Julia VerlindenDIE GRÜNEN - Änderung des Energieverbrauchskennzeichnungsgesetzes
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sprechen heute, fast ein Jahr nachdem der Nationale Aktionsplan Energieeffizienz verabschiedet wurde, über eine sogenannte Sofortmaßnahme, die hier zur Umsetzung steht. Das, finde ich, ist sehr amüsant.
In dieser Sofortmaßnahme, nämlich in dem vorgelegten Gesetzentwurf, steht, dass die Bundesregierung mit diesem Aufkleber für Heizungen das Ziel verfolge, dass sich die „Inanspruchnahme einer weiter gehenden Energieberatung“ erhöhe und dass sich die Motivation der Verbraucher erhöhe, um alte, ineffiziente Heizgeräte auszutauschen. – Ja, Anreize zum Austausch von alten Heizungen fordern wir Grüne ja schon lange, um den Energieverbrauch zu verringern und um natürlich auch das Klima zu schützen.
Schauen wir uns einmal genauer an, was die Bundesregierung hier vorlegt. Die Schornsteinfeger sollen je nach Energieeffizienzkategorie ein Label auf die Heizung im Keller kleben. Und sie sollen die Verbraucherinnen und Verbraucher auf weiterführende Beratungsangebote aufmerksam machen. – Das war’s. Das ist doch nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Diese Maßnahme entspricht nicht den notwendigen Klimaschutz- und Energieeinsparbemühungen in Gebäuden und wird den vorhandenen Energieeffizienzpotenzialen auch nicht annähernd gerecht.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Im Vergleich zum Jahr 2008 will die Bundesregierung bis 2020 insgesamt 20 Prozent Energie einsparen. Geschafft sind bisher genau 6,4 Prozent. Es bleiben also gerade einmal noch fünf Jahre Zeit. Die Bundesregierung muss hier ganz schön flott noch sehr viel in Bewegung setzen, um diese Menge Energie einzusparen. Der Grund dafür ist nicht nur, dass sie es sich selbst vorgenommen hat. Vielmehr steckt die Bundesregierung mitten in einem EU-Vertragsverletzungsverfahren, weil sie die EU-Energieeffizienz-Richtlinie bisher nicht zufriedenstellend umgesetzt hat.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)
– Ich weiß nicht, was Sie daran so lustig finden. Das wird für die Bundesregierung ziemlich teuer.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Joachim Pfeiffer [CDU/CSU]: Wir schaffen es!)
Im Zweifel können das ziemlich hohe Strafzahlungen werden. Aber gut, Sie erklären dann den Steuerzahlern, dass Sie eben nicht nur die Energiewende riskieren, sondern eben auch die Strafzahlungen vor dem EuGH.
Es ist echt tragisch, wie schwer Sie sich mit einer vernünftigen Energieeffizienzpolitik tun. Wenn dieser bunte Heizungsaufkleber seine prognostizierte Wirkung erzielt – das muss sich erst noch zeigen –, dann trägt dieses Instrument mit sage und schreibe – aufgepasst! – 0,3 Prozent zum Einsparziel bei. Das ist zwar besser als nichts, aber zu einer wirksamen Energieeffizienzpolitik, die den Klimaschutz wirklich ernst nimmt, gehören weitere politische Maßnahmen. Denn durch die Etikettierung der Heizkessel werden insbesondere Vermieter überhaupt keinen Anreiz haben, alte Kessel auszutauschen. Dass die alten Heizungen viel zu viel Energie verbrauchen, ist den Vermietern egal. Denn die Heizkosten zahlen die Mieterinnen und Mieter, und diese erfahren nicht einmal – wir haben es gerade gehört –, ob ihr Vermieter eine völlig ineffiziente und veraltete Heizungsanlage im Keller stehen hat.
Der Bundesrat hatte vorgeschlagen, das Instrument zu verbessern, indem man hier mehr Transparenz für die Mieter herstellt. Aber dem wollte die Bundesregierung nicht folgen. Das finde ich äußerst bedauerlich.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum auch?)
Auch eine bessere Verschränkung des neuen Instruments mit der existierenden Energieeinsparverordnung haben Sie leider nicht umgesetzt. Denn die Energieeinsparverordnung – Herr Durz hat sehr viel von Freiwilligkeit gesprochen; ich weiß nicht, ob er die Energieeinsparverordnung kennt – sieht bereits seit längerem eine Austauschpflicht für Heizkessel vor, die älter als 30 Jahre sind.
Ich glaube nicht, dass es Ihnen mit der Modernisierung des Heizungsbestands so ernst ist wie uns Grünen. Denn wir Grünen wollen einen wirksamen Instrumentenmix für die Gebäudesanierung. Dazu gehört aus unserer Sicht vor allem eine massive Förderung von Quartierssanierungen dort, wo viele einkommensschwache Haushalte zur Miete wohnen. Denn wir wollen nicht, dass diese Menschen den stetig steigenden Heizkosten quasi ausgeliefert sind. Und für Hauseigentümer und -eigentümerinnen eignet sich eine ausführliche, qualitativ hochwertige Beratung wie ein individueller Gebäudesanierungsfahrplan deutlich besser zur Planung der Erneuerung der Heizungsanlage als ein Aufkleber.
Kommen Sie endlich in die Puschen!
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Eva Bulling-Schröter [DIE LINKE])
Es wäre doch beschämend, wenn wir beim Thema Gebäudesanierung weiter nur in kleinen Tippelschritten vorankommen.
Vielen Dank.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/5976400 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 130 |
Tagesordnungspunkt | Änderung des Energieverbrauchskennzeichnungsgesetzes |