16.10.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 131 / Zusatzpunkt 5

Thorsten HoffmannCDU/CSU - Einführung einer Speicherfrist und Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten

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Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es bleibt dabei: Unser Staat sammelt keine Verkehrsdaten. Wir beschließen heute vielmehr eine klare Regelung für Provider, wie mit anfallenden Daten umzugehen ist. Darüber freue ich mich sehr.

Der Schutz persönlicher Daten ist uns ein hohes Gut. Dazu gehören längst auch die Verbindungsdaten der Telefon- und Handynutzung. Diese Daten ermöglichen auch die Erstellung von Bewegungs- und Persönlichkeitsprofilen. Gelangen sie in falsche Hände, wissen zum Beispiel Einbrecher, wann wir zu Hause sind. Ich glaube nicht, dass wir das möchten. Deshalb ist es dringend nötig, dass wir heute ein Gesetz verabschieden, das den Umgang mit diesen Verkehrsdaten regelt.

Es darf nicht sein, dass die Dauer der Speicherung allein im Ermessen von Unternehmen liegt. Die Speicherung erfolgt völlig willkürlich, so zum Beispiel für 8 Tage oder aber für 24 Monate. Deshalb müssen wir diese sensiblen Verkehrsdaten künftig besser schützen. Sie sollen nur noch 10 Wochen gespeichert werden, Standortdaten sogar nur 4 Wochen. Besonders wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass die Gesprächs- und Kommunikationsinhalte nicht gespeichert werden. Dieser innerste Kern der Kommunikation unterliegt einem besonderen Schutz. Übrigens: Bei Facebook, Google und WhatsApp ist das anders. Dort geben wir freiwillig die Kontrolle über unsere Daten und Kommunikationsinhalte ab. Auch hier im Plenum und auf den Zuschauerrängen nutzt fast jeder diese Dienste. Da bin ich mir sehr sicher.

Mit der Verabschiedung des nun vorliegenden Gesetzentwurfs übernehmen wir Verantwortung für die Sicherheit unserer Daten und sorgen zugleich für die innere Sicherheit unseres Landes; denn Freiheit und Sicherheit – das ist schon des Öfteren angeklungen – sind keine Gegensätze. Es gibt sie nur gemeinsam. Wir stehen in der Verantwortung, das richtige Verhältnis zu finden. Ich denke einmal, das haben wir hier geschafft.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Indem wir der Polizei unter einem strengen Richtervorbehalt und nur bei schwersten Straftaten die Nutzung von Verbindungsdaten ermöglichen, sorgen wir für eine deutliche Verbesserung im Kampf unter anderem gegen die organisierte Kriminalität, gegen Terrorismus, gegen extremistische Straftaten von links und rechts. Dies steht in der besten Tradition unseres Rechtsstaates. Es muss uns möglich sein, unsere Gesetze zur Anwendung zu bringen. Unser Staat muss auch im digitalen Zeitalter effektiv und handlungsfähig sein. Die Nutzung der Speicherdaten ist dabei natürlich oft nur ein Strang in einem Strauß von polizeilichen Maßnahmen. Sie sind nur eine Möglichkeit, um Verbrechen zu bekämpfen und Kriminelle dingfest zu machen. Das möchte ich noch einmal betonen: In einigen Fällen sind diese Daten der einzige Weg und der einzige Ermittlungsansatz zur Aufklärung schwerer Straftaten.

Die derzeitige unterschiedlich lange Speicherdauer bei den einzelnen Unternehmen ist in den meisten Fällen ein Hindernis bei der Strafverfolgung. Statistische Erhebungen des Bundeskriminalamtes machen dies deutlich. Bislang laufen mehr als 80 Prozent der Auskunftsersuche ins Leere. Die Daten sind gelöscht, weil es keine Speicherpflicht gibt. So wird die Aufklärung schwerer Straftaten verhindert. Täter kommen davon, und Opfer erhalten keine Gerechtigkeit. Die Aufklärung von Verbrechen darf aber nicht von willkürlichen Unternehmensentscheidungen abhängen.

Eines werde ich zudem klar sagen – das muss deutlich werden –: Die Auswertung von Verbindungsdaten durch die Polizei kann Straftaten zwar zunächst möglicherweise nicht verhindern; aber sie kann helfen, Netzwerke und Strukturen zu erkennen. Indem wir in der Lage sind, diese Zusammenhänge zu verstehen, dient diese Neuregelung eben nicht nur der Strafverfolgung, sondern auch der Gefahrenabwehr, und sie wirkt somit präventiv.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Glauben Sie mir: Als ehemaliger Kriminalbeamter und Fahnder, der im hochkriminellen Milieu über 2 000 Festnahmen in ganz Deutschland getätigt hat, weiß ich ganz genau, wovon ich rede. Wenn ich mit meinen Kollegen vor Ort in Dortmund spreche, gibt es zu diesem Thema keine zwei Meinungen. Ich fordere Sie auf: Hören Sie auf diese Experten! Vertrauen wir dem Urteil unserer Polizistinnen und Polizisten, Staatsanwaltschaften und Gerichte!

(Beifall bei der CDU/CSU)

Sie können ihre Aufgaben nämlich nur effektiv wahrnehmen, wenn sie entsprechend ausgestattet sind, nicht nur mit Personal und Material, sondern eben auch mit Ermittlungsinstrumenten. Wenn es durch die Nutzung von Verkehrsdaten die Möglichkeit gibt, schwere Verbrechen aufzuklären, müssen wir unserer Polizei den Weg zur Nutzung dieser Daten ebnen. Unsere Polizistinnen und Polizisten stehen jeden Tag im Einsatz für unsere Sicherheit ein. Sie haben unser Vertrauen verdient, und dafür möchte ich ihnen an dieser Stelle ganz herzlich danken.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Noch einmal: Die Nutzung der gespeicherten Verkehrsdaten wird nur dann möglich sein, wenn es sich um schwerste Kriminalität handelt, der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz beachtet ist, ein Richter darüber entschieden hat und es keinen anderen Ermittlungsansatz gibt. Erst dann dürfen die Daten von der Polizei genutzt werden. Zuvor aber müssen die betroffenen Personen über den Abruf der Daten informiert werden. Passiert das nicht, muss auch hier ein Richter die Genehmigung erteilen.

Die Erhebung von Verkehrsdaten bestimmter Berufsgruppen, die ein Zeugnisverweigerungsrecht haben, ist zudem unzulässig. Die Verkehrsdaten von E-Mails sind ebenfalls ausgenommen. Im Übrigen wird auch der Handel mit gestohlenen Daten unter Strafe gestellt; der neue Straftatbestand der Datenhehlerei schließt nun endlich eine Strafbarkeitslücke. Eine klare gesetzliche Regelung zur Speicherung der Daten bei den Anbietern schafft eine verlässliche Grundlage zur Verbesserung des Datenschutzes, der Strafverfolgung und auch der Gefahrenabwehr. Ich freue mich, dass das nun auch der Justizminister so sieht. Vielen Dank, Herr Maas!

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

In 36 Monaten haben wir die Chance der Evaluierung, und das ist gut so. Ich bin mir sicher, dass dann eines deutlich wird: Mit der heutigen Entscheidung für eine Speicherpflicht und eine Höchstspeicherfrist haben wir uns für die Sicherheit und für die Freiheit entschieden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bitte Sie herzlich um Ihre Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/5978461
Wahlperiode 18
Sitzung 131
Tagesordnungspunkt Einführung einer Speicherfrist und Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten
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