Astrid FreudensteinCDU/CSU - Renten in Ostdeutschland
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Linkspartei, Sie schreiben in Ihrem Antrag von einer spezifischen Altersarmut Ost. Sie schreiben weiter, dass eine armutsfeste und den Lebensstandard sichernde Rente für viele Menschen in Ostdeutschland nicht möglich sei. Der Zeitpunkt Ihres Antrages ist natürlich nicht zufällig gewählt.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Stimmt! – Dr. Dietmar Bartsch [DIE LINKE]: Genau!)
Zum 25. Jahrestag der deutschen Einheit wollen Sie nun endlich Rentengerechtigkeit zwischen Ost und West herstellen.
Liebe Kollegen der Linksfraktion, ich bin der Meinung, dass Sie Ihr Gerechtigkeitsempfinden nachjustieren müssen. Die Rentner im Osten sind im Endeffekt und im Gesamten eben nicht so benachteiligt, wie Sie das beharrlich darstellen.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Doch, wenn man Äpfel mit Äpfeln vergleicht, ist das so!)
Nehmen wir die Durchschnittsrenten von ost- und westdeutschen Frauen und Männern: Die durchschnittliche Altersrente für Ostrentner ist deutlich höher als die der Westrentner. Zusätzlich haben Versicherte in den neuen Ländern bei gleichem Entgelt und gleicher Beitragszahlung aktuell um 6 Prozent höhere Rentenansprüche als Versicherte in den alten Ländern. Es ist richtig, dass die gesetzliche Rente für Ostrentner oft die einzige Bezugsquelle ist, während viele Westrentner zusätzlich Betriebsrenten und Lebensversicherungen haben. Das ändert aber nichts daran, dass es das von Ihnen beschworene Problem der spezifischen Altersarmut Ost so nicht gibt.
(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wird sich aber ändern!)
Nehmen wir noch einmal den Wert, den Sie so gerne nutzen, wenn Sie Deutschland wieder einmal in Armut versinken sehen: die Armutsgefährdungsquote. Diese Armutsgefährdungsquote liegt für die über 65-Jährigen in den neuen Bundesländern deutlich niedriger als in den alten Bundesländern. Schauen Sie sich den Anteil der Menschen an, die auf Grundsicherung im Alter angewiesen sind: Ostdeutsche Rentner, und zwar Frauen ebenso wie Männer, sind dort deutlich seltener auf die Grundsicherung angewiesen als westdeutsche Rentner.
Insgesamt bewegen sich alle Zahlen auf niedrigem Niveau. Wir haben kein generelles Problem der Altersarmut in Deutschland. Der Anteil der Rentner, die Grundsicherung brauchen, liegt unter 3 Prozent. So bitter es ist: Das größte Armutsrisiko in Deutschland ist eben nicht das Alter. Das größte Armutsrisiko in Deutschland haben Menschen ohne ordentliche Schulbildung, ohne Berufsausbildung und Alleinerziehende. Junge sind in unserem Land stärker von Armut betroffen als Alte.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Deswegen sollten uns die Alten nicht egal sein!)
Vor allem aber haben wir kein spezifisch ostdeutsches Problem der Altersarmut. Das wird auch nicht wahrer, wenn Sie das immer wiederholen.
(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wird sich aber ändern! Gucken Sie mal ein bisschen in die Zukunft und nicht in die Gegenwart! Politik muss vorausschauend sein!)
Damals, bei der Wiedervereinigung – es wurde erwähnt –, wurde ein allgemein akzeptiertes Verfahren der Rentenberechnung gefunden. Es berücksichtigt unterschiedliche Erwerbsbiografien und Lohnunterschiede. Dass dieses Verfahren im Einzelfall als ungerecht empfunden wird und auch im Einzelfall ungerecht ist, ist richtig. Es stimmt aber nicht, dass sich nur Ostrentner ungerecht behandelt fühlen könnten.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Das hat auch niemand behauptet!)
Ich kann Ihnen sagen: Es gibt auch westdeutsche Frauen und Männer, die sich durch das Renten-Überleitungsgesetz diskriminiert und benachteiligt fühlen. Die Planwirtschaft der SED‑Diktatur wirkte sich ja im Nachhinein positiv für die Bürger in den neuen Ländern aus. Es gab in der sozialistischen Planwirtschaft eine vermeintliche, eigentlich eine künstliche Vollbeschäftigung, somit durchgängige Erwerbsbiografien und damit vor allem längere Versicherungszeiten.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Den Satz schreiben wir auf Plakate und schicken ihn rum!)
Davon profitieren die Ostrentner heute.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ganz speziell betrifft das die Frauen im Osten. Sie bekommen heute deutlich mehr Rente als westdeutsche Rentnerinnen,
(Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Länger gearbeitet!)
im Schnitt 50 Prozent mehr. Es ist eben mitnichten so, dass nur die Frauen im Osten gearbeitet hätten. Frauen im Westen haben natürlich ganz genauso viel geleistet: Sie haben Kinder erzogen, die Familie organisiert und sich vielfach ehrenamtlich engagiert. Weniger wert ist auch das nicht.
(Beifall bei der CDU/CSU – Unruhe)
Kollegin Freudenstein, ich habe die Uhr angehalten und würde gern für Gerechtigkeit sorgen, dass wir hier auch den letzten beiden Rednern in dieser Debatte folgen können. Ich bitte also darum, unbedingt notwendige Gespräche vor den Plenarsaal zu verlagern. Wir haben uns im Präsidium hier vorne davon überzeugt, dass für jeden Kollegen und für jede Kollegin, die an dieser Debatte teilnehmen, eine Sitzgelegenheit im Saal vorhanden ist. Wir brauchen also auch keine Warte- und Diskussionsgruppen hier in den Gängen zu bilden. Ich bitte jetzt wirklich darum, die Gespräche einzustellen und der Debatte – in diesem Fall der Kollegin Freudenstein – zu folgen.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Die westdeutschen Frauen stehen heute rentenrechtlich deutlich schlechter da als die Frauen im Osten. Von daher hätten vermutlich die westdeutschen Rentnerinnen am ehesten Grund, sich jetzt zu beschweren.
Meine Kolleginnen und Kollegen, die Überführung der Renten gehörte und gehört zur Wiedervereinigung dazu. Es ist im Großen und Ganzen ein gutes Verfahren, das in der Gesamtheit eben nicht ungerecht ist.
Es bringt uns auch nicht weiter, wenn Sie von der Linksfraktion sich hier immer wieder als Anwalt der armen Rentner im Osten verkaufen,
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Wir sind leider die Einzigen! Sie machen es ja nicht!)
und es ist schon gar nicht in Ordnung, wenn Sie das zum 25. Jahrestag der deutschen Einheit tun.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ich meine, wir sollten in diesen Tagen das gemeinsam Erreichte feiern und nicht so tun, als lägen immer noch Welten zwischen Ost und West.
Wenn Sie, Herr Kollege Bartsch, vorhin empfohlen haben, mit Hellblau – also mit Ja – zu stimmen, dann stimme ich Ihnen in diesem Falle zu: Auch die Große Koalition empfiehlt heute, mit Hellblau abzustimmen.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Sie machen doch sonst immer das Gegenteil von dem, was gesagt wird!)
Das Wort hat der Kollege Dr. Martin Rosemann für die SPD-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/5897248 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 128 |
Tagesordnungspunkt | Renten in Ostdeutschland |