Arno KlareSPD - Konsequenzen aus dem Abgasskandal bei Dieselfahrzeugen
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Von Max Frisch stammt der Satz: „Krise ist ein produktiver Zustand.“ Der Satz ist gut und richtig, und ich stelle dazu fest: Lamento und Bashing sind kein produktiver Vorgang.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Was muss jetzt getan werden? Wir brauchen so etwas wie eine Zukunftslandkarte bzw. eine produktive und innovative To-do-Liste, was wir jetzt machen müssen. So bewältigt man Krisen. Das ist der erste Punkt.
Wir brauchen natürlich Aufklärung: rückhaltlos und transparent, ohne dass irgendwelche Reste von Zweifeln bleiben. Wir brauchen natürlich Real-Driving-Emissions-Tests. Aber ob dann die NTE-Limits, die es dabei gibt, mit einem CF-Wert von 1,5 oder 1,2 angegeben werden, ist zwar wichtig, aber nicht zukunftsentscheidend.
Herr Kollege Klare, ich muss Sie unterbrechen. Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Leidig aus der Fraktion Die Linke?
Nein, danke. Ich möchte das jetzt in Ruhe vortragen.
Also generell keine Zwischenfragen.
(Caren Lay [DIE LINKE]: Das ist doch albern! – Sabine Leidig [DIE LINKE]: Das ist krass! Sie haben alle die Hosen voll!)
Zweiter Punkt. Unter dem Gesichtspunkt, Krise als produktiven Wendepunkt zu begreifen, bin ich sehr dankbar – es ist fast untergegangen –, dass sich am Dienstag dieser Woche sechs Unternehmen in Deutschland, und zwar keine kleinen Unternehmen, zum H 2 -Mobility-Joint-Venture zusammengeschlossen haben. Das ist ein ganz wichtiger Schritt, weil dabei nämlich sichergestellt wird, dass es bis 2023 in dieser Republik 400 Wasserstofftankstellen geben wird.
Warum sage ich das? Diese Tankstellen sind die Bedingung, um Möglichkeiten neuer schadstoffarmer Antriebe zu nutzen. Es geht nicht darum, Schadstoffe herauszurechnen, was ohnehin illegal ist, oder herauszufiltern, was technisch möglich ist und sein muss, sondern schlicht darum, sie gar nicht erst entstehen zu lassen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Dritter Punkt. Ich war erfreut, aber auch gleichzeitig verärgert – ich sage gleich etwas zu beiden Punkten –, dass VW deutlich gemacht hat, jetzt einen anderen Weg zu gehen, was die Antriebsformen angeht, und sich stärker auf Brennstoffzellen und Elektromobilität zu stützen. Das ist gut so, und das können sie auch gut.
Ich war auf der IAA enttäuscht – das ist schon gesagt worden, und das kann ich teilen –, dass das erste serienreife Brennstoffzellenfahrzeug nicht aus Wolfsburg oder von einem der anderen deutschen Premiumhersteller kam, sondern von Toyota vorgestellt worden ist.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Für mich ist klar: Die Mobilität der Zukunft ist elektrisch, und sie gehört der batteriebetriebenen Mobilität und der Brennstoffzellenmobilität. Wir alle wissen vom Hofmannschen Apparat, was Wasserstoff bewirken kann. Das muss ich niemandem erklären, der im Chemieunterricht aufgepasst hat. Der Hofmannsche Apparat hat ein kleines Effizienzproblem: Man muss mehr Energie hineinstecken, als man nachher an Wasserstoffenergie gewinnen kann. Das gilt aber nicht, wenn die hineingesteckte Energie aus erneuerbaren Quellen stammt. An dieser Stelle wird daraus ein industriepolitisches Thema. Denn dann hat man Wasserstoff als Speicher für den überschüssigen Strom, der im Moment abgeregelt werden muss.
(Beifall bei der SPD)
Das ist der entscheidende Punkt. Hier kommen zwei Pole zusammen.
Man könnte über die Methanisierung sogar Kohlekraftwerke cleanen, also sauber bekommen, indem man das CO 2 in CH 4 umwandelt, das wiederum in Motoren verbrannt oder sogar wieder zu Strom gemacht werden kann. So geht das vonstatten. Diese Vernetzung aber vermisse ich in all Ihren Reden.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Solche Pläne, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, brauchen auch Gesetze bzw. gesetzliche Flankierungen. Diese gesetzlichen Flankierungen gehen aber nicht über das Strafrecht, sondern eher über das Steuerrecht; denn da geht es um eine Sonder-AfA für E‑Fahrzeuge, die wir unbedingt brauchen, um einen Hochlauf hinzubekommen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)
Wir brauchen wahrscheinlich auch keine Kaufprämien, die haushalts- und kassenwirksam sind, sondern wir sollten eher darüber reden, ob wir nicht Tilgungszuschüsse für private Käufer über die KfW organisieren. Das ist nämlich haushaltsneutral, bewirkt aber genau dasselbe.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Stephan Kühn (Dresden) [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann machen Sie es doch! Nicht nur darüber reden!)
Ich sage Ihnen zum Abschluss, was wir auf keinen Fall brauchen. Wir brauchen auf keinen Fall irgendeinen schwachsinnigen Hollywoodfilm à la Watergate oder so ähnlich – egal wer ihn dreht. Wenn schon ein Film gedreht werden soll, dann bitte doch einmal einen mit einer positiven Utopie über die H 2 ‑angetriebene Mobilität der Zukunft.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann kommt die deutsche Automobilindustrie aber nicht vor! Das ist das Problem!)
Ich bin relativ sicher: Wenn den Kollegen Rimkus oder mich einer fragen würde, ob wir an einem entsprechenden Drehbuch mitschreiben wollten, dann würden wir das sogar ohne Honorar tun.
Danke schön.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Vielen Dank. – Das Wort zu einer Kurzintervention hat jetzt die Kollegin Leidig.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/5974871 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 130 |
Tagesordnungspunkt | Konsequenzen aus dem Abgasskandal bei Dieselfahrzeugen |