15.10.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 130 / Tagesordnungspunkt 25

Philipp MurmannCDU/CSU - Maritime Wirtschaft in Deutschland

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Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als geborener Kieler möchte ich darauf hinweisen, was für ein Netzwerk die maritime Wirtschaft eigentlich bedeutet. In Kiel werden U-Boote mit Brennstoffzellentechnik gebaut; das ist einmalig in der Welt. Vor zwei Wochen ging die „Sailing Yacht A“ in die erste Testphase; das ist das größte Segelschiff, das neu gebaut wird. Es ist 143 Meter lang, 25 Meter breit und hat 100 Meter hohe Karbonmasten. Es soll einmal besondere Segelgäste aufnehmen. Auch dieses Schiff wurde auf einer Werft in Kiel gebaut. Wir haben einen Hafen, in dem viele Kreuzfahrer anlegen. Wir haben zahlreiche mittelständische Unternehmen im technischen Bereich, von Sonartechnik bis Signaltechnik für Schiffe. Wir haben ein Gleisnetz, das an den Hafen angeschlossen ist, und wir haben mit GEOMAR ein Forschungsinstitut, das Meeres- und Klimaforschung betreibt und auch im Tiefseebergbau einiges macht. Das soll nur einmal zeigen, wie umfangreich der maritime Bereich ist.

Das gilt nicht nur für den Standort Kiel; das Gleiche könnte man über Lübeck, Rostock, Bremen und Bremerhaven sagen. Es gibt bei uns zahlreiche maritime Zentren, nicht nur im Norden, sondern auch im Süden, etwa in Friedrichshafen oder in Nürnberg. Dort gibt es genauso viele Kapazitäten, genauso viel Know-how und Wertschöpfung. Man kann also sagen, dass es sich nicht um eine norddeutsche, sondern um eine nationale Aufgabe handelt, so gerne ich Norddeutschland auch hier vertrete. Deshalb würde ich mich sehr freuen, wenn sich vielleicht auch der eine oder andere Süddeutsche in diese Debatte einbringen würde.

Wir haben noch eine ganze Menge zu tun; denn es gibt hier ein Wahrnehmungsdefizit. Deshalb, Herr Beckmeyer, würde ich Sie bitten, ein bisschen mehr Dynamik in die maritime Wirtschaft zu bringen. Jedem Euro für die maritime Wirtschaft entsprechen 16 Euro für die Luft- und Raumfahrt; das Verhältnis ist noch nicht ausgegoren. Insofern müssen wir, denke ich, da noch angreifen, noch mehr für die maritime Wirtschaft arbeiten.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Warum müssen wir das tun? Die maritime Wirtschaft befindet sich in einem der globalsten Wettbewerbe, den die deutsche Wirtschaft zu bestehen hat. Die Wettbewerber kommen aus Korea, aus China, aus Japan und natürlich auch aus Europa. Wir sind in einem Wettbewerb um Subventionen; auch das muss man sagen.

Lieber Herr Behrens, den Lohnsteuereinbehalt machen wir ja nicht, weil wir es lieben, uns solchen Themen anzunähern – das kann ich gerade für die CDU sagen –, aber wenn Sie mit Ihren Verdi-Kollegen sprechen, dann werden Sie feststellen, dass gerade die das fordern.

(Herbert Behrens [DIE LINKE]: In der Tat!)

Wir machen das auch deswegen, um unseren Seeleuten, für die Sie ja gesprochen haben, im Kostenwettbewerb die Chance zu geben, ihr Patent ausfahren zu können; das können sie sonst nämlich nicht. Nur deswegen haben wir uns auf diese Sache eingelassen.

(Herbert Behrens [DIE LINKE]: Gucken wir uns die Zahlen nächstes Jahr noch mal an, was ihr gemacht habt!)

Ich denke, das ist eine gute Lösung. Es ist wichtig, dass wir das so hinbekommen haben.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Aus meiner Sicht müssen wir vier Dinge tun: Wir müssen erstens dafür sorgen, dass es in vielen Bereichen ein Level-Playing-Field gibt. Dafür ist noch mehr Einsatz in der IMO notwendig. Gerade wir Europäer müssen uns zusammentun, um die Standards hochzuhalten, müssen aber sicherlich auch noch gemeinsam mit Bund und Ländern arbeiten. Insofern bin ich den Mitgliedern des Haushaltsausschusses sehr dankbar, die es jetzt in der zweiten Runde des Haushalts geschafft haben, einige Themen voranzubringen. Auch der Dank an das Verkehrsministerium, das ISETEC-Projekt wieder auf die Schiene gehoben zu haben, sodass es uns nicht verloren geht. Da haben wir doch einiges geschafft. Vielen Dank allen, die dazu beigetragen haben.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD) – Eckhardt Rehberg [CDU/CSU]: Sonst wäre das tot!)

Wir müssen zweitens das Fördern angehen. Der Lohnsteuereinbehalt ist ein Thema, ISETEC sicherlich ein anderes. Auch LNG wurde angesprochen. Hier müssen wir zunächst staatlich fördern, weil wir erst einmal genügend Masse hineinbringen müssen. Ich hoffe, dass wir dann zu einer wirtschaftlichen Lösung kommen, damit die Unternehmen, die da jetzt Geld hineinstecken, am Ende Erfolg damit haben.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Drittens ist es ganz besonders wichtig, die Systemfähigkeit in Deutschland zu erhalten. Das gilt nicht nur für den Marinebereich, aber auch da, im Überwasserschiffbau. Ein Schiff ist eben ein komplexes System. Es besteht aus Stahl, aber auch aus sehr viel Elektronik. Alles muss exakt aufeinander abgestimmt sein. Da müssen große Projekte gemanagt werden, um die Systemfähigkeit zu erhalten. Das müssen wir weiterhin vorantreiben und uns dafür einsetzen.

Vierter und letzter Punkt – darüber wurde schon viel gesprochen –: Infrastruktur. Auch daran müssen wir weiterarbeiten. Beim Nord-Ostsee-Kanal sind wir ganz gut vorangekommen, die Elbevertiefung steht noch aus. Offshore ist ein wichtiges Thema; Sie haben es angesprochen. Die Netzanbindung und all diese Dinge müssen vorangetrieben werden. Wir haben es sehr begrüßt, dass das Verkehrsministerium mit großer Priorität an dem Hafenkonzept arbeitet.

Deutschland ist eine Schifffahrtsnation, meine Damen und Herren. Wir wollen dafür sorgen, dass das auch so bleibt. Meine Vorfahren waren Wikinger, nehme ich jedenfalls an. Die hatten auch schon eine ganze Menge Ahnung vom Maritimen; denn sie wussten schon: Den Wind können wir nicht bestimmen, aber die Segel können wir richtig setzen. – Mit unserem Antrag haben wir die Segel gut gesetzt, denke ich. Insofern bitte ich Sie, dem Antrag zuzustimmen.

Vielen Dank.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/5975187
Wahlperiode 18
Sitzung 130
Tagesordnungspunkt Maritime Wirtschaft in Deutschland
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