01.10.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 127 / Tagesordnungspunkt 16

Uwe KekeritzDIE GRÜNEN - Asiatische Infrastruktur-Investitionsbank

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Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben jetzt einen schönen geschichtlichen Rückblick bekommen. Recht herzlichen Dank, Herr Zöllmer! Aber Sie hätten vielleicht auch etwas zur Entstehungsgeschichte dieser asiatischen Bank beitragen können. Es ist doch nicht zu leugnen, dass die Ursache für ihre Entstehung eigentlich in der maßlosen Arroganz der USA liegt, die sich jahrelang geweigert haben, den Ländern des Südens eine faire Beteiligung an den Mitbestimmungsrechten der Weltbank und des IWF einzuräumen. Folge sind die Gründungen der BRICS-Bank und natürlich auch der Asiatischen Infrastruktur-Investitionsbank. Nicht, dass wir da dringend Kapital brauchen, von wegen. Nein, das ist eine Reaktion und auch eine Kampfansage.

Nun stellt sich die Frage, ob wir Mitglied werden oder nicht. Ein Argument lautet: Wir müssen Mitglied werden, um positiven Einfluss auszuüben. – Das Argument ist per se sehr gut. Wir müssen aber genau prüfen, ob Deutschland eine solche Rolle tatsächlich wahrnehmen kann bei einer Beteiligung von 4,5 Prozent gegenüber einer Beteiligung Chinas von mehr als 30 Prozent. Zudem ist die Frage zu stellen, ob die Deutschen eigentlich immer die Guten sind; aber das lassen wir einmal beiseite. Auch über das Argument, Konkurrenz fördere das Geschäft, müssen wir einmal nachdenken. Es gibt 19 multilaterale internationale Finanzinstitute. Deshalb kann ich nicht sehen, dass es dafür großen Bedarf gibt.

Es sind Fragen zu klären. Erstens: Welche Standards werden bei der Vergabe von Krediten angewendet? Wir haben gerade vom Staatssekretär gehört, dass es die höchsten Standards sind. Wie kommen Sie eigentlich zu dieser Feststellung? Von diesen Standards möchte ich schon einmal in Schriftform lesen. Was ich weiß, ist, dass die Chinesen im Wesentlichen die Standards der Weltbank abgeschrieben haben. In einem Bereich sind sie besser, nämlich was die Behandlung der Regenwälder angeht. In anderen Bereichen sind sie definitiv schlechter – das wurde bereits genannt –, zum Beispiel bei der Förderung von Kohlekraftwerken und Atomkraftwerken.

Zweitens: Wie werden die Standards aktualisiert, verändert, weiterentwickelt? Drittens: Welche Evaluationsmechanismen werden eingesetzt? Viertens: Gibt es Beschwerdeverfahren?

Fünftens. Wir wissen ganz genau, dass es Transparenz ohne die Einbindung der Zivilgesellschaft nicht gibt. Wie schaut es mit der Transparenz aus? Wie schaut es mit der Einbindung der Zivilgesellschaft aus? Ich kann Ihnen sagen: Das schaut ganz miserabel aus. Die Einbindung der Zivilgesellschaft ist aber notwendig, damit aus dieser Bank eine demokratische Einrichtung werden kann, die die Standards ökologischer und sozialer Art erfüllen kann.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wie ist die Bank strukturell organisiert? Wie laufen Entscheidungsprozesse ab? Das ist alles völlig unklar. Wir müssen uns doch darüber im Klaren sein: Wir haften nicht nur für 4,5 Milliarden Dollar, sondern wir tragen gerade in Zeiten von SDGs und Klimakonferenz eine große politische Verantwortung. Wie wird sichergestellt, dass die asiatische Bank nach diesen Prinzipien ausgerichtet wird?

Herr Zöllmer, Sie haben die schlechten Erfahrungen hinsichtlich der Weltbankprojekte angesprochen – das kann ich nur bestätigen –: Zwangsumsiedlungen bei Staudammprojekten, Missachtung der Rechte indigener Völker, Transportkorridore in den Regenwäldern usw. Das ist nur eine kleine Auswahl üblicher Verfehlungen der Weltbank.

Stutzig macht mich auch, dass das Finanzministerium die Federführung für diesen Bereich erhält. Will sich das Finanzministerium tatsächlich um die Strukturen in Malawi kümmern? Warum nicht das BMZ? Damit kommen wir weiter, aber zielgenau weg von der Kohärenz, die wir alle immer als sehr wichtig ansehen. Wir brauchen mehr und nicht weniger Kohärenz.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. Axel Troost [DIE LINKE])

Es droht, dass Deutschland demnächst wieder den Bau von Atomkraftwerken und Kohlekraftwerken mitfinanziert. Damit steht natürlich auch unsere Glaubwürdigkeit auf dem Prüfstand. Das kann nicht sein. Das muss – wie auch die anderen Fragen, die ich aufgezählt habe – vor dem Beitritt geregelt werden

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. Axel Troost [DIE LINKE])

Herr Kollege.

Ich bin sofort fertig. – Eines, Herr Staatssekretär, geht gar nicht, würde die Kanzlerin sagen, nämlich dass sich das Parlament vom Finanzministerium unter Zeitdruck setzen lässt. Nein, wir sollten wirklich einmal die offenen Fragen, die ich hier skizzenhaft dargestellt habe, klären. Die Mitgliedschaft in einer solchen Bank kann kein Selbstzweck sein. Wir müssen globale Ziele verfolgen, und es ist bei weitem noch nicht geklärt, wie.

Danke schön.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Für die CDU/CSU-Fraktion hat der Kollege Dr. ­Philipp Murmann das Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/5892762
Wahlperiode 18
Sitzung 127
Tagesordnungspunkt Asiatische Infrastruktur-Investitionsbank
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