01.10.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 127 / Tagesordnungspunkt 15

Jürgen KlimkeCDU/CSU - Deutscher Vorsitz 2016 in der OSZE

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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! 40 Jahre ist es mittlerweile her, dass die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa durch die Schlussakte von Helsinki 1975 zunächst als Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, KSZE, entstand. Nach dem Ende des Kalten Krieges 1995 konstituierte sich dann die OSZE, die heute aus 57 Teilnehmerstaaten besteht.

Obwohl nach dem Kalten Krieg die Frage im Raum stand, ob wir die OSZE noch brauchen, wurde sie nicht abgeschafft, gewann sogar neue Funktionen hinzu, wie zum Beispiel die Wahlbeobachtungen und den Schutz der Menschenrechte. Heute sind wir froh, dass wir die OSZE haben und dass es einen regionalen multilateralen Rahmen gibt, in dem die Sicherheitslage unter Einbeziehung aller Beteiligten diskutiert werden kann. Wir sind auch froh, dass wir zum Beispiel Beobachter in Konfliktgebiete entsenden und die Legitimität von Wahlen vor Ort überprüfen können.

Die Stärke der OSZE ist ihre Akzeptanz in den Mitgliedstaaten. Deshalb halte ich zum Beispiel gar nichts davon, Russland aus Institutionen der OSZE auszuschließen. Das hieße, diese Organisation falsch zu verstehen. Der Ansatz der OSZE ist kooperativ und multilateral. Das bedeutet aber auch, dass sich die Mitglieder der Kritik stellen müssen, und es ist ja nicht so, dass diese Kritik nicht geäußert wird und sich nicht in den Beschlüssen, zum Beispiel denen der Parlamentarischen Versammlung der OSZE, wiederfindet. Das Problem ist ein anderes. Es liegt plötzlich ein ungeheurer Erwartungsdruck auf der OSZE. Sie soll den Konflikt in der Ukraine und andere Sicherheitsfragen quasi im Alleingang lösen, soll Vertrauen schaffen, Frieden wiederherstellen und den Waffenstillstand überwachen.

Meine Damen und Herren, wir dürfen die OSZE nicht mit überzogenen Erwartungen überfrachten, auch nicht, wenn wir 2016 den Vorsitz haben. Die OSZE ist stark als Vertrauensbildner, als Moderator, als Überwacher von Fortschritten. Sie ist jedoch gegen Unwillige nicht zur Einigung zu zwingen. Auch Deutschland wird den OSZE‑Vorsitz nicht dafür nutzen können. Gleichwohl erhoffen wir Impulse vom deutschen OSZE‑Vorsitz, auch in der Frage der Ukraine-Krise. Deutschland hat hier die Möglichkeit, sein politisches Kapital einzubringen: das Vertrauen, das wir auf beiden Seiten genießen.

Ich habe persönlich noch andere Erwartungen an den OSZE‑Vorsitz. Ziel muss es sein, die Organisation noch fitter für die Zukunft zu machen; denn wir stehen – ich sagte es eben – vor großen Herausforderungen. Schließlich wurde die OSZE im Kalten Krieg gegründet, als man es ausschließlich mit staatlichen Akteuren zu tun hatte. Die heutigen Konflikte sind unübersichtlicher. Wir haben Separatisten, Freischärler prägen die Situation. Das Handeln in Konflikten lässt sich nur noch schwer einzelnen Akteuren zuordnen.

Die neuen Aufgaben der OSZE in Bezug auf Beobachtungsmissionen, aber auch auf die Stärkung der Menschenrechte und die Wahlbeobachtungen machen Reformen notwendig. Zudem müssen wir die Ziele präzisieren, will man die neuerliche Spaltung Europas überwinden oder primär die demokratische und rechtsstaatliche Entwicklung fördern. Fakt ist, dass die OSZE für die gestiegenen Anforderungen eine bessere finanzielle Ausstattung benötigt, dass die Strukturen an die unübersichtliche Lage angepasst werden müssen.

Als stellvertretender Leiter der deutschen Delegation in der Parlamentarischen Versammlung der OSZE wünsche ich mir im Übrigen auch, dass dieser Arm der Parlamentarischen Versammlung gestärkt wird.

(Andrej Hunko [DIE LINKE]: Steht auch im Antrag drin!)

Die Beschlüsse der Parlamentarischen Versammlung müssen für das Handeln der OSZE‑Mitglieder eine noch größere Bedeutung bekommen.

Meine Damen und Herren, ich finde es richtig, dass sich die Oppositionsparteien mit Initiativen für den deutschen Vorsitz beschäftigen. Das hat bei allen inhaltlichen Differenzen auch einen positiven Grund, der anzumerken ist: dass alle Fraktionen hier der OSZE eine wichtige Bedeutung für die Zukunft zumessen. Das eint uns auch als Bundestag.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist kein Geheimnis, dass zum deutschen OSZE‑Vor­sitz auch ein Antrag der Koalitionsfraktionen kommen wird, den wir hier in Kürze beraten werden.

Lassen Sie uns deswegen gemeinsam daran arbeiten, gemeinsam daran wirken, dass die OSZE ihre vielfältigen Aufgaben nachhaltig erfüllen kann! Stärken wir die OSZE durch den deutschen Vorsitz! Stärken wir der OSZE auch durch den Deutschen Bundestag den Rücken; denn wir brauchen diese Organisation dringender denn je!

Danke sehr.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Nächste Rednerin ist die Kollegin Agnieszka Brugger für BÜNDNIS 90/Die Grünen.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/5892784
Wahlperiode 18
Sitzung 127
Tagesordnungspunkt Deutscher Vorsitz 2016 in der OSZE
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