15.10.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 130 / Zusatzpunkt 4

Karsten MöringCDU/CSU - Sport und Alltag verbinden

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Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Vertreter der Vereine, die hier im Raum sein mögen! Lassen Sie mich mit einem Kompliment an die Grünen beginnen:

(Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Oh!)

Die Grünen verstehen es immer wieder, auf einen fahrenden Zug aufzuspringen und damit den Eindruck zu erwecken, sie hätten ihn angeschoben oder säßen gar in der Lokomotive.

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ihr vergiftetes Lob können Sie behalten!)

Das ist auch bei diesem Antrag der Fall.

(Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ein Glück! Wenn wir Sie nicht hätten!)

Denn wir wissen ja alle, dass der Diskussionsprozess, der dem zugrunde liegt, schon seit einiger Zeit anhält. Ich will allerdings nicht verschweigen, dass ich mich freuen würde, wenn das Ministerium alsbald seine eigenen Vorstellungen einbringen würde.

(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Sehr richtig! – Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann sind Sie also doch noch nicht so weit! – Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was machen wir denn? Antreiber sind wir! – Gegenruf von der CDU/CSU: Seid doch nicht so aggressiv! Ein bisschen friedlich!)

– Ob Anschieber oder Antreiber, werden wir sehen.

(Volkmar Vogel (Kleinsaara) [CDU/CSU]: Karsten, alles richtig gemacht!)

– Ja, genau.

Ich wundere mich ein bisschen über die Bereitschaft der Grünen, die in diesem Antrag zum Ausdruck kommt, Umweltstandards im Sinne eines Interessenausgleichs zu reduzieren, indem sie sagen: Wir müssen die Interessen zusammenbringen. – Bei anderen Themen würde ich mir bei den Grünen auch ein bisschen mehr Flexibilität wünschen. Das kenne ich sonst nicht von Ihnen. Ich denke an solche Dinge wie die Forderung von Teilen der Grünen, eine halbe Stunde Lärm im Jahr zu verbieten, nämlich das Silvesterfeuerwerk,

(Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was haben Sie denn für Argumente?)

und zwar wegen des Lärms, aber nicht wegen der Luftverschmutzung; das wäre ja vielleicht ein Argument gewesen.

(Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben zehn Minuten Redezeit, mehr als wir!)

– Ja nun! Es gibt ein paar Dinge, die ich gerne in den zehn Minuten unterbringen möchte. Passen Sie auf!

(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Man muss nicht zehn Minuten reden! Man kann auch kürzer! – Gegenruf des Abg. Volkmar Vogel (Kleinsaara) [CDU/CSU]: Das müsst ihr aushalten!)

Sport und Lärm sind leider eine untrennbare Einheit, liebe Kolleginnen und Kollegen. Das Plopp-Plopp auf dem Tennisplatz, die knallenden Skateboards, der Torjubel – Musik für die einen, nämlich diejenigen, die dabei sind, Lärm für die anderen, nämlich diejenigen, die nicht dabei sind.

(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Torjubel ist Musik für alle! – Gegenruf der Abg. Ulli Nissen [SPD]: Das hängt davon ab! Wenn ihr bei der Eintracht einen reinkriegt, dann nicht mehr!)

– Selten für den Gegner, lieber Herr Schatzmeister des DFB. Das dürfte unterschiedlich wahrgenommen werden.

Gleichwohl: Als Mitglied des kürzlich hier gegründeten Bundestagsfanclubs des 1. FC-Köln „Koalition Rut-Wiess“

(Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Schleichwerbung!)

– um das bei dieser Gelegenheit zu betonen – habe ich großes Verständnis für die Sporttreibenden und die Vereine. Auch als Leiter einer Schule mit einem benachbarten Sportplatz am Rand eines Wohngebiets weiß ich, wovon ich rede. Aber auch als Umweltpolitiker sage ich: Gerade weil der Sport trotz seines Lärms und mit seinem Lärm so bedeutend ist – Beispiele hat meine Vorrednerin genannt; ich brauche sie nicht zu wiederholen –, wollen wir den Interessen des Sports so weit wie möglich, bis zu den Grenzen des Zulässigen – um es mal so zu sagen –, entgegenkommen.

