01.10.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 127 / Tagesordnungspunkt 12

Heribert HirteCDU/CSU - Umsetzung der Änderung der Transparenzrichtlinie

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörer! Wir haben gehört, welches der Hintergrund des Änderungsantrags ist, den wir als Koalitionsfraktionen zum Gesetzespaket noch eingebracht haben; der Kollege Middelberg hat das ausführlich geschildert. Bei uns in der Fraktion bestand schon sehr früh Konsens darüber, dass hier – bei der Wiedereinführung einer Abfindung der Aktionäre im Falle eines Delistings – die Notwendigkeit gesetzgeberischen Handelns besteht. Wenn die SPD das nicht mitbekommen hat, ist das natürlich traurig. Aber sie war bei unseren internen Gesprächen auch nicht dabei. Sagen wir es einfach so: Der Erfolg hat viele Väter, und das ist gut so.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Konsens bestand dabei auch darüber, dass ein Hauptversammlungsbeschluss zu dieser Entscheidung nicht mehr vorgesehen werden sollte, weil einerseits die Mehrheiten klar sind – Herr Kollege Schick schaut deshalb jetzt vielleicht weg – und weil andererseits die mit dem Hauptversammlungsbeschluss zu vermittelnden Informationen auf andere Weise, vielleicht sogar besser, nämlich nun nach der Wertpapierübernahmegesetz-Angebotsverordnung, mit behördlicher Kontrolle und auch billiger, bereitgestellt werden können.

Der entscheidende Punkt für uns ist aber gewesen: Wie berechnet sich die Höhe der Abfindung? Hier haben wir uns im Interesse der Verfahrensvereinfachung dafür entschieden, zunächst einmal an den Börsenkurs in den letzten sechs Monaten vor einem Delisting oder ein davor erfolgtes Erwerbsangebot anzuknüpfen; denn insbesondere der Börsenkurs ist leicht zu ermitteln und gibt damit auch den Unternehmen die Freiheit, sich irgendwann von der Börse zurückzuziehen.

Natürlich haben wir auch intensiv darüber diskutiert, ob man die Maßnahme nicht ähnlich einer Umwandlung behandeln und die Abfindung nach dem Spruchverfahrensgesetz anhand einer Ertragswertberechnung ermitteln könnte. Ich selbst hatte – Herr Kollege Fechner hatte darauf hingewiesen – einmal einen solchen Vorschlag gemacht. Der große mit einem Spruchverfahren verbundene Aufwand hat uns aber davon abgehalten, und die überfällige Reform des Spruchverfahrensrechts konnten wir nicht sozusagen im Vorbeigehen erledigen.

Deshalb haben wir uns die Frage gestellt, warum Börsenkurs und Unternehmenswert nach Ertragswertberechnung häufig auseinanderfallen, obwohl sie theoretisch genau zum selben Ergebnis führen müssten. Es handelt sich schließlich nicht um zwei unterschiedliche Werte, sondern um zwei Methoden, um zum richtigen Unternehmenswert zu kommen. Wir haben als entscheidenden Grund ausgemacht, dass die nicht vollständige oder fehlerhafte Information des Kapitalmarkts der Punkt ist, auf den die Differenz zurückzuführen ist. Das haben wir dann – das ist schon mehrfach angeklungen – in einem völlig neuen Rechtsbehelf adressiert und vorgesehen, dass im Falle von fehlenden oder fehlerhaften Ad-hoc-Meldungen oder in Fällen der Marktmanipulation doch auf die Ertragswertmethode, also wie im Bereich des Spruchverfahrens, zurückzugreifen ist.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Die Emittenten haben damit die Wahl. Ein Rückzug von der Börse kann auf der Grundlage einer am Börsenkurs orientierten Abfindung erfolgen, dann, aber auch nur dann, wenn dieser Börsenkurs korrekt zustande gekommen ist. Das ist ein wichtiger Beitrag zum Anlegerschutz.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Fehler in der Informationspolitik haben dabei auch dann noch Auswirkungen auf den Börsenkurs in den relevanten sechs Monaten vor einem Delisting, wenn der ursprüngliche Fehler länger zurückliegt; denn die Veröffentlichungs- bzw. Korrekturpflicht wirkt fort und erstreckt sich in diesen Sechs-Monats-Zeitraum hinein. Im Übrigen sei – nur der Vollständigkeit halber – darauf verwiesen, dass allein schon durch den Verweis auf die Berechnungsmethode anhand des Börsenkurses mancherlei Manipulationen ausgeschlossen werden; denn dadurch werden auch sogenannte Parallelerwerbe erfasst. Wer jetzt sagt, der Börsenkurs sei ungeeignet, übersieht diesen sehr wichtigen Punkt.

Für die Durchsetzung des Abfindungsanspruchs haben wir noch weitere anlegerfreundliche Weichenstellungen vorgenommen. So haben wir vor allem das Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz hier für anwendbar erklärt, das auch unter Kostengesichtspunkten die Durchsetzung von Abfindungsansprüchen gegenüber dem allgemeinen Verfahrensrecht deutlich erleichtert. Es gibt also sehr wohl eine gerichtliche Kontrolle, Kollege Schick. Im Übrigen gehen wir davon aus, dass die Zivilgerichte das Verfahren insbesondere hinsichtlich der Beweislastverteilung und der Kostentragung gemäß dem Parteivortrag den Möglichkeiten und Grenzen der aus der Gesellschaft ausscheidenden Anleger anpassen. Da wir nicht sicher wissen, ob wir in allen Punkten recht haben, haben wir schließlich – darauf sei hingewiesen – eine Evaluationsklausel eingeführt. Wir schauen uns das alles in zwei Jahren noch einmal an.

Aber auch aus meiner Sicht: Vielen Dank an die Kollegen Petry und Fechner für die produktive Zusammenarbeit!

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Vielen Dank. – Nächster Redner ist Dr. Jens ­Zimmermann, SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/5892358
Wahlperiode 18
Sitzung 127
Tagesordnungspunkt Umsetzung der Änderung der Transparenzrichtlinie
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta