01.10.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 127 / Tagesordnungspunkt 14

Thomas JarzombekCDU/CSU - Internationale Luftverkehrsabkommen

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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dass dieses Luftverkehrsabkommen zu einem solchen politischen Diskurs taugt, hätte man eigentlich nicht für möglich gehalten. Ich glaube, dass nicht nur der freie Handel etwas Gutes ist, sondern dass auch freie Flugbeziehungen etwas Gutes sind.

(Stephan Kühn (Dresden) [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dagegen hat niemand was! – Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir wollen nur nicht die Schiedsgerichte haben!)

Wir haben in den letzten Tagen viel über die Zukunft des Automobils geredet. Das Automobil hat für viele junge Menschen zu großer Freiheit geführt. Heute bringen günstige und einfache Flugverbindungen die Menschen nicht nur in Europa, sondern in der ganzen Welt zusammen. Unsere jungen Leute heute wissen, wie es in anderen Ländern aussieht. Das baut Ressentiments ab, bringt Menschen zusammen und macht Europa erst komplett.

Das Luftverkehrsabkommen zwischen Europa und den USA ist ein großer Erfolg in dieser Hinsicht, weil man jetzt schlicht und ergreifend von allen Orten des einen Kontinents zu allen Orten des anderen Kontinents fliegen kann. Das klingt wie eine Selbstverständlichkeit, ist aber keine. Es zeigt auch, wie die Perspektiven von Freihandel sind. Wenn man zurückschaut, stellt man fest: Es ist noch nicht viele Jahre her, und genau durch diese Luftverkehrsabkommen werden Wettbewerbsbeschränkungen innerhalb Europas, nämlich in Großbritannien, aufgehoben.

Am Airport Heathrow hatten allein British Airways und American Airways einen Marktanteil von 75 Prozent. Nur vier Fluggesellschaften durften in London landen. Das waren neben den beiden benannten noch Virgin und United. Der Markt war fein sortiert. Genau durch diese Abkommen hier hat man den Markt öffnen können, und jetzt dürfen auch unsere deutschen Airlines – die Lufthansa, Air Berlin – nach London fliegen. Das Ganze bringt in der Tat einen sehr spürbaren Effekt. Wenn man allein Air Berlin betrachtet, so sieht man, dass sich die Anzahl der Flüge in die USA in dem Zeitraum von 2008 bis heute verdoppelt hat – sogar um 105 Prozent gestiegen ist – und sich auch die Anzahl der verkauften Sitze verdoppelt hat. Das zeigt, dass hier in der Tat Wachstum zu verzeichnen ist und auch unsere Anbieter in diesen Markt gekommen sind, die es an dieser Stelle im Übrigen auch dringend nötig haben.

Ich glaube, dass Wettbewerb und Effizienz auch zum Umweltschutz beitragen; denn im besten Falle ist das Flugzeug voll und nicht halbleer. Erst dann, wenn die Anbieter gezwungen werden, so zusammenzuarbeiten, dass sie die Sitze füllen, ist auch der Umwelt gedient.

Ich bin schon überrascht, dass das Ganze jetzt offensichtlich auch noch zu einer Debatte über Schiedsgerichte, TTIP und Umweltstandards geworden ist.

(Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Lesen!)

Nun kann man in dieser Woche auch sagen, dass die Antwort auf die Frage, wo denn die höchsten Umweltstandards gelten, nicht zwangsläufig „in Europa“ lauten muss. Volkswagen hat gerade bitter zu spüren bekommen, dass in Amerika verdammt hohe Verbraucherschutz- und Umweltstandards gelten.

Ich glaube, dass es etwas Gutes ist, wenn sich die beiden Kontinente mit den strengsten Standards zusammentun und hier auch Freihandel ermöglichen.

(Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Volkswagen lässt grüßen!)

Vielleicht auch ein Wort zu den Schiedsgerichten, die ja unentwegt von Ihnen diskreditiert werden: Die Schiedsgerichte sind ja keine Erfindung der USA oder von irgendwelchen merkwürdigen Wirtschaftsinteressen geleitet gewesen.

(Stephan Kühn (Dresden) [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Trifft das auch für Toll Collect zu?)

Die Schiedsgerichte sind etwas, was wir selber gern haben wollten, weil es eine Reihe von Ländern auf dieser Welt gibt, die lieber vor einem Schiedsgericht verhandeln – ich will gar kein Land exemplarisch nennen – als vor den entsprechenden Gerichten in Staaten unserer sehr willkommenen Handelspartner.

(Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zählen die USA mit dazu? Zählen wir dazu?)

Deshalb ist das etwas, was uns hilft, und nichts, was uns schadet, meine Damen und Herren.

(Zuruf von der CDU/CSU: Sehr gut, ja!)

Und ganz ehrlich: Auch das Schiedsgericht von Toll Collect wäre viel schneller zu einem Ergebnis gekommen, wenn die rot-grüne Regierung damals nicht, – ich glaube, – 18 000 Seiten Vertragswerk fabriziert hätte,

(Stephan Kühn ( Dresden) [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie lange regieren Sie jetzt?)

wobei ich, ehrlich gesagt, fassungslos bin, wie man einen so komplexen Vertrag aufsetzen kann. Man darf sich dann nicht wundern, dass es schwierig ist, daraus am Ende eine Rechtsmeinung zu bilden.

(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf von der CDU/CSU: Stolpe war der Verkehrsminister!)

Nicht zuletzt – Herr Kollege Kühn, da haben Sie eine tolle Vorlage geliefert –: Ich glaube, es wäre vielleicht ein eleganter Weg gewesen, wenn man über ein Gerichtsverfahren aus der Luftverkehrsteuer herausgekommen wäre. Denn ich glaube, da sind wir Verkehrspolitiker uns alle einig: Das wäre ein guter Maßstab – auch für die Wettbewerbsfähigkeit – gewesen. Das ist das, was wir im Luftverkehr brauchen. Wenn wir sehen, was da in der arabischen Welt entsteht, was in der Türkei entsteht, erkennen wir, dass wir verdammt hart darum kämpfen müssen, dass unsere Airlines hier konkurrenzfähig bleiben. Das ist eine wichtige Aufgabenstellung für uns. Deshalb, glaube ich, ist dieses Abkommen, über das wir hier heute beschließen, ein gutes. Ich würde mir ganz klar wünschen, dass sich auch die arabischen Airlines in dieses Abkommen einbringen; denn das hätte zur Folge, dass hier – ohne Subventionen und Dumping – ein Wettbewerb auf Augenhöhe stattfinden könnte. Das ist das, was unsere Airlines brauchen.

Vielen Dank.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/5892562
Wahlperiode 18
Sitzung 127
Tagesordnungspunkt Internationale Luftverkehrsabkommen
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