15.10.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 130 / Tagesordnungspunkt 4

Thorsten FreiCDU/CSU - Regierungserklärung zum Europäischen Rat

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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei aller Notwendigkeit für die innenpolitischen Weichenstellungen hin zu besseren Systemen, schnelleren Verfahren und geringeren Anreizen ist uns allen klar, dass die Migrationswelle nach Europa angesichts ihrer Größe, Komplexität und auch Dynamik letztlich nur in einem gesamteuropäischen und internationalen Ansatz zu bewältigen ist. Deshalb ist es umso enttäuschender, dass diese Aufgabe nicht von allen europäischen Ländern als das angenommen wird, was sie ist, nämlich als eine echte Herausforderung und Bewährungsprobe für die Glaubwürdigkeit und Zukunftsfähigkeit der Europäischen Union.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das hat zwei wesentliche Gründe. Zum einen ist es so, dass sich durch die sozialen und ökonomischen Anreize, die wir in Deutschland setzen, eine Sogwirkung auf die Menschen in ihren Ländern entwickelt. Darauf antworten wir unter anderem mit dem Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz. Zum anderen ist es eben so, dass sich 21 von 28 Mitgliedstaaten der Europäischen Union derzeit darin gefallen, diese epochale Entwicklung als Zaungäste zu verfolgen, statt ihre Verantwortung wahrzunehmen.

Es ist nicht akzeptabel, wenn täglich 9 000 oder 10 000 Menschen nach Deutschland kommen, wenn Deutschland in einer Woche so viele Asylbewerber aufnimmt wie Frankreich im ganzen Jahr und wenn deutlich mehr als die Hälfte der Menschen, die in die 28 Staaten der Europäischen Union kommen, ihren Asylantrag in Deutschland stellen. Deshalb erwarten wir, dass von diesem Gipfel in Brüssel das Signal ausgeht, dass alle Länder der Europäischen Union bereit sind, ihren Teil der Verantwortung entsprechend ihrer Größe und Leistungsfähigkeit zu tragen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Die Frau Bundeskanzlerin hat in ihrer Regierungserklärung darauf hingewiesen, dass wir dieser Herausforderung letztlich nur gerecht werden können, wenn es uns gelingt, an den Fluchtursachen in den Herkunftsländern anzusetzen. Es ist klar, dass die Herausforderungen sehr differenziert sind, und zwar bei jedem betroffenen Land. Darauf braucht es individuelle Antworten. Aber richtig ist eben auch, dass man dieser Herausforderung nur gerecht werden kann, wenn man alle Aspekte der Außen- und Sicherheitspolitik, der Entwicklungspolitik, aber auch der Klima- und Umweltschutzpolitik zusammenfasst und ein Gesamtbild zur Lösung zeichnet.

Das alles wird Zeit kosten – Zeit, die wir nicht haben, Zeit, die insbesondere die Städte und Gemeinden nicht haben, die die Flüchtlingskrise operativ zu meistern haben. Wir brauchen schnellere Antworten, um die Flüchtlingsströme einzudämmen. Dazu gehört die Sicherung der Außengrenzen; darauf ist in dieser Debatte bereits eingegangen worden. Es geht hier um mehr als nur um die Bewältigung der Flüchtlingskrise. Wer nicht in der Lage ist, die Grenzen zu sichern, der legt Hand an die Freizügigkeit in Europa. Das wollen wir nicht.

(Beifall der Abg. Barbara Lanzinger [CDU/CSU])

Deshalb müssen die Außengrenzen der Europäischen Union wirkungsvoll geschützt werden. Darum geht es, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Es geht darum, dass wir es schaffen, in der Region stärker mit einer Stimme zu sprechen. Das gilt für die Gespräche mit der Türkei, die notwendig sind, um die Sicherung der Außengrenzen zu erreichen. Es geht aber auch darum, dass die europäischen Länder bereit und in der Lage sind, die Sicherung der Außengrenzen zu erreichen.

Ich will an dieser Stelle ganz deutlich sagen: Aus meiner Sicht mangelt es manchen Ländern – ich nenne in diesem Zusammenhang Griechenland – nicht nur an den Möglichkeiten, sondern auch am Willen, die Außengrenzen zu schützen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Denn es ist auffällig, dass nicht mehr, wie es bis Ende des Jahres 2014 vor der Übernahme der Regierung durch Tsipras gelungen ist, nur wenige Zehntausend über die östliche Mittelmeerroute nach Europa gekommen sind, sondern allein in diesem Jahr schon mehr als eine halbe Million Menschen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Es sind auch ideologische Gründe, die diese Regierung davon abhalten, Außengrenzen wirkungsvoll zu sichern. Ich glaube, es ist keine unzulässige Verknüpfung von Sachverhalten, wenn ich sage: Solidarität bei der Bewältigung der Staatsschuldenkrise in Griechenland ist keine Einbahnstraße. Man darf schon erwarten, dass die eingegangenen Verpflichtungen auch eingehalten werden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Herr Kollege.

Herr Präsident, ich komme zum Ende.

Sie hätten schon längst zum Ende kommen müssen. Das ist das Problem.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/5974363
Wahlperiode 18
Sitzung 130
Tagesordnungspunkt Regierungserklärung zum Europäischen Rat
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