Maria Böhmer - Berichte zur Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Tank, lassen Sie mich zunächst einmal feststellen: Die Anwesenheit der Kulturstaatsministerin Professor Monika Grütters ist gegeben.
(Dr. Thomas Feist [CDU/CSU]: So sieht es aus!)
Deshalb sage ich an Monika Grütters einen ganz herzlichen Gruß.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Mit der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik schaffen wir ein stabiles Fundament für unsere internationalen Beziehungen, weil wir auf Dialog zwischen Menschen und zwischen Kulturen setzen. Dazu gehört, dass wir die deutsche Sprache in Europa und weltweit fördern. Wir tragen dazu bei, dass überall kulturelle Identität und Vielfalt erhalten bleiben. Damit leisten wir zweifellos einen Beitrag zur weltweiten Krisen- und Konfliktprävention. Kulturelle Arbeit bereitet im vorpolitischen Raum den Boden für Verständigung, für Krisenprävention und Krisenbewältigung. Sie werden erst dadurch richtig möglich, und das ist heute wichtiger als je zuvor.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Mit der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik ist das Ziel verbunden, ein wirklichkeitsgetreues, ein lebendiges Bild von Deutschland zu vermitteln. Wir sind ein Land, in dem Bildung und berufliche Entwicklung, Wissenschaft und Forschung im Fokus stehen. Wir sind ein Land, in dem Kreativität und Kultur eine wesentliche Rolle spielen. Wir sind aber nicht nur Goethe und Schiller. Wir sind auch – das sage ich ganz bewusst als Frau – eine begeisterte Fußballnation. Es ist wichtig, auch ein solches Bild nach außen zu tragen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Ich freue mich, dass wir uns hier einig sind; das gilt auch für die Bundesregierung. Ich stimme mit dem Bundesaußenminister überein, dass wir die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik weiter stärken müssen. Besonders gefordert sind wir angesichts der dramatischen Flüchtlingssituation. Gestern haben wir uns hier im Deutschen Bundestag auf die Situation in Deutschland konzentriert. Wir haben ein wichtiges Gesetzespaket auf den Weg gebracht. Damit stützen wir die Solidarität und die Hilfsbereitschaft der Menschen in unserem Land. Diese Hilfsbereitschaft und diese Solidarität sind ungebrochen. Dafür sage ich herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Aber wir werden diese Flüchtlingskrise nur bewältigen, wenn es uns gelingt, die Fluchtursachen wirksam zu bekämpfen: in Syrien, im Irak, in Afghanistan und in großen Teilen Afrikas; auch diese Bereiche müssen wir im Blick behalten. Wir müssen dort verstärkt helfen, wo humanitäre Hilfe gebraucht wird und wo es oft um das nackte Überleben geht.
In den Flüchtlingslagern in Jordanien und im Libanon ist die Lage zunehmend dramatisch. Das darf uns nicht ruhen lassen. Anders ist die Situation in den Flüchtlingslagern in der Türkei. Ich war kürzlich in Antakya, an der türkisch-syrischen Grenze. In dem Zeltlager, das ich besucht habe, sind 3 000 Flüchtlinge untergebracht, darunter 600 Kinder. Es ist – zugegeben – ein kleineres Flüchtlingslager. Aber – was ich jetzt sage, gilt für alle Flüchtlingslager in der Türkei – die Versorgung ist gut; es gibt einen Kindergarten, eine Schule, medizinische Versorgung und einen Supermarkt. Das ist den erheblichen Anstrengungen zu verdanken, die in der Türkei unternommen werden. Und das gilt es auch anzuerkennen.
Aber ich frage auch: Was ist mit den vielen anderen Flüchtlingen, die kein Dach über dem Kopf haben, die keine Schule für ihre Kinder finden, die keine Arbeit haben, deren Ersparnisse jetzt zur Neige gehen, die verzweifelt sind und denen in dieser Verzweiflung kein anderer Weg offensteht, als sich auf die Flucht zu begeben, die Grenzen zu überschreiten, um nach Europa und nach Deutschland zu kommen? Diese Flüchtlinge brauchen eine Perspektive. Sie haben mir immer wieder gesagt, sie wollen eines Tages in ihre Heimat zurückkehren. Dann müssen sie in der Lage sein, ihr Land wieder aufzubauen, und dafür müssen wir jetzt die Weichen stellen. Genau hier muss die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik ansetzen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Ich will anhand von vier Beispielen erläutern, was das Auswärtige Amt in die Wege leitet.
Erstens. Zusammen mit dem Deutschen Akademischen Austauschdienst haben wir im vergangenen Jahr ein Stipendienprogramm für syrische Flüchtlinge unter dem Motto „Leadership for Syria“ aufgelegt. Wir fördern damit 100 junge Menschen auf dem Weg zum Bachelor, zum Master oder einem Doktorgrad. Jetzt könnte man fragen: 100 junge Menschen angesichts dieser großen Zahl von Flüchtlingen? Aber es werden genau diejenigen sein, auf die Schlüsselpositionen zukommen. Es werden diejenigen sein, auf die sich die Blicke richten, wenn es darum geht, morgen voranzugehen, Verantwortung für ihr Land wieder zu übernehmen.