Was wollen wir erreichen? Natürlich wollen wir erreichen, dass das, was wir beim Kinderlärm in Bezug auf Kitas und Spielplätze beschlossen haben, auch für Sportanlagen gilt. Das ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Im Bereich des Jugendlichensports wollen wir die Regelungen so weit wie möglich fassen. Wir kommen da wahrscheinlich in eine rechtliche Grauzone – das muss man prüfen –, aber die Zielsetzung, die wir verfolgen, ist, den Sport von Jugendlichen so weit wie möglich zu privilegieren. Unter Umständen muss man da zu differenzierten Regelungen kommen, was Spielzeiten angeht. Das werden wir sehen, wenn wir uns mit den Details befassen.

(Nicole Gohlke [DIE LINKE]: Wann liegt das Gesetz denn vor?)

Wir sind auch der Meinung, dass die Kommunen und die Länder Spielräume brauchen für Regelungen, die den lokalen und regionalen Verhältnissen besser angepasst sind als das, was wir von hier aus im Rahmen einer bundeseinheitlichen Regelung machen. Wenn das nicht so wäre, brauchten wir die Lärmschutzverordnung für die Sportanlagen überhaupt nicht. Aber wir haben sie, und wir brauchen sie auch.

Die Sportanlagenlärmschutzverordnung ist eine Erfolgsgeschichte; denn mit ihrer Einführung 1991 kam es zu einer deutlichen Verringerung der Konflikte. Heute gibt es vielleicht hundert oder ein paar mehr Problemfälle zwischen Vereinen und Nutzern; demgegenüber stehen einige tausend Fälle, in denen es keine Probleme gibt. Aufgrund dieser Verordnung ist eine Befriedung entstanden. Deswegen sage ich: Die Verordnung ist insgesamt ein Erfolg, auch wenn sie jetzt in einigen Punkten ohne Zweifel angepasst werden muss.

(Beifall bei der CDU/CSU)

In diesem Zusammenhang freue ich mich über die Vorschläge, die der DOSB und der DFB gemacht haben. Wir werden ihnen wahrscheinlich nicht in allen Punkten folgen können, aber ihre Anregung war wichtig. So konnten wir einige Punkte zusammenstellen, mit denen wir uns befassen müssen.

Ich will zwei Bereiche herausgreifen, in denen es zurzeit große Probleme gibt. Das eine Problem ist der sogenannte Altanlagenbonus. Was verbirgt sich dahinter? Dahinter verbirgt sich die Notwendigkeit oder Nichtnotwendigkeit eines neuen Genehmigungsverfahrens bei der Modernisierung oder Erweiterung eines bisherigen Sportplatzes. In der Praxis zeigt sich, dass die Verwaltungen die Sache sehr unterschiedlich handhaben, und das ist unbefriedigend. Eine sehr unterschiedliche Handhabung hat nämlich auch zur Folge, dass die Verwaltungen aus dem Bedürfnis heraus, möglichst keine Fehler zu machen, sehr restriktiv mit diesem Thema umgehen. Da gibt es Beispiele, die belegen, dass die Umwandlung eines Ascheplatzes zu einem Kunstrasenplatz zum Anlass genommen wird, ein neues Genehmigungsverfahren durchzuführen.

(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Ja, das kann ja wohl nicht sein!)

Das ist sinnlos.

Die Anwendung der alten Regelung in Bezug auf den Altanlagenbonus macht auf jeden Fall immer dann Sinn, wenn Art und Umfang der Belastung, die von diesem Sportplatz in Form von Lärm oder Ähnlichem ausgehen, im Großen und Ganzen gleich bleiben. Wenn es grundsätzliche oder erhebliche Änderungen gibt, dann muss man über neue Genehmigungsverfahren nachdenken. Aber ohne erhebliche Änderungen ist das nicht notwendig.

