muss sehen, dass ein Börsengang mit vertretbaren Mitteln und berechenbar zu realisieren ist.

Genauso muss das aber gelten, wenn es zu dem Szenario kommt, dass ein Unternehmen, aus welchen Gründen auch immer, die Börse verlassen will; auch das muss möglich und berechenbar sein.

(Beifall des Abg. Dr. Philipp Murmann [CDU/CSU])

Das erreichen wir, glaube ich, mit diesem Gesetzentwurf: vernünftigen, wirksamen Anlegerschutz und gleichzeitig eine berechenbare, klare Situation an der Börse.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Vielen Dank. – Für die Fraktion Die Linke spricht jetzt Dr. Axel Troost.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/5892249
Wahlperiode 18
Sitzung 127
Tagesordnungspunkt Umsetzung der Änderung der Transparenzrichtlinie
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