Zweitens. Dazu passt, was wir mit der Alexander-von-Humboldt-Stiftung unternehmen. Wir haben ein Scholars-at-Risk-Programm für Wissenschaftler im Exil aufgelegt, damit diese später den Brückenschlag in ihre Heimat schaffen und der Wiederaufbau dann auch gelingt.
Drittens. Das Goethe-Institut leistet wichtige pädagogische Arbeit in den Flüchtlingslagern. Ja, Frau Schmidt, wir stimmen überein. Auch ich sage: Wir dürfen keine verlorene Generation zulassen. Wir müssen gerade Kindern und Jugendlichen eine Hoffnung, eine Perspektive geben.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Viertens ist mir wichtig: Das Deutsche Archäologische Institut leistet in Flüchtlingslagern in Jordanien, im Libanon, im Irak und in der Türkei wichtige handwerkliche Qualifizierungsarbeit. Ich weiß, wie gut sie gerade vom Kreis des Unterausschusses Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik begleitet wird. Das stärkt den Einzelnen, das hilft, Kulturgüter zu erhalten und wiederherzustellen. Das ist eine grundlegende, eine unverzichtbare Aufgabe, wenn es um Identität, wenn es um den dringend notwendigen Zusammenhalt geht.
Die beiden Berichte, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Ihnen heute vorliegen, belegen eindrucksvoll die große Bandbreite der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik. Ich will auf nur einen Themenschwerpunkt eingehen:
Das Interesse an Deutschland ist groß, und es hat sich verändert. Bei Kultur und Lebensqualität, Regierungsführung, Qualität von Produkten haben wir Bestnoten. Darauf können wir stolz sein. Aber ich sage auch, dass uns das nicht übermütig machen soll. Die Wertschätzung muss uns ein Ansporn sein.
Deutsch als Fremdsprache erlebt einen weltweiten Aufschwung. 15,4 Millionen Menschen lernen Deutsch, und das sind mehr als vor fünf Jahren. Das Interesse an den deutschen Auslandsschulen und den knapp 1 800 Schulen, die sich an unserer Partnerschulinitiative PASCH beteiligen, ist ungebrochen.
Es gibt immer mehr Studierende, die es nach Deutschland zieht. Ich bin guten Mutes, dass wir im Jahr 2020 die Zahl von 350 000 ausländischen Studierenden erreichen werden.
Das alles ist wichtig, weil die Schüler, die Studenten, die Deutschlerner unsere Partner von morgen sind. Sie legen die Grundlage für eine gute internationale Zusammenarbeit, und sie alle sprechen im wahrsten Sinne des Wortes unsere Sprache.
Aber ich sage auch: Es wartet noch ein gutes Stück Arbeit auf uns, wenn es um die Auslandsschulen geht; ich will das hier mit aller Deutlichkeit unterstreichen. All diejenigen, die dabei waren, als im Januar die Jahrestagung der Schulleiterinnen und Schulleiter stattfand, wissen, wie schwierig es ist, deutsche Lehrerinnen und Lehrer für deutsche Auslandsschulen zu gewinnen. Das wird noch schwieriger werden angesichts des großen Bedarfs, den wir gegenwärtig in unserem Land haben, angesichts der steigenden Schülerzahlen durch mehr Flüchtlingskinder in den Schulen; das macht es für die Auslandsschulen nicht leichter. Wir haben darüber im Unterausschuss gesprochen, und ich hatte gestern einen sehr intensiven Austausch mit der Präsidentin der Kultusministerkonferenz, Frau Kurth. Wir waren uns einig: Wir wollen gemeinsam daran arbeiten, dass es zu Verbesserungen kommt. Das heißt, wir brauchen eine bessere Wertschätzung der Arbeit an Auslandsschulen. Der Auslandsschuldienst darf nicht zum Karriereknick werden.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Wir brauchen diese Lehrerinnen und Lehrer mit ihrer interkulturellen Kompetenz. Sie werden anderen eine Richtung geben. Es gilt, die eklatante Schieflage endlich zu beseitigen: Eine Gehaltsdifferenz von 23 Prozent ist natürlich ein Hemmnis für die Entscheidung, an eine Auslandsschule zu gehen. Wir haben im Auswärtigen Amt einen entsprechenden Vorschlag vorbereitet, der Ihnen bereits zugegangen ist. Er liegt Ihnen vor, und wir werden darüber sprechen. Meine herzliche Bitte ist: Lassen Sie uns an einem Strang ziehen. Wir brauchen dafür die entsprechenden Finanzmittel. Es geht um eine gute Zukunft für die Auslandsschulen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Ich darf mit einem sehr herzlichen Dank an Sie alle enden. Denn Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik braucht starke Partner, und ich empfinde alle im Deutschen Bundestag – ganz besonders die Mitglieder aus dem Unterausschuss Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik, aber ich binde auch unsere Haushälterinnen und Haushälter mit ein – als solche starken Partner. Lassen Sie uns weiter an einem Strang ziehen. Die Erwartungen an diesen Politikbereich sind groß. Es liegt an uns, sie zu erfüllen.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Das Wort hat die Kollegin Claudia Roth für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/5896912 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 128 |
Tagesordnungspunkt | Berichte zur Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik |