Patrick SensburgCDU/CSU - Einführung einer Speicherfrist und Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren der Opposition, ich kann es Ihnen nicht ersparen: Sie täuschen, Sie tarnen, Sie blenden in Ihrer Argumentation zu diesem Gesetzentwurf. Sie schüren Ängste in unserer Bevölkerung,
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zusammen mit dem Bundesverfassungsgericht! Zusammen mit dem Europäischen Gerichtshof!)
indem Sie hier Inhalte und einzelne Punkte erwähnen, aber immer wieder falsche Dinge berichten.
(Beifall der Abg. Sabine Weiss (Wesel I) [CDU/CSU] – Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dieselben Sätze wie vor fünf Jahren!)
– Herr Kollege von Notz,
(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Sensburg!)
Sie können gar nicht so laut schreien, um die Dinge richtigzustellen.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nicht so aggressiv, Herr Sensburg! Das bekommt Ihnen nicht!)
Frau Künast, Sie haben eben gesagt: Man hört die Gespräche mit.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, ich habe gesagt: Das war ein Versprecher, weil ich im Eifer des Gefechts war!)
Sie haben sich dann korrigiert. Ich habe es aber wörtlich mitgeschrieben. Ihre Formulierung war: Man hört ins Gespräch rein.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, das war aber im Eifer des Gefechts!)
Aber Sie wissen genau, dass man das nicht tut. Sie sagen immer wieder, dass Inhaltsdaten erhoben werden. Der Minister hat es gerade richtiggestellt: Es werden keine Inhaltsdaten erhoben. Es werden keine E-Mails und keine Webseiten gespeichert. Alles, was Sie behaupten, stimmt nicht.
(Halina Wawzyniak [DIE LINKE]: Aber alles, was ich gesagt habe, stimmt! – Gegenruf der Abg. Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Halina!)
Der Kollege Ullrich hat es gerade ebenfalls richtiggestellt: Der Staat speichert nicht die Daten. Trotzdem behaupten Sie immer wieder das Gegenteil. Sie führen diese Debatte unseriös.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Rede ist daneben! Ich habe das zurückgenommen!)
Sie spielen mit den Ängsten der Bürgerinnen und Bürger. Aber auch in einer politischen Debatte muss man ein bisschen der Wahrheitspflicht nachkommen. Das gehört dazu.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Es ist richtig: Wir müssen einen Ausgleich finden – das ist schwierig, und die Koalition hat es sich nicht leicht gemacht – zwischen dem notwendigen Schutzinteresse, das die Bürgerinnen und Bürger auch dann haben, wenn sie sich im Internet, in der digitalen Welt, bewegen – es besteht ein grundgesetzlicher Anspruch, dass der Staat den Schutz der Bürger gewährleistet –, und dem Schutz der informationellen Selbstbestimmung, also der digitalen Privatsphäre, wie der Bundesminister gerade dargelegt hat. Dieser Ausgleich, diese Balance muss stattfinden. Das ist nicht leicht. Aber ich finde es ärgerlich, dass diejenigen, die sich zu einer Seite hingezogen fühlen, lediglich mit ihren Interessen argumentieren. Die einen sagen: „Die Ermittlungsansätze stehen über allem.“ – Die anderen sagen: „Im Internet darf gar nichts angetastet werden“, und nehmen lieber in Kauf, dass Straftaten ungesühnt bleiben und dass Menschen geschädigt werden. Wenn wir uns trotz dieser unterschiedlichen Positionen nicht einigen, haben wir politisch versagt. Da haben wir als Koalition gesagt: „Wir wollen den Gestaltungsanspruch wahrnehmen“, und haben das Spannungsfeld mithilfe eines guten und ausgleichenden Gesetzes aufgelöst.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Dass ein Spannungsfeld besteht, haben die Gerichte, die eben zitiert wurden – das Bundesverfassungsgericht und der Europäische Gerichtshof –, in ihren Urteilen und Begründungen sehr dezidiert aufgezeigt. Sie haben gesagt, was durch den Gesetzgeber als erforderlich angesehen werden kann. Sie haben aber nicht gesagt, dass die Vorratsdatenspeicherung per se unzulässig ist.
(Thomas Strobl (Heilbronn) [CDU/CSU]: Das Gegenteil!)
Die Gerichte, insbesondere das Bundesverfassungsgericht, haben uns als Gesetzgeber in einer Art Maßnahmenkatalog aufgezeigt, welche Voraussetzungen gegeben sein müssen, damit Vorratsdatenspeicherung rechtlich – sowohl verfassungsrechtlich als auch europarechtlich – zulässig ist. Der Minister und das Ministerium haben auf sehr kluge Art und Weise – genauso wie wir in zweiter und dritter Lesung hier im Parlament – die Voraussetzungen geschaffen und das Spannungsfeld zu einem Ausgleich gebracht. Ich glaube, dass wir heute einem klugen und guten Gesetz zustimmen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Christian Flisek [SPD])
Bei vielen Fällen, auf die hingewiesen wurde – ich kann Ihnen, Frau Kollegin Wawzyniak, sicherlich gleich noch welche nennen, wenn es die Zeit zulässt; vielleicht geben Sie mir die Möglichkeit, auf eine Frage zu antworten –, handelt es sich oft um erste Ermittlungsansätze, die dazu dienen, Hintermänner bzw. weitere Beteiligte in einem Geschehen zu finden. Immer mehr Straftaten werden ausschließlich im Internet begangen. Bei solchen Straftaten ermöglicht einzig die Vorratsdatenspeicherung Ermittlungsansätze. Es kann doch nicht vom Provider abhängen – der Kollege Ullrich hat das ebenfalls gerade gesagt –, ob wir Straftaten ermitteln können. Frau Kollegin Wawzyniak, Sie haben in Ihrer Rede durchaus etwas Richtiges gesagt. Sie haben gesagt: Schon jetzt können Telekommunikationsanbieter Daten speichern.
(Halina Wawzyniak [DIE LINKE]: Richtig!)
Das tun sie auch. Aber sie machen das in einer großen Bandbreite. Manche speichern die Daten für statistische Zwecke sehr lange. Andere Anbieter speichern die Daten nur sehr kurz, weil sie sie nicht mehr brauchen. Um dies zu vereinheitlichen und um für Klarheit zu sorgen, schaffen wir ein Gesetz, das man eigentlich Gesetz zur Bekämpfung der Kriminalität im Internet nennen müsste; denn darum geht es bei diesem Gesetz.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Frau Künast, auch Ihren Vorschlag muss ich unter das Motto „Tarnen, täuschen, blenden“ stellen, Stichwort „Quick Freeze“. Ihnen muss doch klar sein – wir hatten die Debatte in der letzten Legislaturperiode –, dass man nur etwas „freezen“ kann, wenn man es vorher gespeichert hat.
(Dr. Eva Högl [SPD]: Genau!)
Wenn Sie also sagen, Sie wollten es erst speichern, dann sind Sie bei uns. Stimmen Sie dann einfach mit uns.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es geht um ein, zwei, drei Tage nach einer Tat! Das wissen Sie auch! Eigentlich sind Sie intelligenter als Ihr Beitrag jetzt!)
Dann können wir auch „quick freezen“. Sie müssen sich einmal die Praxis in den Vereinigten Staaten anschauen. Dort findet Quick Freeze statt, weil im Rahmen der Ermittlungsverfahren möglicherweise Daten gelöscht werden und sie dann in einem Prozess nicht mehr eingebracht werden können. Das ist der Grund, warum in Amerika Quick Freeze stattfindet. Daten müssen aber erst vorliegen. Wenn Sie das wollen, dann können Sie heute guten Gewissens diesem Gesetz zustimmen.
Eine zweite Tatsache, die zur Klarheit gesagt werden muss: Wir haben in diesem Gesetzentwurf eine Regelung, die ganz deutlich besagt, dass die entsprechenden Daten beim Teledienstanbieter, also bei dem Vertragspartner des jeweiligen Kunden, gespeichert werden, nicht beim Staat. Edward Snowden, den Sie immer zitieren, sagt zur amerikanischen Praxis, die jetzt geändert worden ist – nicht mehr der Staat speichert, sondern die Teledienstanbieter –: Das ist ein Fortschritt. So soll es sein. Das Gute ist, dass nicht der Staat speichert, sondern der Vertragspartner der Teledienstanbieter. – Dann stimmen Sie doch zu, wenn Sie die Forderungen selbst erheben. Es ist ein guter Gesetzentwurf.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Unfassbar!)
Die Fälle, die Sie hier negieren, debattieren wir jetzt seit mehreren Jahren. Vertreter der Polizei, des Bundeskriminalamts und der Staatsanwaltschaften haben uns immer wieder Fälle genannt – das betraf den Bereich der Kinderpornografie, Gewaltvideos auf YouTube oder anderen Plattformen, die Anbahnung von sexuellen Handlungen mit Minderjährigen über ICQ –, in denen wir im Grunde nur über IP-Adressen und andere Informationen digitaler Art erfahren konnten, wer dahinter steht. Sie können natürlich sagen: Das wollen wir nicht ermitteln. – Dann führen Sie aber eben nicht den Ausgleich der unterschiedlichen Grundrechte, die im Raume stehen, herbei. Dann schlagen Sie sich auf eine Seite, und das sollte der Rechtsstaat nicht tun.
Ich glaube, dass wir im Ergebnis ein ausgewogenes Gesetz geschaffen haben, das den Ansprüchen des Bundesverfassungsgerichts und auch den Forderungen des Europäischen Gerichtshofs Rechnung trägt. Ich bitte Sie, diesem Gesetz zuzustimmen und es ehrlich und offen zu debattieren.
Danke schön.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Ich erteile nun das Wort dem Abgeordneten Thorsten Hoffmann, CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/5978460 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 131 |
Tagesordnungspunkt | Einführung einer Speicherfrist und Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten |