Dagmar SchmidtSPD - Armuts- und Reichtumsberichterstattung
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal möchte ich sagen, dass wir nicht nur der Ansicht sind, dass das Bundesministerium für Arbeit und Soziales die Kompetenz und die Expertise dazu hat, den Armuts- und Reichtumsbericht zu verfassen, nein, aus unserer Sicht hat es auch die Pflicht dazu. Dafür haben wir uns lange eingesetzt, und wir sind froh, dass wir jetzt eine regelmäßige Armuts- und Reichtumsberichterstattung haben.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Funktioniert nur nicht richtig!)
Der Armuts- und Reichtumsbericht wird ja nicht im wissenschaftlich luftleeren Raum erstellt, und er ist auch nicht das Einzige, was zu Fragen der Armuts- und Reichtumsforschung vorliegt. Es gibt den Bericht „Die zerklüftete Republik“ des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes genauso wie Einzeluntersuchungen zu wichtigen anderen Fragen. Wir haben zum Glück eine freie Wissenschaft und qualifizierte Institutionen wie die Hans-Böckler-Stiftung, wie Caritas, FES, Diakonie, IAB, DGB usw., die mit der Armutsforschung beschäftigt sind.
Es ist gerade wichtig, einen Bericht zu haben, der in der Verantwortung der Bundesregierung liegt, weil er dann eben auch von der Bundesregierung zu verantworten und zu verteidigen ist und weil er die konkrete Grundlage für eine Politik der Armutsbekämpfung und der Armutsprävention darstellt. Das Ministerium beschreibt das auf seiner Internetseite selbst wie folgt – ich zitiere –:
Ziel des Berichts ist in letzter Konsequenz die Entwicklung von … Handlungsoptionen zur Vermeidung und Bekämpfung von Armut und Ungleichheit. Auch dient der Bericht mittelbar der Überprüfung früher politischer Maßnahmen.
Der Bericht ist also ein Politikum, und genau das soll er auch sein.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Es wird nie die eine mögliche objektive Interpretation von Zahlen geben. Auch Sie geben Gutachten an den einen und nicht an den anderen.
Was wir von einem Armuts- und Reichtumsbericht der Regierung erwarten können, ist Transparenz und Nachvollziehbarkeit. Ich glaube, das ist durch die Internetseite vorbildlich gewährleistet.
Was wir noch erwarten können, ist eine ausgiebige Diskussion. Diesmal wird gut und eng mit dem Beraterkreis zusammengearbeitet. Auch von Armut direkt betroffene Menschen selbst werden gehört. Ich finde, auch das ist ein wichtiger Punkt.
Was wir noch erwarten können, ist, dass sich nicht immer die Gleichen das Gleiche erzählen, nur mit aktualisierten Zahlen. Das ist dadurch gewährleistet, dass es Schwerpunkte gibt, und dadurch, dass dem wissenschaftlichen Gutachtergremium sechs Nachwuchsschaftlerinnen und -wissenschaftler angehören, die ihrerseits einen kritischen Blick auf die Erstellung des Berichts werfen sollen.
Das alles gewährleistet eine qualitativ hochwertige Analyse und einen breit akzeptierten Bericht. Beim letzten Armuts- und Reichtumsbericht war das anders.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Allerdings!)
Die Zusammenarbeit mit dem Beraterkreis wurde auf ein Minimum reduziert, von Transparenz keine Spur. Auf Drängen der FDP wurden zahlreiche Passagen gestrichen,
(Zuruf von der SPD: Stimmt!)
so der Hinweis auf die sehr ungleiche Verteilung der Privatvermögen oder auf die 4 Millionen Menschen, die weniger als 7 Euro brutto pro Stunde verdienen.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Das stimmt! – Waltraud Wolff (Wolmirstedt) [SPD]: Können wir uns noch gut dran erinnern!)
Letzteres haben wir zum Glück ja ändern können.
(Beifall bei der SPD)
Das war politisch aussagekräftiger als alles, was die FDP ansonsten in der Debatte vorbringen konnte. Was war das politische Ergebnis? Wo ist die FDP heute?
(Heiterkeit bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Wenn ihr davor Angst habt und deswegen einen guten Bericht vorlegt, soll es mir recht sein!)
Was ich damit sagen will: Es ist gut, wenn die Regierung ihren Bericht verantworten und verteidigen muss.
Auch wenn es Deutschland insgesamt gut geht: Jedes fünfte Kind lebt in Armut. Alleinerziehend und weiblich zu sein, ist immer noch das größte Armutsrisiko. Die oberen 10 Prozent besitzen 60 Prozent der Vermögen, die unteren 50 Prozent gerade einmal 0,1 Prozent. Darüber und über die vielen interessanten Fragen, die im Bericht angelegt sind, muss geredet werden: über Armut und Reichtum, über sozialen Zusammenhalt und über die Verpflichtung des Eigentums in Deutschland.
Um es mit den Worten Wilhelm Buschs zu sagen:
Zu nehmen, zu behalten Und gut für sich zu leben, Fällt jedem selber ein. Die Börse zu entfalten, Den andern was zu geben, Das will ermuntert sein.
Auch zu dieser Ermunterung sollte die Debatte beitragen.
Glück auf!
(Beifall bei der SPD)
Vielen Dank. – Nächster Redner ist Matthias W. Birkwald, Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/5892384 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 127 |
Tagesordnungspunkt | Armuts- und Reichtumsberichterstattung |