Weil die Verwaltung hier solche Probleme hat, sind wir für eine Klarstellung: Was ist beispielsweise unter einer erheblichen Änderung zu verstehen? Was wird durch den Altanlagenbonus begünstigt und was nicht? Das gilt dann auch umgekehrt für den Fall, dass man eine neue Genehmigung benötigt. Dann wissen alle Beteiligten, woran sie sind. Sie können sich darauf einstellen und überlegen, ob sie eine Erweiterung oder Veränderung vornehmen wollen. Das gilt beispielsweise auch, wenn Umbauten zu einer deutlich veränderten oder erhöhten Lärmbelastung führen, zum Beispiel für die Einrichtung von Skateranlagen auf bestehenden Sportplätzen; denn deren Lärmimmission ist von anderer Güte und Qualität. Das geht in Wohngebieten in der Tat wahrscheinlich nicht.

Das zweite Problemfeld ist die sogenannte heranrückende Bebauung. Hierbei muss ich vielfach den Kommunalverwaltungen und den Bauplanungsbehörden den Vorwurf machen, dass sie dabei nicht sorgfältig vorgehen. Wir haben im Bundes-Immissionsschutzgesetz einen Leitgedanken formuliert, der für alle Planungsbehörden verbindlich ist – dieser Leitgedanke steht in § 1, Zweck des Gesetzes –: „dem Entstehen schädlicher Umwelteinwirkungen vorzubeugen“. Zum Entstehen schädlicher Umwelteinwirkungen gehören auch Lärmemissionen, die wir bei Sportplätzen in der Regel haben. Das heißt: Wenn eine Kommunalbehörde eine heranrückende Bebauung plant, die die Lärmemissionen nicht berücksichtigt, dann ist der Bebauungsplan rechtswidrig. Aber die Krux in dieser Situation ist, dass ein solcher rechtswidriger Bebauungsplan nur in der Phase der Offenlegung, also solange er noch nicht rechtsgültig ist, angegriffen werden kann; in der Regel weiß das kein Vereinsmitglied, kein Nutzer eines Sportplatzes. In dem Moment, in dem der Bebauungsplan rechtskräftig wird, hat der Anlieger Anspruch auf die Einhaltung der Grenzwerte. Hier haben wir eine Umkehrung der Situation. Es gibt eine Fülle von Klagen oder juristischen Auseinandersetzungen, die man einem ehrenamtlichen Vereinsmitglied und dem Kassenwart des Vereins nun wirklich nicht zumuten kann; das muss klargestellt werden. Die Verantwortung tragen die Planungsbehörden.

Ich habe bei einem Besuch in Düsseldorf – auch als Kölner darf man das –

(Michaela Engelmeier [SPD]: Na, na! Aber nicht oft!)

mit einer Reihe von Vertretern von Sportvereinen vor Ort gesprochen, die mir solche Fälle geschildert haben. Ich muss ehrlich sagen: Ich war entsetzt darüber, was einfach grob fahrlässig falsch gemacht worden ist.

Es kommt hinzu, dass Konflikte, die danach auftreten, von den Kommunalverwaltungen in der Regel auf Kosten der Vereine gelöst werden, indem sie sagen: Ihr müsst euren Betrieb einschränken, damit an der Stelle XY weniger Lärmbelastung herrscht.

Das alles müssen wir ändern. Wir wollen mit der Änderung ein gedeihliches Miteinander von Wohnen und Sport in unseren Städten und Gemeinden erreichen.

(Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wann kommt denn der Vorschlag?)

Daran muss sich die neue gesetzliche Regelung messen lassen. Ich freue mich auf eine gemeinsame Kraftanstrengung, mit der wir das erreichen. Ich lade jeden ein, mitzuwirken. Wir werden im Ausschuss noch intensiver darüber reden.

Zwei Sekunden Zeitüberschreitung verzeihen Sie mir bitte. – Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Das wird gerne verziehen. Wenn nur alle anderen auch so pünktlich wären wie Sie!

Als Nächster hat jetzt der Kollege Ralph Lenkert, Fraktion Die Linke, das Wort.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/5976119
Wahlperiode 18
Sitzung 130
Tagesordnungspunkt Sport und Alltag verbinden
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