Philipp MurmannCDU/CSU - Umsetzung der Änderung der Transparenzrichtlinie
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als Norddeutschem sei es mir gegönnt, noch etwas genauer auf das Thema Schiffserlöspools einzugehen.
(Dr. Jens Zimmermann [SPD]: Hört! Hört!)
Die gute Nachricht gleich vorweg: Die Schiffserlöspools bleiben von der Versicherungsteuer befreit. Das ist ein wichtiges und gutes Signal an die Schifffahrt, das wir hier eindeutig senden wollen, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Lieber Herr Troost, normalerweise beschäftigen Sie sich immer intensiv mit einer Sache, bevor Sie entsprechende Schlussfolgerungen ziehen, aber in dem Fall, muss ich sagen, haben Sie sich vielleicht nicht ausreichend damit beschäftigt. Immerhin hat es 88 Jahre gedauert, bis ein Bundesfinanzbeamter auf die Idee gekommen ist, einen Schiffserlöspool mit Versicherungsteuer zu belegen. Das Versicherungsteuergesetz ist von 1922.
(Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Da gab es die Pools noch nicht!)
– Nun mag es solche Konstruktionen nicht von Anfang an gegeben haben – das kann sein –, aber es gibt sie schon relativ lange.
1 500 Schiffe sind in solchen Poolkonstruktionen zusammengeschlossen. Meistens umfassen die Pools 20 bis 40 Schiffe. Warum macht man das? Weil viele Reeder in Deutschland relativ klein sind: Immerhin ein Drittel – 36 Prozent aller Reeder – hat nur ein Schiff. Weitere 36 Prozent der Reeder haben weniger als zehn Schiffe. Auf einem globalen Markt ist es natürlich relativ schwer, mit einem, zwei oder drei Schiffen tätig zu werden und am Spotmarkt Transportaufträge zu bekommen. Deswegen hat man sich schon vor relativ langer Zeit entschlossen, solche Pools zu bilden, um entsprechende Aufträge übernehmen zu können. Die Eigner geben die Erlöse sozusagen in einen Topf und verteilen sie dann nach einem bestimmten Schlüssel. Wenn man das nicht täte, würden die kleinen Reeder, die nur ein Schiff oder wenige Schiffe haben, komplett aus diesem Markt verdrängt. Deswegen ist es nicht angemessen, wenn Sie hier sagen, wir würden das irgendwie subventionieren.
Eine Versicherungsteuer auf solche Schiffserlöspools hat es nie gegeben. Warum sollten wir jetzt, in dieser Situation eine solche Maßnahme einführen? Ich finde, das macht keinen Sinn. Deswegen ist es richtig, dass wir dafür gesorgt haben, dass das jetzt auch entfristet wird.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Christian Petry [SPD])
Um ein Beispiel zu bringen: Wenn ein solcher Pool 14 Schiffe umfasst und der Erlös sich auf etwa 6 Millionen Euro im Jahr beläuft, würde die Steuer – 19 Prozent – immerhin etwa 1,2 Millionen Euro betragen, pro Schiff 90 000 Euro. Das ist eine Größenordnung, die für viele Reeder in der momentanen Situation kaum zu stemmen ist. Wir wollen sie jedoch nicht verlieren. Deswegen – noch einmal – haben wir uns dazu entschlossen, diese Versicherungsteuer nicht zu erheben.
Dem Fiskus hätte das wohl etwa 200 Millionen Euro gebracht. In solchen Fällen reiben sich Vertreter des Bundesfinanzministeriums und auch andere natürlich die Hände und sagen: Da könnten wir noch 200 Millionen Euro einnehmen. Aber einerseits entstehen auch Kosten, und andererseits, denke ich, ist es unsere Aufgabe, immer dafür zu sorgen, dass wir am Ende einen Ausgleich zwischen dem, was volkswirtschaftlich sinnvoll, und dem, was fiskalisch sinnvoll ist, finden. Deswegen bin ich der Meinung: An dieser Stelle haben wir das so richtig gemacht. Ich danke auch dem Kollegen Schwarz ganz besonders, der gerade abgetaucht ist oder zum Abendessen musste,
(Zuruf von der CDU/CSU: Er ist auf hoher See! – Lothar Binding (Heidelberg) [SPD]: Auf Kreuzfahrt!)
der – wie auch die Mitarbeiter des Bundesfinanzministeriums – intensiv daran mitgearbeitet hat.
(Lothar Binding (Heidelberg) [SPD]: Der ist nicht zum Essen, sondern kümmert sich um Schiffe, weil klar ist, dass von 4 000 Schiffen nur 200 unter deutscher Flagge fahren! Die ganzen Vergünstigungen haben noch nicht dazu geführt, dass es mehr geworden wären!)
– Nein, wir stehen da in einem extremen Wettbewerb, in einem Subventionswettbewerb mit verschiedenen Ländern. Deswegen ist vielleicht auch noch einmal wichtig – weil Sie das sagen, Herr Binding –, zu betonen: Dass wir dieses Gesetz heute verabschieden, ist ein besonderes Signal. Die Schifffahrtsbranche – wir sind eine Schifffahrtsnation, eine Handelsnation – trifft sich alle zwei Jahre zur Nationalen Maritimen Konferenz, die netterweise von der Bundesregierung ausgerichtet wird, um da alle Themen, die relevant sind, zu diskutieren.
Zum Glück haben wir dieses Mal das Thema „Versicherungsteuer auf Erlöspools“ nicht auf der Tagesordnung; wir können uns stattdessen konstruktiv um andere Themen kümmern. In Deutschland arbeiten immerhin noch 400 000 Mitarbeiter in dieser Industrie, und es werden dort 30 Milliarden Euro umgesetzt, die auch in Deutschland versteuert werden. Insofern ist das auch für uns eine relevante Größe, und ich bin dankbar, dass wir das Gesetz nun gemeinsam auf den Weg gebracht haben.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ich komme zum Schluss. Herr Gambke, Sie hatten im Ausschuss gesagt, dass Sie das ordnungspolitisch für schwierig halten. Ein Blick ins Versicherungsteuergesetz zeigt, dass es dort jede Menge Ausnahmen gibt.
(Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das macht es nicht besser!)
Ich denke, das ist eine Ausnahme im Versicherungsteuergesetz, an die erstens die Gründerväter damals wohl noch gar nicht gedacht hatten – sie haben sicherlich nicht geglaubt, dass so etwas jemals auftreten würde – und die zweitens sinnvoll ist.
Wir sind eine Schifffahrtsnation, und wir wollen auch eine Schifffahrtsnation bleiben. Dafür wollen wir uns auch weiterhin einsetzen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Dr. Jens Zimmermann [SPD]: Ahoi!)
Vielen Dank. – Für die SPD-Fraktion erhält jetzt Dr. Johannes Fechner das Wort.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/5892293 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 127 |
Tagesordnungspunkt | Umsetzung der Änderung der Transparenzrichtlinie |