15.10.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 130 / Tagesordnungspunkt 14

Sabine Sütterlin-WaackCDU/CSU - Bereinigung des Rechts der Lebenspartner

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Wir befassen uns heute abschließend mit zwei Gesetzentwürfen und einem Antrag. Die drei Drucksachen haben eine wesentliche Gemeinsamkeit: das Ziel, rechtliche Ungleichheiten zwischen Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft zu beseitigen. Ich sage ganz bewusst „Ziel“, weil ich überzeugt bin, dass wir auch in der CDU noch nicht am Ende der Debatte angekommen sind.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hört! Hört!)

Wir haben, wie es sich in einer Volkspartei gehört, ein breites Meinungsspektrum. Es sind nicht nur redaktionelle Änderungen, die der Gesetzentwurf der Bundesregierung vorsieht. Es findet eine umfassende Anpassung des Zivilrechts, des Sozialrechts und des Verfahrensrechts statt. Allerdings wurde die Frage der gemeinschaftlichen Adoption – das wird hier niemanden überraschen – ausgeklammert.

Ich betone abermals: Dort, wo im Vergleich zum Gesetzentwurf der Grünen keine entsprechenden Regelungen stehen, sind diese nicht ausgelassen worden, um Ungleichbehandlungen bewusst aufrechtzuerhalten, sondern weil sie teilweise auf andere Art und Weise reguliert wurden. Das geschah teils durch Wegfall, teils durch grundlegende Überarbeitung der entsprechenden Gesetze.

Dem Antrag der Linken und der Initiative des Bundesrates folgend wäre ein Bereinigungsgesetz gar nicht nötig.

(Beifall des Abg. Harald Petzold (Havelland) [DIE LINKE])

Mit der Initiative wird nämlich vorgeschlagen, die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare zu öffnen.

(Beifall des Abg. Harald Petzold (Havelland) [DIE LINKE])

Dazu soll eine einfachgesetzliche Regelung im Bürgerlichen Gesetzbuch gefunden werden, sodass die Ehe nicht nur von Personen verschiedenen, sondern auch von Personen gleichen Geschlechts geschlossen werden kann.

(Harald Petzold (Havelland) [DIE LINKE]: Genau so ist es! – Ulli Nissen [SPD]: Sehr gute Idee!)

Die Initiative, meine Kolleginnen und Kollegen – hören Sie einmal zu! –, setzt aber eine wichtige Prämisse voraus, nämlich dass die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare ohne Grundgesetzänderung zulässig wäre.

(Halina Wawzyniak [DIE LINKE]: Ist sie auch! – Harald Petzold (Havelland) [DIE LINKE]: Ist sie auch!)

Wir sind davon überzeugt, lieber Kollege Petzold, dass dies falsch ist.

(Harald Petzold (Havelland) [DIE LINKE]: Sie sind selbst davon überzeugt, dass es so ist!)

Die entscheidende Frage hier lautet: Steht der verfassungsrechtliche Begriff der Ehe in Artikel 6 Absatz 1 Grundgesetz diesem Gesetzentwurf entgegen? Der genannte Grundrechtsartikel stellt Ehe und Familie unter den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung.

(Harald Petzold (Havelland) [DIE LINKE]: Genau! Das ist alles!)

Dabei kann nicht bestritten werden, dass die Väter und Mütter der Verfassung unter Ehe die Verbindung zwischen Mann und Frau verstanden haben.

(Harald Petzold (Havelland) [DIE LINKE]: Die kannten nichts anderes!)

– Genau! – Eine andere Form des Zusammenlebens war zu jener Zeit nicht vorstellbar. Dieses Eheverständnis aber wurde vom Bundesverfassungsgericht in mehreren Entscheidungen bestätigt.

(Volker Beck (Köln) [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenn damals die Apartheid gegolten hätte, wäre es auch nicht möglich gewesen, dass Schwarze und Weiße heiraten, oder was soll der Stuss?)

In seinem Urteil von 2002 definierte es die Ehe im Sinne des Grundgesetzes als – ich zitiere – „die Vereinigung eines Mannes mit einer Frau zu einer auf Dauer angelegten Lebensgemeinschaft“.

(Harald Petzold (Havelland) [DIE LINKE]: Das ist 13 Jahre alt!)

In der Folgezeit hat das Bundesverfassungsgericht schrittweise in einer Mehrzahl von Urteilen die Lebenspartnerschaft an die Ehe angeglichen. Von seinem Eheverständnis aber ist es nicht abgerückt.

(Beifall bei der CDU/CSU – Halina Wawzyniak [DIE LINKE]: Noch nicht!)

Sogar in seiner jüngsten Entscheidung zum Ehegatten­splitting im Jahre 2013 wurde die Gleichgeschlechtlichkeit der Lebenspartner als Unterschied zur Ehe erwähnt.

Meine Damen und Herren, ich habe bereits erwähnt, dass das Grundgesetz die Ehe unter den besonderen Schutz des Staates stellt. Diese Institutsgarantie gewährleistet neben dem Bestand der Ehe auch – und das ist entscheidend – ihre wesentlichen unantastbaren Strukturen, wozu die verschiedengeschlechtliche Verbindung zählt. Vor diesem Hintergrund sind wir als Gesetzgeber bei der rechtlichen Ausgestaltung der Ehe an die verfassungsrechtlich gesicherten Strukturprinzipien der Ehe gebunden. Über diese Grenze können wir uns nicht einfach hinwegsetzen, indem wir die Ehe im BGB neu definieren.

Auch wenn wir das Leitbild der Ehe als eine Verbindung zwischen Mann und Frau achten, verkennen wir nicht die gesellschaftliche Wirklichkeit. Während früher homosexuellen Paaren die gesellschaftliche Anerkennung versagt war, erfahren sie heute die gebotene Akzeptanz.

(Volker Beck (Köln) [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: „Anerkennung versagt war“? Die kamen in den Knast!)

Gleichgeschlechtliche Partnerschaften gehören inzwischen zur gesellschaftlichen Realität und Normalität. Gleichgeschlechtliche Partner übernehmen genauso wie in einer Ehe dauerhaft die Verantwortung für den Partner. Sie sind einander zu Fürsorge und Unterstützung verpflichtet.

Aber, meine verehrten Kolleginnen und Kollegen, die gesellschaftliche Akzeptanz rechtfertigt nicht ohne Weiteres die Änderung des Ehebegriffs.

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hätten Sie doch vor dem Aber aufgehört!)

Mit der Initiative des Bundesrates macht man es sich zu einfach. Es geht hier um grundlegende Werte unserer Verfassung, die durch das einfache Recht nicht geändert werden können. Wir sind der Meinung: Nur eine Verfassungsänderung mit einer Zweidrittelmehrheit beider Kammern kann das Eheverständnis neu definieren.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Vielen Dank. – Volker Beck ist der nächste Redner für Bündnis 90/Die Grünen.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/5976210
Wahlperiode 18
Sitzung 130
Tagesordnungspunkt Bereinigung des Rechts der Lebenspartner
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